Zum Schutz vor Überflutungen - Kreis Soest stellt Starkregen- und Hochwasserschutzkomponenten vor
Der Kreis Soest wappnet sich für Unwetterlagen nicht nur mit einer durchdachten Vorsorge-Strategie, sondern auch mit dem nötigen Material, um für den Ernstfall gut gerüstet zu sein. Leitidee ist dabei, den Hochwasserschutz als gemeinsame Aufgabe zu betrachten, bei der der Kreis, die 14 Städte und Gemeinden und der Wasserverband Obere Lippe Hand in Hand arbeiten. Bürger, die von Hochwasser betroffen sein könnten, sind im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren ebenfalls verpflichtet, geeignete Vorsorgemaßnahmen zu treffen.
Wo sich Wasser seinen Weg bahnt, ist es nur schwer aufzuhalten. Sandsäcke und Big Packs sind im Hochwasserschutz immer eine Option. Um diese ziehen zu können, braucht es in aller Regel jede Menge Manpower oder schweres Gerät. Als Ergänzung wird im Kreis Soest jetzt auf ein mobiles Hochwasserschutzsystem gesetzt: Es besteht aus Kunststoffplatten, die zu Zylindern geformt und mit Wasser, Sand, Kies oder ähnlich schwerem Material gefüllt werden können. Wenn mehrere Zylinder aneinandergereiht stehen, sind sie nicht mehr verrückbar und bilden eine effektive Barriere.
Die Zylinder können von einem so genannten Trupp (zwei Einsatzkräfte) zusammengebaut werden.
Quelle: Birgit Kalle - Kreis Soest
Mit Wasser, Sand, Kies oder ähnlich schwerem Material gefüllt, entsteht ein unverrückbares System.
Quelle: Birgit Kalle - Kreis Soest
Kürzlich demonstrierte der stellvertretende Kreisbrandmeister Meinhard Reinecke gemeinsam mit dem Löschzug 3 der Freiwilligen Feuerwehr Lippstadt Vertretern aus Politik und Öffentlichkeit, wie unkompliziert das System einsetzbar ist. Es heißt Aquariwa und wurde von der gleichnamigen GmbH entwickelt und patentiert. Ein Zylinder kann von einem Trupp, das sind nur zwei Feuerwehrangehörige, zusammengebaut werden. Baut man alle Zylinder aneinander, stehen 750 Meter zur Verfügung stehen. Das Material wird bei der Feuerwehr Lippstadt im Norden des Kreisgebietes untergebracht, von der es auch sachkundig betrieben wird. Im Ernstfall kann es schnell mobil eingesetzt werden – überall im Kreis oder darüber hinaus, wenn überörtliche Hilfe angefordert wird. Aquariwa leistet übrigens nicht nur im Hochwasserfall seine Dienste – es kann auch kontaminiertes Material schnell zwischenlagern, Löschwasser zurückhalten und als Barriere bei Bombenfunden genutzt werden. 330.000 Euro wurden für das System investiert.
Flexibel einsetzbar ist im Hochwassereinsatz eine weitere Neuanschaffung des Kreises Soest. Es handelt sich um die mit Pumpen bestückten Rollcontainer, die beeindruckende Mengen Wasser befördern können: Die drei neuen Module haben eigene Stromerzeuger, sodass die Pumpen auch laufen, wenn der Strom ausfällt. Jedes Modul verfügt über zwei Pumpen, die je 2.500 Liter in der Minute schaffen. Rechnet man alle zusammen, handelt es sich um immerhin 15.000 Liter pro Minute insgesamt.
Die Gefahrenabwehr ist das eine, die Starkregenvorsorge das andere. Gemeinsam mit den Städten und Gemeinden erarbeitet der Kreis derzeit eine Strategie, um künftig besser mit Starkregenereignissen umgehen zu können. Birgit Dalhoff, die für Wasserwirtschaft zuständige Sachgebietsleiterin, macht die Herausforderung deutlich: „Starkregen tritt lokal auf und kann kaum vorhergesagt werden. Deshalb gibt es wenig Frühwarnsysteme.“ Vorhanden sind aber aussagekräftige Karten, an denen sich die jeweilige Gefahrenlage ablesen lässt. Daran werden sich die Schutzmaßnahmen und kommunalen Handlungskonzepte orientieren.
Gefragt sind allerdings nicht nur die Behörden, sondern alle zusammen: Jede Person, die durch Hochwasser betroffen sein kann, ist laut Gesetzgeber im Rahmen des ihr Möglichen und Zumutbaren verpflichtet, geeignete Vorsorgemaßnahmen zum Schutz vor nachteiligen Hochwasserfolgen und zur Schadensminderung zu treffen. Sachgebietsleiterin Birgit Dalhoff appelliert deshalb gleichzeitig an die Bürgerinnen und Bürger: „Es ist Eigenvorsorge nötig: Alle Bürger sollten die Starkregenhinweiskarte nutzen und in Erfahrung bringen, ob ihr Grundstück gefährdet ist.“ Wichtige Tipps zur Hochwasservorsorge (z.B. Lichtschächte erhöhen, Gefälle des Grundstücks anpassen, Rückstauklappen nutzen) gibt es auf der Internetseite des Kreises unter www.kreis-soest.de (bitte „Hochwasser“ ins Suchfenster eingeben). Ob das eigene Grundstück gefährdet ist, lässt sich im Geoportal NRW einsehen - siehe Starkregenhinweiskarte.
Hintergrund
Auch der flächenmäßig viergrößte Kreis NRWs wird immer wieder von schweren Unwettern getroffen. Kreisbrandmeister Thomas Wienecke führt eine Statistik über Extremwetterlagen: Für die Jahre zwischen 2000 und 2010 verzeichnet er sieben Extremwetterlagen, für den Zeitraum von 2011 bis 2022 bereits 27 Extremwetterlagen.
Zuletzt verursachte ein Tornado in Lippstadt verheerende Schäden. Tief Bernd sorgte im Juli 2021 mit seinen langanhaltenden starken Niederschlägen für vollgelaufene Keller. Die Pegel an Bächen und Flüssen stiegen besorgniserregend an. Einen wahren Kampf gegen die Wassermassen lieferten sich die Feuerwehren im Kreis Soest auch Anfang Juni 2018: Niederschlagsmengen von bis zu 80 Litern pro Quadratmeter sorgten in der Soester Innenstadt nicht nur für überflutete Keller, es bildeten sich vereinzelt sogar Flüsse auf den Straßen.
Birgit Kalle
Quelle: Thomas Weinstock/ Kreis Soest