Workshop „World-Café“: Wie gelingt Integration im Rhein-Erft-Kreis?

14. November 2022: Von Britta Kaienburg, Amtsleiterin, und Mareike Gerdes, Sachbearbeiterin, Amt für Integration und Flüchtlingsangelegenheiten, Rhein-Erft-Kreis

Vor dem Hintergrund des basispartizipatorischen Beteiligungsformats "World-Café" hat sich ein interdisziplinärer Arbeitskreis auf Kreisebene zusammengefunden. Die Perspektive, die das geplante neue Chancen-Aufenthaltsrecht bietet, nutzend, sollen Wege aufgezeigt werden, um unter anderem dem Fach- und Arbeitskräftemangel im Pflegebereich durch Integration in den Arbeitsmarkt aktiv zu begegnen. Eine Erweiterung des Konzepts auf andere Arbeitsschwerpunkte, wie z.B. dem Handwerk, wird ebenfalls angestrebt.

Das Amt für Integration und Flüchtlingsangelegenheiten des Rhein-Erft-Kreises hatte im September 2022 zu einem „World-Café“ eingeladen, um mit den Akteurinnen und Akteuren der Integrationsarbeit im Kreis die Fragestellung „Wenn Sie an Teilhabe und Integration denken, was ist Ihnen besonders wichtig?“ zu diskutieren. An dem offenen Workshop-Format nahmen ca. 100 Personen teil. Unter ihnen waren Zugewanderte, ehrenamtlich Tätige, Fachkräfte der Behörden, der Beratungsorganisationen und der Freien Wohlfahrt. Diverse Perspektiven, kritische Stimmen und innovative Ideen fanden in respektvollen und konstruktiven Gesprächen einen Raum. Ziel der Veranstaltung war es, in der bestehenden Integrationsarbeit Verbesserungspotentiale oder gar Grenzen zu eruieren, um anschließend die geclusterten und priorisierten Ergebnisse im Rahmen des Kommunalen Integrationsmanagements des Landes Nordrhein-Westfalen (KIM), in entsprechende Lösungsansätze und Maßnahmen münden zu lassen. 

Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops "World-Café" im September im Rhein-Erft-Kreis. 
Quelle: Nina Birkina

Mit der Implementierung von KIM verfolgt das Land das Ziel, ein abgestimmtes Verwaltungshandeln aus einer Hand zu forcieren und die rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit in den Kommunen zu fördern, um so dem Leitgedanken von KIM - „Nicht der Mensch soll dem System dienen, sondern das System dem Menschen“ - gerecht zu werden.

Ausbildungs- und Arbeitsmarktintegration

Ein priorisiertes Themenfeld, welches beim „World-Café“ intensiv diskutiert wurde, ist die „Ausbildungs- und Arbeitsmarktintegration“ von Geflüchteten und (Neu-) Zugewanderten. Explizit wurden die Zugänge zum Arbeitsmarkt, die Anerkennungsverfahren von Berufsabschlüssen und flexible Qualifikationsmöglichkeiten erörtert. Unter den Teilnehmenden herrschte Einigkeit, dass die Auseinandersetzung mit diesen Aspekten eine Reduzierung der Arbeitsmarktbedarfe nach sich ziehen kann. Folglich wurde kurzfristig eine interdisziplinäre und rechtskreisübergreifende Projektarbeitsgruppe (PAG) von Frau Marion Groß, Dezernentin für Integration des Rhein-Erft-Kreises, einberufen.

 Neben dem Amt für Integration und Flüchtlingsangelegenheiten ist das Jobcenter Rhein-Erft, der Caritasverband Rhein-Erft-Kreis e.V. sowie die Ausländerbehörde (ABH) und das Sozialamt des Rhein-Erft-Kreises beteiligt. Ziel der PAG ist es, rechtskreisübergreifend die Bedarfe der diversen Zuwanderungsgruppen mit den unterschiedlichen Anforderungen der potenziellen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern zusammenzubringen.

Workshop zur Ausbildungs- und Arbeitsmarktintegration. 
Quelle: Mareike Gerdes

Pilotprojekt: Personalbedarf im Pflegebereich

Das Vorhaben soll als Pilotprojekt mit dem Fokus auf den Personalbedarf im Pflegebereich gestartet werden. Das Amt für Integration und Flüchtlingsangelegenheiten plant daher zusammen mit dem Caritasverband Rhein-Erft-Kreis e.V. und dem Jobcenter Rhein-Erft zunächst die Umsetzung zweier Bewerbungstage. Es wurde vereinbart, dass in einem ersten Schritt ein Ausbildungsbeauftragter des Caritasverbandes differenzierte Anforderungsprofile zu den einzelnen Arbeitsbereichen erstellt – von Hilfstätigkeiten bis hin zu qualifizierten Berufszweigen. Darauf aufbauend wird dann das Jobcenter gezielt Kundinnen und Kunden mit Migrationshintergrund im Leistungsbezug ansprechen. So kann eine passgenaue Vermittlung bei den Bewerbertagen angestrebt werden, die gleichzeitig auch die Bewerberinnen und Bewerber vor irreführenden Berufsvorstellungen schützen soll. Frau Dr. Rixgens, Vorstandsmitglied des Caritasverbandes Rhein-Erft-Kreis e.V., sieht in dem genannten Verfahren die Chance zu einer dauerhaften Einbindung in den Arbeitsmarkt: „Die zentrale Anforderung, um eine nachhaltige Arbeitsmarktintegration zu sichern und somit dem Fachkräftemangel in Pflegeberufen entgegenzuwirken, ist die langfristige Motivation den Beruf ausüben zu wollen. Fehlende Qualifikationen können mit berufsbegleitenden Maßnahmen ausgeglichen werden“.

Ist das Matching zwischen Arbeitsuchenden und dem Caritasverband abgeschlossen, müssen nach Bedarf flankierende Maßnahmen installiert werden. An dieser Stelle kann von den bestehenden Fördermaßnahmen des Landesförderprogramms NRW „Durchstarten in Ausbildung und Arbeit“ mit seinen berufsvorbereitenden und begleitenden Maßnahmen partizipiert werden. Darüber hinaus gewährleistet das Case-Management enge Begleitung und Beratung.

Chancen-Aufenthaltsrecht

Nach Abschluss des Verfahrens wird dessen Nutzen in der PAG kritisch reflektiert. Auf Basis dieser Analyse ist eine Ausweitung des Pilotprojektes im Hinblick auf das geplante „Chancen-Aufenthaltsrecht“ der Bundesregierung vorgesehen. So sollen dann nach und nach weitere Kooperationspartnerinnen und Kooperationspartner, wie zum Beispiel die Wirtschaftsförderung, die IHK oder die Handwerkskammer gewonnen werden, um möglichst diverse Arbeitsbereiche in das Projekt einzubeziehen. Hier gibt es bereits von Seiten kommunaler Wirtschaftsförderungsgesellschaften Signale, die eine Beteiligung daran für wünschenswert erachten.

 

Der Gesetzesentwurf sieht vor, Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstatus unter Erfüllung von bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit zu geben, einen dauerhaften Aufenthaltstitel zu erhalten. Konkret betrifft dies Geflüchtete, die länger als fünf Jahre in Deutschland leben. Innerhalb eines Jahres müssen deutsche Sprachkenntnisse, die Identität und die Sicherstellung des Lebensunterhalts nachgewiesen werden. Durch dieses Gesetz profitieren unterschiedliche Gesellschaftsgruppen. Menschen mit Einwanderungsgeschichte werden Zugänge zum Arbeits-markt erleichtert - Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber können ihrem Arbeitskräftemangel entgegenwirken.

Rechtskreisübergreifende Arbeit

Allen Projektbeteiligten ist bewusst, dass für eine erfolgreiche und nachhaltige Vermittlung in den Arbeitsmarkt weitere, spezifische Unterstützungsangebote von Nöten sind. Insbesondere vor dem gesetzlichen Hintergrund, dass ein Jahr ein sehr begrenzter Zeitraum ist. Genau hier zeigt sich jedoch die Effizienz der im KIM-Prozess genannten rechtskreisübergreifenden Arbeit.

Durch die Zusammenarbeit mit den ABH-Stellen des Kreises kann diese Zielgruppe bekannt und damit auch zugänglich gemacht werden. Gleichzeitig ist in allen 10 kreisangehörigen Kommunen das Case Management angesiedelt. Aufgabe der Case-Managerinnen und Case-Manager ist es nun, diesen Personenkreis über die neue Gesetzeslage zu informieren, ihnen die Dringlichkeit des Handels bewusst zu machen und sie in weiteren Schritten engmaschig zu begleiten.

Darüber hinaus sichert die enge Zusammenarbeit des Case Managements mit den koordinierenden KIM-Stellen eine zügige Weitergabe der geclusterten Bedarfe. Dieses Verfahren wiederum ermöglicht die Benennung passgenauer Begleitmaßnahmen, die – den inhaltlichen Schwerpunkten entsprechend – unter Beteiligung der Kammern, potenzieller Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, dem Jobcenter etc. erarbeitet werden. Die hierfür zu installierenden Projektarbeitsgruppen überprüfen in Rückkoppelungs- und Feedback-Schleifen die Arbeitsergebnisse und passen in kontinuierlichen Veränderungsprozessen die Maßnahmen den neuen Anforderungen an.

„Wir stehen noch ganz am Anfang“, so Dezernentin Marion Groß, „das geplante Chancen-Aufenthaltsrecht bietet eine Möglichkeit, dem Fach- und Arbeitskräftemangel in der Region zu begegnen. Dazu sind viele Hände notwendig – nur gemeinsam können Erfolge erzielt werden“.

Frau Menzel, stellvertretende Geschäftsführerin des Jobcenters Rhein-Erft, blickt ebenfalls positiv auf das Projekt, denn „unsere Kundinnen und Kunden von heute sind die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von morgen“.

Bild: Mareike Gerdes

Quelle: Rhein-Erft Kreis

Bild: Britta Kaienburg 

Quelle: Rhein-Erft Kreis