Netzwerk der Frühen Hilfen des Kreises Viersen

12. Oktober 2023: Von Nina Becker, Netzwerkkoordinatorin Frühe Hilfen, Kreis Viersen

Jugendämter sind für eine Vielzahl von Aufgaben verantwortlich. Um im Bereich der frühkindlichen Bildung im Kreis Viersen optimal aufgestellt zu sein, kooperieren unterschiedliche Akteurinnen und Akteure auf interkommunaler Ebene.

Mehrfach im Jahr findet daher ein Austausch über die verschiedenen Aufgabengebiete, die das Kreisjugendamt Viersen, externe Trägerschaften, Einrichtungen und Institutionen betreffen, statt. Der Fokus ist dabei stets der Gleiche – Familien zu unterstützen und Kindern die bestmögliche Grundlage für gelingendes Aufwachsen zu bieten.

Netzwerk der Frühen Hilfen
Die Frühen Hilfen bieten kostenfreie, passgenaue, sozialraumorientierte und wohnortnahe Angebote für (werdende) Eltern mit Kindern von null bis drei Jahren an. Im Kreisjugendamt Viersen gibt es eine Netzwerkkoordination, die den Gesamtüberblick auf die Bedarfe von Familien mit Kindern im genannten Altersspektrum hat. Die Frühen Hilfen verstehen sich als ein großes Netzwerk. Akteurinnen und Akteure aus Jugendhilfe und Gesundheitswesen setzen sich gemeinsam für ein gelingendes Aufwachsen von Kindern ein und möchten mit dem vorgehaltenen Angebotsspektrum die Bedarfe der jeweiligen Sozialräume bestmöglich abdecken.

Kreis Viersen im Kurzüberblick
Das Kreisjugendamt Viersen ist für die Kommunen Brüggen, Grefrath, Niederkrüchten, Schwalmtal und Tönisvorst mit rund 98.300 Einwohnerinnen und Einwohnern, davon etwa 6.000 Kinder im Alter von null bis sechs Jahren, zuständig (Stand 31.07.2023[1]). Die Städte Nettetal, Viersen, Willich und Kempen im Kreisgebiet Viersen verfügen über eigene Jugendämter.

Historie
Ursprünglich begann die Fachberatung der Kindertagesbetreuung mit sogenannten Kita-Leitungsrunden, die auch heute noch zweimal im Jahr mit allen Einrichtungsleitungen der jeweiligen Kommunen stattfinden. Seit 2016 wird die kommunenzugehörige Fachberatung der Kindertagespflege sowie die Stützpunktleitungen der Kindertagespflege und weitere Vertreterinnen und Vertreter von Trägern mit eigener Fachberatung eingebunden, sodass der Kreis der Akteurinnen und Akteure sukzessive gewachsen ist.

Faktoren für eine gute interkommunale Zusammenarbeit
Der Dalai Lama hat einst bereits gesagt: „Wenn wir nicht zusammenarbeiten, werden wir für unsere Probleme keine Lösung finden.“
Netzwerkarbeit ist wichtig, aber sie kostet auch personelle, zeitliche und finanzielle Ressourcen. Um bedeutsame und drängende Themen sowie Herausforderungen der Akteurinnen und Akteure in den unterschiedlichen Sozialräumen zu bündeln, werden mithilfe verschiedener Arbeits- und Gesprächskreise sowie Netzwerktreffen Synergiepotenziale identifiziert und genutzt. Fachkräfte können sich fortlaufend miteinander vernetzen und auf gemeinsame Ziele und Interessen verständigen. So kann die Expertise eines jeden Einzelnen seinem Gegenüber zuteilwerden, ohne Konkurrenz und mit Mehrwert für alle Beteiligten. Die interkommunale Zusammenarbeit bietet darüber hinaus die Chance, Doppelstrukturen zu vermeiden, aber auch Themen hervorzuheben, deren Relevanz zu erhöhen und diese vorrangig zu behandeln.
Hierzu sind die internen Bereiche des Kreisjugendamtes Viersen, bestehend aus Fachberatung, Kindertagesbetreuung, Kindertagespflege und die Koordination dessen sowie die Frühen Hilfen regelmäßig im gemeinsamen Austausch. Aktuell werden 57 Kindertageseinrichtungen, 78 private Kindertagespflegepersonen und 13 Großtagespflegestellen koordiniert und beraten. Das Netzwerk der Frühen Hilfen besteht aus 55 Kooperationspartnern von 26 Trägern und Institutionen (u. a. Lotsendienste umliegender Geburtskliniken, Schwangerschafts- und Erziehungsberatungsstellen, Jugendhilfeträger sowie Vereine). Die Austauschformate in Form von Netzwerktreffen, Kita-Leitungsrunden sowie Arbeitskreisen dienen der Informationsweitergabe und verschaffen einen Überblick über passende Angebote für Familien mit Kindern von null bis sechs Jahren.
Eine Zusammenarbeit kann nur gelingen, wenn es Personen gibt, die sich verantwortlich fühlen und der Sache verpflichten. So gibt es für jedes Treffen eine konkrete Ansprechperson, die neben der Organisation auch Themen und Inhalte im Vorfeld sammelt. Diese werden im Nachhinein in Form von Protokollen festgehalten. So können alle Teilnehmenden die Inhalte nachlesen. In den Gesprächsrunden begegnen sich alle Teilnehmenden auf Augenhöhe. Wir bringen Akteurinnen und Akteure zusammen, die sich sonst nicht begegnet wären. Durch den Austausch verschiedener Sichtweisen und Perspektiven lernen alle voneinander.


Zwei Best-Practice-Beispiele aus den Kita-Leitungsrunden

1. „Schenk mir Zeit“
Der gemeinsame Austausch der hiesigen Familienzentren hat dazu geführt, dass ein altbewährtes Format einen neuen Anstrich erhalten hat. Die ursprünglichen Angebote für Großeltern oder Väter gab es im Kreis Viersen schon lange und sie wurden sehr gut angenommen. Dennoch konnte dieses Angebot durch den Einsatz aller Akteurinnen und Akteure noch weiter ausgebaut und auf die aktuellen Bedarfe zugeschnitten werden. Aus dem „Großeltern- bzw. Väterangebot“ ist das Angebot „Schenk mir Zeit“ gewachsen. Hierbei werden alle Personen und vor allem Familienkonstellationen inkludiert, die in unserer Gesellschaft leben. Bei dem Angebot werden unterschiedliche Aktivitäten für die Kinder und ihre Zeit-Schenkenden angeboten, wie beispielsweise Bastelnachmittage, gemeinsames Backen oder Kochen, Vorlesestunden, Werkeln und Waldspaziergänge. Es wird ausreichend Abwechslung geboten, dabei wird sich an den Interessen und Wünschen der Kinder orientiert.

2. Offene Sprechzeiten der FGKiKP
Im Rahmen der Kita-Leitungsrunden kommen auch Kindertagespflegepersonen der jeweiligen Kommunen zusammen. Durch das Angebot der Offenen Sprechzeiten von einer Familien-Gesundheits- und Kinderkrankenpflegeperson (FGKiKP), die in den jeweiligen Sozialräumen der Kommunen tätig ist, konnten die Frühen Hilfen sukzessive ausgebaut werden. Mithilfe des Erfahrungsaustausches konnte der Mehrwert dieses Angebots für einzelne Sozialräume erkannt und erweitert werden. Neben den Sprechzeiten in hiesigen Kinderarztpraxen bieten auch mehrere Familienzentren Offene Sprechzeiten am Vor- und Nachmittag an. Es besteht für alle Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, die Sprechzeit kostenfrei und auf Wunsch auch anonym aufzusuchen. Es werden Fragen rund um die Entwicklung von Kindern von null bis drei Jahren aufgegriffen. Dabei können sich die sogenannten FGKiKP auf das Netzwerk der Frühen Hilfen beziehen und bedarfsgerecht weitervermitteln. Die Kinderarztpraxen können so entlastet und die Bedarfe wohnortsnah aufgegriffen werden. Zudem besteht so die Möglichkeit für Familien, sich im Sozialraum zurechtzufinden und Kontakte zu erweitern. Manche Familien kommen so erstmalig mit einer Kindertagesbetreuung und weiteren Angeboten in Berührung. Um ein ausreichendes Angebot vorhalten zu können, werden zunehmend Fachkräfte weitergebildet und Familienzentren bewusst anhand der Sozialräume ausgewählt. Für Ratsuchende besteht die Möglichkeit, sich auch in eine Nachbarkommune zu begeben, sodass eine größtmögliche Anonymität gewahrt werden kann. Eltern, deren Kinder in einer Einrichtung betreut werden, haben die Möglichkeit, eine Sprechzeit in einer anderen Einrichtung in Anspruch zu nehmen. Die Übersicht der Offenen Sprechzeiten hängen in den Kindertageseinrichtungen, Kinderarztpraxen und Geburtskliniken aus, darüber hinaus werden alle Eltern von Kindern in der Kindertagespflege fortlaufend informiert. Die Akteurinnen und Akteure des Netzwerks Frühe Hilfen erhalten aktuelle Termine und bewerben diese bedarfsorientiert.


Nina Becker
Quelle: Kreis Viersen


[1] Quelle: Sozialraumanalyse für den Bereich des Jugendamtes des Kreises Viersen