Kleine Auszeit für Familien mit Kindern im Alter von 0-3 Jahren

16. November 2023: Von Miriam Schäfer, Angebotskoordinatorin, Kreis Lippe

20 Familien haben das Angebot der Kleinen Auszeit genutzt und ein paar Tage in der einem schönen familienfreundlichen Haus genossen: einmal ging es ins Naturfreundehaus Ubedissen und einmal in die Bauernhof-Pension Waldmühle. Die Kleine Auszeit hat Familien mit kleinen Kindern im Jahr 2022 zweimal für drei Tage die Möglichkeit geboten, den Alltag hinter sich zu lassen und an einem schönen Ort in Lippe Kontakt und Austausch zu anderen Familien aufzunehmen. Organisiert und begleitet wird die Fahrt von Mitarbeitenden aus dem Team Familienfreundlicher Kreis/Frühe Hilfen des Kreises Lippe. Dies ermöglicht oftmals eine erste unbefangene und zwanglose Kontaktaufnahme zum Jugendamt. 

Die Waldmühle, einer Bauernhof-Pension im lippischen Bergland, bietet neben geräumigen Familienzimmern und liebevollen Gemeinschaftsräumen auch ein eigenes freiwilliges Mitmachprogramm für die Familien an. Der Tag beginnt bereits um 7:30 Uhr mit einer Fütterungsrunde, bei denen von Forellen über Geflügel, bis hin zu Schweinen und Pferden alle besucht und gefüttert werden. Die Nähe zur Landwirtschaft bietet für alle Familienmitglieder viele Möglichkeiten: Das Entdecken von Tieren und landwirtschaftlichen Geräten, genauso wie die Verwendung und Nutzung vieler hofeigener Erzeugnisse bei den gemeinsamen Mahlzeiten. Das Hofleben wird so hautnah erlebt und spricht alle Teilnehmenden unabhängig von ihrem Alter an. Die naturnahe Unterbringung am Waldrand mit hauseigenen Schwimmbad lädt Familien zum aktiven und eigenständigen Verweilen drinnen und draußen ein.

Das herbstliche Wetter ermöglichte ein Lagerfeuer bei der Ankunft.
Das Abenteuer Kleine Auszeit konnte beginnen!
Quelle: Sandra Stövesand
Das Ponyreiten für die Kinder war ein tolles Erlebnis:
für die Kinder oben auf und für die Eltern, die ihre Kinder führten.

In den ersten Kleinen Auszeiten 2022 ging es vorrangig darum, Familien nach den isolierten Pandemiezeiten wieder in Kontakt miteinander zu bringen, den Austausch mit anderen jungen Familien zu ermöglichen, gemeinsame Zeit zu verbringen und durch das Gruppenerlebnis eine Stärkung im Kontakt zu den eigenen Kindern und dem Partner oder der Partnerin zu erfahren. All dies eingerahmt in eine schöne, familienfreundliche Umgebung und viel Natur. Diese positiven Erfahrungen wurden aufgegriffen und ein Regelangebot geschaffen, dass kontinuierlich weiterentwickelt wird.

Durch ein offenes Programm in Form von bindungsfördernden Angeboten, Info-Stationen mit familienrelevanten Themen und auch Entspannungseinheiten am Abend, erleben Familien niedrigschwellig Jugendhilfe als echte Unterstützung für alle Familienbelange. Die Inhalte werden dabei nicht in Vortragsform vermittelt, sondern durch viele kreative und innovative Ansätze. Einige Inhalte werden bei einem gemeinsamen Spaziergang aufbereitet, wo die Familien kleine Inputs erfahren oder sie haben die Möglichkeit gewisse Themen selber zu erleben und auszuführen. Wichtig ist dabei, dass die Eltern von außen angeleitet werden, sich mit ihren Kindern sinnvoll zu beschäftigen oder aktiv ihre eigene Situation zu bewerten. Nur das eigene Erleben und Erfahren ermöglicht eine Veränderung oder eine Einsicht. Es erfolgt absichtlich keine Trennung von Eltern und Kindern, stattdessen eine fachliche Begleitung, die die Eltern situativ unterstützt. Die abendliche Entspannung ist eine kindgerechte Waldgeschichte, wo auch schon die Kleinsten fasziniert Klangschalen lauschen. Eingebettet in eine niedliche Geschichte wird allen Gute Nacht gesagt und der aufregende Tag verabschiedet. Eine offene Beratung über individuelle Unterstützungsmöglichkeiten rundet die Kleine Auszeit ab. Diese kann im Bedarfsfall nach der Fahrt fortgeführt werden. Die Erfahrung zeigt, dass Familien diesen ersten persönlichen Kontakt tatsächlich als Türöffner verstanden und sich dann auch weit über die Fahrt hinaus mit Fragen und Anregungen an die Mitarbeitenden wendeten.

Besonders schön war zu sehen, wie die Kinder untereinander sich bestaunten und auf andere zugingen. Kinder lernen am besten von anderen und so haben sie sich untereinander z.B. bei den Mahlzeiten und anderen Begegnungen wie das spontane Krabbeltreffen in den Teppichbereichen oder bei ausgiebigen Rennen mit den Tret-Treckern auf dem sicheren Innenhof. So konnten die Eltern unkompliziert in den Austausch kommen und haben sich gegenseitig ausgetauscht und bereichert.

Die Anreise der Familien erfolgt eigenständig mit dem PKW oder mit dem ÖPNV und wird bei Bedarf unterstützt. Das entlastet Familien und ermöglicht eine eigene situationsgerechte Planung. Das Angebot findet immer unter der Woche statt und bedeute daher, dass sich die Eltern sehr bewusst für die Teilnahme entschieden und auch Urlaub von ihrer Arbeitsstelle dafür nehmen müssen. Ein weiterer Aspekt war, dass somit nur Kinder im Vorschulalter daran teilnehmen konnten und so ausnahmslos Familien mit Kindern bis sechs Jahre in Kontakt kamen.  

Begleitet wurden die zwei Gruppen von eigenen Fachkräften, externen Expertinnen und Referentinnen. Der Erfolg dieser zwei Kleinen Auszeiten war immens und der Wunsch nach einer regelmäßigen Fortführung entstand. So ist für November dieses Jahres erneut die Kleine Auszeit ausgeschrieben, und stieß bei Familien auf großes Interesse. Um junge Familien mit diesem Angebot weiter zu erreichen und zu unterstützen, sind die Kleine Auszeiten in das Portfolio der präventiven niedrigschwelligen Angebote aufgenommen worden. Die Nähe zum Wohnort und die geringe Kostenbeteiligung von 30€ pro Erwachsenen und 10€ pro Kind sind dabei zwei maßgebliche Faktoren, die die Familie zur Teilnahme anregen.

Mit Mitteln aus „Aufholen nach Corona“ konnten im Jahr 2022 zwei Kleine Auszeiten für Familien als Pilotprojekt angeboten werden. Insgesamt folgten 20 Familien (34 Erwachsene und 33 Kinder) dem Aufruf. KiTas, Kindertagespflege, Schwangerschaftsberatungsstellen, Stillgruppen, (Familien)-Hebammen, Besuchsdienst für Familien mit Neugeborenen (SPROSS), Familienklinik, dem Familienportal „Guter Start NRW“ www.familien-in-lippe.de haben dafür geworben. Bestehende Netzwerke aus den Frühen Hilfen und anderen Sozialdiensten des Fachbereiches konnten für die Verteilung und Bekanntmachung ebenfalls genutzt werden.

Die Voraussetzung für die Teilnahme an der Kleinen Auszeit ist ein Kind im Alter von null bis drei Jahren zu haben. Dadurch waren sowohl Alleinerziehende als auch beide Elternteile mit ein bis vier Kindern, junge und späte Mütter, sowie sämtliche Bildungsschichten und Migrationshintergründe vertreten.  Durch ein gut funktionierendes Netzwerk der Frühen Hilfen konnten viele Familie erreicht werden, die von sich aus eher selten in entsprechende Angebote finden. Diese augenscheinlich sehr unterschiedliche Gruppe bot ein buntes, fröhliches Miteinander, denn es zählte in erster Linie die solidarische Erfahrung der Elternschaft. Die gemeinsame Zeit vor Ort ermöglichte Kontakte zu Familien aus anderen Lebenswelten. Die Familien genossen das Urlaubsgefühl und waren dankbar für die Bereitstellung von Informationen, sowie die individuelle Beratung. Jugendhilfe, insbesondere die Frühen Hilfen, wurde sehr positiv wahrgenommen. Auch im Nachgang gab es vermehrt Anfragen der Eltern zu verschiedensten Themen und es entstanden neue Freundschaften, die die Familien weit über die Fahrt hinaus pflegen.  

Die Kleine Auszeit ist ein Angebot von dem Familien auf vielen Ebenen profitieren: Sie erfahren etwas über relevante Familienthemen, lernen andere junge Familien kennen und erleben ein präventives Hilfesystem der Jugendhilfe. Die Förderung von Kleinstkindern passiert im Wesentlichen über die Eltern und nur gestärkte Eltern können die Bedürfnisse ihrer Kinder erkennen und angemessen darauf reagieren. Dazu leistet die Kleine Auszeit vom Team Familienfreundlicher Kreis Lippe einen wichtigen Beitrag.


Miriam Schäfer
Quelle: Kreis Lippe