Zeitgemäße Ausbildung Geomatik mit Drohne, SmartCity & Co.

12. November 2021: Von Dr. Sebastian Hellmann, Geodatenmanagement und –service, Kreis Unna

Um dem Fachkräftemangel in der Verwaltung entgegenzuwirken, bemüht sich der Fachbereich Geoinformation und Kataster des Kreises Unna durch attraktive Ausbildungsinhalte mit praktischen Projekten und Arbeitseinsätzen von zukunftweisenden Inhalten, das Interesse für den Nachwuchs zu erhöhen. Flüge mit der Drohne, Sensorik im Rahmen von SmartCity, angewandte Kartographie, BIM und Co. sind nicht nur im Arbeitsleben aktuelle und spannende Themen, mit denen sich auch Azubis der Geoinformationstechnologie beschäftigen. Der Beitrag beschreibt ausgesuchte Ausbildungsprojekte aus dem Jahr 2021 mit der Anregung, dies in ähnlicher Form nachzumachen.

Bereits heute wirkt sich der erwartete Fachkräftemangel in der öffentlichen Verwaltung insofern aus, dass offene Stellen wiederholt nicht mit adäquaten Bewerberinnen oder Bewerbern besetzt werden können. Dies betrifft nicht nur die Berufe der klassischen Verwaltung oder die zentrale Datenverarbeitung, sondern zunehmend auch Berufe in der Geoinformationstechnologie.

Seit vielen Jahren schon bildet der Fachbereich Geoinformation und Kataster des Kreises Unna Vermessungstechnikerinnen und Vermessungstechniker aus. Seit 2014 geschieht dies im jährlichen Wechsel mit dem seit 2010 bundesweit eingeführten Berufsbild der Geomatikerin bzw. des Geomatikers. Jedes Jahr beginnen im Kreis Unna zwei junge Menschen die Ausbildung in der Geoinformationstechnologie, die in beiden Berufsbildern im ersten Ausbildungsjahr im Schwerpunkt der Vermessungstechnik liegt und sich erst im zweiten und dritten Ausbildungsjahr inhaltlich unterscheidet. Mit einem Schwerpunkt im Vermessungsaußendienst und der Datenverarbeitung im Innendienst für die einen, und der Datenverarbeitung, -veredelung und Aufbereitung für anschauliche kartographische Produkte für die anderen.

Der Ausbildungsrahmenplan gibt ausreichend Spielraum bei der betrieblichen Umsetzung der Ausbildung. Im Hinblick auf den beobachteten und erfahrenen Fachkräftemangel in der Verwaltung setzt der Kreis Unna darauf, die Auszubildenden während ihrer Ausbildung für viele aktuelle Themen zu begeistern und die betriebliche Ausbildung abwechslungsreich, spannend und zugleich individuell fördernd zu gestalten.
Schon früh kommen die Auszubildenden mit Präsentationsmethoden und dem Thema Rhetorik in Berührung. Meist in Form von Projektarbeiten beschäftigen sie sich sowohl mit typischen Themen der Ausbildung wie beispielsweise den Prinzipien der Generalisierung in Karten oder die Farbwirkung von Choroplethenkarten, aber auch aktuelle Themen wie XPlanung, BIM sowie mögliche Einsatzgebiete von terrestrischen Laserscannern. Im Ergebnis erfolgt eine Präsentation der Ergebnisse in verschiedenen Formen (wie Vortrag mit PowerPoint, FlipChart, Metaplan, „Stift und Papier“), sodass sie die Vor- und Nachteile dieser Methoden schon zu Beginn der Ausbildung erfahren, später selbständig geeignete Methoden auswählen können und sicher in der Präsentation von Informationen und Ergebnissen vor Publikum werden. Die hier gewonnenen Erfahrungen sind zusätzlich eine effiziente Vorbereitung für die mündlichen Prüfungen am Ende der Ausbildung.

 

Drohnenprojekte zur Erstellung von Fotos, Videos und 3D-Modellen

BU: Bildgestütztes Digitales Oberflächenmodell (bDOM) vom Kreishaus und Gesundheitsamt in Unna als Ergebnis eines Drohnenfluges mit Bildaufnahme.

Quelle: Kreis Unna

 

Thema: Drohne bei der Aufnahme des Jubiläumswaldes in Bergkamen mit den Auszubildenden des Kreises Unna (3. Ausbildungsjahr, Geomatik)
Quelle: Max Rolke/Kreis Unna

Die Ausbilder forcieren die Arbeit mit aktuellen Technologien und regen das selbständige Erforschen von Geräten oder Softwarelösungen an. Ein Schwerpunkt ist dabei die Nutzung des kreiseigenen UAV (unmanned aerial vehicle), einem Quadrocopter („Drohne“) mit hochauflösender Kamera, die Senkrecht- und Schrägluftbilder aufnehmen kann. Eingesetzt wird die Drohne beim Kreis Unna inzwischen vermehrt zur Erstellung hochauflösender Orthophotos und bildgestützter Digitaler Oberflächenmodelle (bDOM) u.a. bei Bauprojekten oder in Neubaugebieten für die Bauüberwachung oder die Aktualisierung der Amtlichen Basiskarte (ABK). Die Auszubildenden erlernen im Rahmen der gesetzlichen Lage den Umgang mit der Drohne von der vorbereitenden Planung bis zur Datenprozessierung. Die Vorbereitung umfasst das Einholen der Flugerlaubnis in den entsprechenden Gebieten, ggf. das Anmelden bei Ordnungsbehörden und das technische Vorbereiten des Equipments. Dazu gehören das Laden der Akkus und die Prüfung der Funktionsfähigkeit des Gerätes oder der Rotoren auf Schäden. Die Drohne folgt in Projekten üblicherweise einer vorgeplanten Flugroute, muss aber auch manuell auf Sicht ferngesteuert und in Gefahrensituationen sicher gelandet werden können.
Konkret umfasste die Arbeit der Auszubildenden mit der Drohne im Jahr 2021 mehrere Projekte. Im Frühjahr sollte die Ausdehnung der Flutung von Flächen im Naturschutzgebiet „Hemmerder Wiesen“ in Unna untersucht werden. Dabei wurde erstmals an einem nahen Bach ein neues Wehr geschlossen und Blänke und Niederungen für kurze Zeit unter Wasser gesetzt. Da von Standpunkten in Augenhöhe außerhalb des Naturschutzgebietes keine Aussage dazu getroffen werden konnte, wurde das Gebiet zur Erfassung von Foto- und Videoaufnahmen aus der Luft mit der Drohne durch die Auszubildenden beflogen. Im Nachgang der Erfassung sollten die Aufnahmen zu einem geeigneten Produkt in Form eines anschaulichen Videofilms aufbereitet werden. Dies geschah unter Anwendung der professionellen Videoschnitt-Software Adobe Premiere Pro CC, die ebenfalls von den Auszubildenden durchgeführt wurde. Eigene Ideen wie das Einbetten von Übersichtskarten mit Darstellung der Blickrichtung oder der Flugrichtung konnten verwirklicht werden und das Produkt für den Kunden verbessern.

 

 

Bausatz mit Thermometer und Temperaturanzeige und Programmiercode am Computer.
Quelle: Kreis Unna

Eine externe Anfrage der Stadtverwaltung Bergkamen zur Erfassung der Standorte von Bäumen des „Jubiläumswaldes“ diente als Untersuchungsgegenstand über den Vergleich zwischen einer klassischen topographischen Aufnahme durch den Vermessungsaußendienst und der Aufnahme mithilfe der Drohne samt der jeweiligen Aufbereitung der Daten im Innendienst. Die Drohnen-Aufnahmen wurden dazu im Innendienst mithilfe von Agisoft Metashape zu einem bDOM und Orthophoto umgewandelt und die Standorte der Bäume anschließend in QGIS digitalisiert. Ziel der Untersuchung war die Feststellung der wirtschaftlicheren Erfassungsmethode und die Eignung eines UAV für diesen Zweck. Tatsächlich stellte sich die klassische Methode vom Zeit- und Arbeitsaufwand als geringfügig wirtschaftlicher heraus, sofern in diesem Gebiet keine weiteren Messungen gefordert werden. Die sehr jungen Bäume mit dünnen Stämmen führten zudem trotz des Einsatzes in der unbelaubten Jahreszeit zu Problemen bei der Erstellung eines bDOM.
Die Befliegung des Kreishauses Unna mit dem angeschlossenen Gebäude des Gesundheitsamtes sowie des Dienstgebäudes mit dem Fachbereich Geoinformation und Kataster mit dem UAV diente als Grundlage für die Erstellung eines hochauflösenden bDOM und True-Orthophotos (tDOP) der Dienstgebäude und des Grundstücks.

Einstieg zum Thema SmartCity
Die Städte und Landkreise digitaler zu gestalten, ist derzeit unter den Begriffen „SmartCity“ oder „SmartRegion“ in aller Munde. Um einen Einstieg in die smarte Sensorik und Messinstrumente zu geben, hat der Fachbereich Geoinformation und Kataster eine „senseBox“ angeschafft. Dies ist eine Umweltmessstation und je nach Ausführung mit Sensoren für Temperatur, Luftdruck und -feuchtigkeit, Wind, Sonneneinstrahlung, Lärm oder Kohlendioxid in der Luft ausgestattet. Diese Messstation wird als modularer Bausatz zusammengestellt und muss programmiert werden. Dies geschieht mithilfe einer Skriptsprache, die später in ein XML-Format umgewandelt wird. Dort können Details am Programmiercode verändert werden. Als Ergebnis speist die Station die Messdaten über WLAN in die „OpenSenseMap“ ein, in der jede Nutzerin und jeder Nutzer die Daten ansehen, abrufen und auswerten kann. Zusammen mit vielen Stationen in Privathaushalten, Firmen und Verwaltungen ergibt sich ein Netz an Umweltdaten.

Die Auszubildenden des dritten Ausbildungsjahres haben sich im Vorfeld mit den Varianten der „senseBox“ beschäftigt und das übliche Prozedere der Beschaffung einschließlich Klärung haushaltstechnischer Fragestellungen durchlaufen. Nach dem Erstaufbau und dem Probebetrieb mit der OpenSenseMap haben sich auch die Auszubildenden des zweiten und ersten Lehrjahres mit der Umweltmessstation beschäftigt. Sie findet nun einen endgültigen Standort am Dienstgebäude und speist von ihrem Standort Daten ein. Es ist geplant, die Station in den nächsten Jahren erneut zu beschaffen und letztlich an anderen Standorten der über das Stadtgebiet Unna verteilten Kreisverwaltung anzubringen.

Wanderkarte Meditationsweg und Astro-Lehrpfad

 

Informationstafel zum Meditationsweg in Fröndenberg/Ruhr, gestaltet von den Auszubildenden des Kreises Unna (2. Ausbildungsjahr, Vermessungstechnik)
Quelle: Sebastian Hellmann /Kreis Unna

Die Arbeit mit einem Geoinformationssystem ist das tägliche Brot der Geomatikerinnen und Geomatiker. Die Vermessungstechnikerinnen und Vermessungstechniker hingegen erlernen den Umgang mit QGIS im Rahmen eines Projektes. Seit einigen Jahren ist Tradition, mithilfe von QGIS und Software zur Digitalen Bildbearbeitung und dem Layout von Druckvorlagen große Kartenprodukte „zum Anfassen“ zu erstellen. Dies geschieht in Form von Informationstafeln etwa im Format DIN-A0, die an interessanten Orten oder Rad- und Wanderwegen im Kreisgebiet aufgestellt werden. In der Vergangenheit zeigten sie Themen aus dem Umweltbereich wie die Funktionsweise eines Rückhaltebeckens mit Staudamm im Bimbergtal in Unna samt Simulation des Wasser-Anstaus in einem 3D-Modell, den Umbau eines ehemals begradigten Bachlaufs in Bönen zu einem mäandrierenden Gewässer mit Galeriewald, aber auch touristische Themen wie den „Alleenradweg“ auf alter Schiene zwischen Königsborn und Welver oder das Bornekamptal auf dem kleinen Gebirgszug Haarstrang.
Im Sommer 2021 haben die Auszubildenden des 2. Ausbildungsjahres eine Übersichtskarte für den Ausgangspunkt eines neuen Rundwanderweges in Fröndenberg/Ruhr gestaltet. Im Projektverlauf haben die Auszubildenden selbständig mit den Auftraggebenden über die gewünschten Inhalte diskutiert, Gestaltung und Layout der Übersicht mithilfe von QGIS, Adobe Indesign, Illustrator und Photoshop durchgeführt und anschließend die Informationstafel in einer Druckerei auf einer Aluminium-Platte produzieren lassen. Im Projekt-Abschluss erfolgten die Auslieferung des Produkts und die Rechnungstellung durch die hausinterne Geschäftsbuch-Anwendung.

Fazit und Ausblick
Die Beschäftigung mit der Drohne, mit Sensortechnik und die Erstellung von Produkten zum Anfassen und mit Nutzen sind drei Beispiele, mit denen sich der Kreis Unna darum bemüht, die Ausbildung für Fachkräfte der Geoinformationstechnologie von Morgen interessanter und abwechslungsreicher zu den üblichen Büro-Tätigkeiten zu gestalten. Fast alle Auszubildenden der letzten Jahre wurden übernommen und sind für den Kreis Unna tätig, einige in Teilzeit parallel zu einem anschließenden Studium in verschiedenen Bereichen der Geoinformationstechnologie. Manch Absolvent ist nach dem Studium an die Behörde und zu den alten und neuen Kolleginnen und Kollegen zurückgekehrt.