NRW-Landräte konferieren mit Bundespolitik

19. Juni 2020: NRW-Landräte begrüßen Corona-Hilfen des Bundes und warnen zugleich vor weiter wachsenden Soziallasten.

Die NRW-Landräte begrüßen die geplanten Hilfen des Bundes für die Kommunen zur Bewältigung der Corona-Krise. Insbesondere die deutliche Erhöhung des Bundesanteils an den sogenannten Kosten der Unterkunft helfe, der strukturellen Unterfinanzierung der Kommunen entgegenzutreten. Die bundesrechtlich veranlassten steigenden Belastungen der Kommunalhaushalte in anderen Sozialbereichen steigen dennoch immer weiter an.

Die 31 nordrhein-westfälischen Landräte haben sich in diesem Jahr erstmals per Videokonferenz mit Bundesfinanzminister Olaf Scholz und mit dem Vorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Ralph Brinkhaus, über aktuelle kommunale Themen und Problemlagen ausgetauscht. Wegen der Corona-Pandemie musste die sonst einmal im Jahr stattfindende zweitägige NRW-Landrätekonferenz mit hochrangigen Vertretern der Bundespolitik in Berlin als Präsenzveranstaltung abgesagt werden.

Im Zentrum der Gespräche mit Scholz und Brinkhaus standen die Auswirkungen der Corona-Krise für die Kreise in NRW. Dabei begrüßten die NRW-Landräte die jüngsten Beschlüsse zu einem Corona-Konjunkturpaket des Bundes: „Insbesondere die höhere Beteiligung des Bundes an den Kosten der Unterkunft ist ein herausragend wichtiger Beitrag, um die strukturelle Unterfinanzierung der Kommunen bei den Sozialkosten belastungsorientiert zu beseitigen“, sagte der Präsident des Landkreistages NRW, Landrat Thomas Hendele (Kreis Mettmann). „Wir freuen uns, dass diese langjährige Forderung des LKT NRW nun realisiert wird“. Zuletzt hatten sich die NRW-Landräte im vergangenen Sommer gegenüber Bundeskanzlerin Angela Merkel dafür eingesetzt.

Die seit Jahren durch die Bundesgesetzgebung veranlassten, stetig steigenden Sozialausgaben belasten die Kreise als Kostenträger für den kreisangehörigen Raum in Nordrhein-Westfalen in besonderem Maße – und das nicht erst seit der Corona-Krise. Die Pandemie verstärke aber diesen Effekt: „Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass die Folgen der Corona-Krise zu einem enormen Anstieg der Sozialleistungen führen werden: Allein die Unterkunftskosten beim SGB II sind in NRW von Februar bis April 2020 um 6,3 Prozent gestiegen“, unterstrich Hendele in den Gesprächen mit Brinkhaus und Scholz.  

Die dauerhafte Erhöhung der KdU-Anteile sei ein wichtiger Schritt zur Konsolidierung der kommunalen Finanzen. Allerdings wüchsen die Belastungen der Kommunen bei anderen sozialen Leistungen wie bei der Jugendhilfe oder der Hilfe zur Pflege: „Die finanziellen Folgen der Corona-Krise kommen zu den bisherigen kommunalen Soziallasten hinzu. Das Altschulden-Problem bleibt – genauso wie Mehrbelastungen zulasten der Kommunen etwa durch das Bundesteilhabe- oder das Angehörigenentlastungsgesetz“, zählte Hendele weitere Punkte auf. „Wir dürfen diese Bereiche nicht aus den Augen verlieren“, warnte er.  

Auch blieben die Integrationskosten unverändert hoch: „Die aktuellen flüchtlingsbedingten Soziallasten zeigen, dass uns die Integrationsaufgabe noch lange begleiten wird.“ Landrat Hendele forderte, die Kommunen bei diesem Prozess nicht alleine zu lassen. „Die Bundesmittel für die Integration müssen über das Jahr 2021 fortgeführt werden.“

Darüber hinaus sprachen die NRW-Landräte mit Scholz und Brinkhaus über die enormen Mindereinnahmen im ÖPNV durch die Corona-Krise, den geplanten Pakt für den öffentlichen Gesundheitsdient sowie über die negativen Auswirkungen des neuen Umsatzsteuerrechts auf den kreisangehörigen Raum.

Die zweijährige Verlängerung der Übergangsregelung für die erstmalige Anwendung des neuen Umsatzsteuerrechts sei für die Kommunen von elementarer Bedeutung: „Wir erkennen den Einsatz des Bundes gegenüber der EU ausdrücklich an. Nun gilt es die zwei Jahre zu nutzen, um die Änderungen bei der Umsatzsteuerpflicht in den Kommunen umzusetzen. Dabei dürfen wir nicht zulassen, dass die gut funktionierenden und kostensparenden Formen der interkommunalen Zusammenarbeit durch die drohende Umsatzsteuerpflicht wegbrechen“, warnte Hendele.