Wenn nichts mehr so ist, wie Sekunden zuvor

14. September 2023: Von Beate Behlert, Pressestelle, Kreis Gütersloh

Willkommen beim Rettungsdienst: Notfallhilfe für die Bevölkerung im Kreis hat hier oberste Priorität. Vom Sturz im Pflegeheim über Luftnot und Fieberkrampf bis zur Massenkarambolage auf der A33, der Rettungsdienst ist zur Stelle und erfüllt seine Mission erfolgreich. Jeder weiß: Hilfe kommt.

Pflicht in Eigenregie
Der Rettungsdienst umfasst die Notfallrettung, den Krankentransport und die Versorgung einer größeren Anzahl Verletzter oder Kranker bei außergewöhnlichen Schadensereignissen. Zur Daseinsfürsorge nimmt der Kreis Gütersloh diese pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe unmittelbar wahr.

Dezentral vor Ort: Die Wachen im Kreis
Acht Rettungswachen betreibt der Kreis, allesamt 24 Stunden an sieben Tagen die Woche besetzt – mit 136 Stellen im Rettungsdienst. Hinzu kommen 19 Auszubildende (Notfallsanitäter/-in) und 10 junge Menschen im Freiwilligen Sozialen Jahr. Im Einsatz sind neben den 14 Rettungswagen und zwei Krankentransportwagen auch zwei Notarzteinsatzfahrzeuge. Die Wachenstandorte sind in Halle (Westf.), Harsewinkel, Herzebrock-Clarholz, Rietberg, Schloß Holte-Stukenbrock, Steinhagen, Verl und Versmold. Die Notarzteinsatzfahrzeuge in Halle und in Harsewinkel werden unter anderen von den sieben hauptamtlichen Notärztinnen und Notärzten besetzt. Bei Großschadenslagen und Katastrophenfällen bildet jeweils einer der 20 Leitenden Notärzte und 18 Organisatorischen Leiter Rettungsdienst die medizinische Leitung.


In Signalorange bereit zum Einsatz auf dem Rettungswagen: Diese Frauen und Männer haben die dreijährige Ausbildung zum Notfallsanitäter bestanden. In 2023 haben acht junge Leute mit der Ausbildung begonnen.
Quelle: Kreis Gütersloh

Gütersloh als große kreisangehörige Stadt hat eine eigene Rettungswache zu betreiben, mittlere Städte müssen dies nicht. So hat der Rat der Stadt Rheda-Wiedenbrück jüngst beschlossen, diese Aufgabe auf den Kreis zu verlagern. Die aktuellen Personalengpässe der örtlichen Feuer- und Rettungswache werden durch den kreiseigenen Rettungsdienst zum größten Teil kompensiert. Oberstes Ziel: Patientensicherheit durch Sicherstellung der rettungsdienstlichen Versorgung der Bevölkerung im gesamten Kreisgebiet. Auf den Blaulichtwagen in Rheda-Wiedenbrück fahren nun auch gemischte Teams aus städtischem und Kreispersonal. „Das läuft Hand in Hand und professionell. Das Team ist hochmotiviert, die Aufgaben werden mit größter Sorgfalt und Umsicht erledigt. Ich bin da sehr zufrieden“, sagt Dr. Bernd Strickmann, Ärztlicher Leiter Rettungsdienst (ÄLRD. Zudem unterstützen vorübergehend das Deutsche Rote Kreuz (DRK), der Malteser Hilfsdienst (MHD) und die Berufsfeuerwehr Gütersloh.

Anspruchsvolles Arbeitsfeld für hochqualifizierte Fachleute


Falco Schneiker (Notfallsanitäter – Rettungswache Halle) Hier bei der Entnahme von medizinischem Material aus dem Lager der Rettungswache Versmold.
Quelle: Rettungsdienst Kreis Gütersloh

„Kontinuität im Personalpool fördert die Qualität“, sagt Eckhard Ramhorst, Abteilungsleiter Bevölkerungsschutz. „Entweder, wir machen es mit eigenem Personal oder wir müssten alle vier Jahre die Aufgabe neu ausschreiben. Sogar auch dann, wenn die Hilfsorganisationen den Zuschlag erhielten. Ich weiß, Menschen möchten sich weiter qualifizieren, vielleicht auch mal eine Leitungsfunktion übernehmen, Zusatzausbildungen machen. All das ist innerhalb unseres kommunalen Rettungsdienstes möglich und bietet ausgezeichnete Arbeitsplatzsicherheit.“
Lob für die Truppe kommt vom Ärztlichen Leiter Rettungsdienst, der per Gesetz für das Qualitätsmanagement verantwortlich ist: „Gerade die unbefristete Personalbindung tut uns gut. Wir verfügen über echte Spezialisten im Rettungsdienst. Sie beherrschen sicher den Fuhrpark, bedienen professionell die Medizinprodukte wie Defibrillator, Beatmungsgerät, EKG-Monitor, Absaugpumpe, Vernebler- und Ultraschallgerät. Elektronisch checken sie Krankenhauskapazitäten und übertragen die Voranmeldung zur Klinik. Wenn ein Patient im Krankenhaus ankommt, liegen dort EKGs oder Fotos von noch unverbundenen Wunden bereits vor. Manchmal schickt das Team auch Bilder von demolierten Unfallautos mit, dann kann das Hospital die Schadenslage besser abschätzen.“


Mit dem Beatmungsschlauch wird die Atmung unterstützt. Dies muss regelmäßig trainiert werden. Das Bild zeigt eine Übungssituation.
Quelle: Rettungsdienst Kreis Gütersloh


Blick auf Medikamententasche und Rettungswagen: Von den 40 verschiedenen Notfallmedikamenten können Notfallsanitäter 25 ohne notärztliche Anwesenheit anwenden. Sie werden nach streng definierten Vorgaben verabreicht.
Quelle: Kreis Gütersloh

Wichtig sind Strickmann die heilkundlichen, ursprünglich rein ärztlichen Maßnahmen. Mittlerweile führen auch Notfallsanitäter sie durch. Den Umfang dieser Maßnahmen legt er als ärztlicher Leiter fest. „Ich kann das verantworten, denn wir überprüfen jährlich mehr als 4.000 so genannte invasive Maßnahmen, beispielsweise Injektionen, Punktionen oder das Einführen eines Beatmungsschlauches. Was das Rettungspersonal macht, hat eine sehr hohe Qualität, auch ohne Hinzuziehung des Notarztes“, erklärt Strickmann und fährt fort: „Die Zeit des ‚Krankenwagenfahrers‘ ist also längst Geschichte. Die komplexe Tätigkeit als Notfallsanitäter erfolgt im Hochrisikobereich und erfordert Routine und Vertrauen. Beides gewährleistet das unbefristete kommunale Dienstverhältnis.“
Bestens kennt Markus Brock den Rettungsdienst im Kreis Gütersloh. Der 48-Jährige ist Sachgebietsleiter Rettungsdienst beim Kreis Gütersloh und war zuvor Rettungswachenleiter in Schloß Holte-Stukenbrock. Er managt den Rettungsdienst mit seinem Team und freut sich über die positive Resonanz der Bevölkerung.

Hintergrund
Vor acht Jahren hat sich der Kreis dazu entschieden, neben den damaligen fünf kreiseigenen Standorten auch die Rettungswache Harsewinkel wieder in Eigenregie zu übernehmen. Viele Kreise sehen große Vorteile darin. Man setzt auf Kontinuität, eingespielte Abläufe, hohe Standards, Verlässlichkeit, unmittelbare Einflussnahmemöglichkeit bei Anpassungsbedarf und Wissenstransfer. Die durchweg positiven Erfahrungen, den Rettungsdienst als Ganzes in kommunaler Hand zu halten, bestätigen die damals getroffene Grundsatzentscheidung durch die Politik. Gerade der Verzicht auf Ausschreibungen gewährleiste – im gesamten Kreisgebiet – die Notfallrettung und den Krankentransport mit kontinuierlicher Verbesserung und somit eine exzellente rettungsdienstliche Versorgung der Bevölkerung im Kreis Gütersloh. Der Faktor Mensch ist entscheidend in der präklinischen Notfallmedizin, das Team kann unter ruhigen rechtlichen Rahmenbedingungen arbeiten. Zuverlässigkeit und Verlässlichkeit gepaart mit täglicher Routine und jahrelanger Erfahrung sind hier von großer Bedeutung, wenn schon die tägliche Arbeit höchste Konzentration, Sorgfalt, Schnelligkeit und entsprechendes Verantwortungsbewusstsein unter Stresssituationen verlangt.

Das bekräftigt Dr. Angela Lißner, Dezernentin für Ordnung, Gesundheit, Bevölkerungsschutz beim Kreis Gütersloh. „Schon das Leitbild der Kreisverwaltung Gütersloh verdeutlicht, dass wir ein verlässlicher Partner für die Menschen im Kreis sind. Mit engagierten und freundlichen Mitarbeitern erbringen wir aktiv Dienstleistungen für das Gemeinwohl. Erst recht vor dem Hintergrund, dass der Rettungsdienst eine auf Schutz und Rettung menschlichen Lebens ausgerichtete Aufgabe darstellt. Für den Kreis Gütersloh steht die Qualität im Rettungsdienst im Vordergrund.“

Der Kreis hat eine enge Verbindung zu den Hilfsorganisationen, denn sie sind eine feste Säule im Katastrophenschutz des Kreises und bei einem Massenanfall von Verletzten. Zur Erinnerung: An Übungen, in denen Großschadenslagen geübt werden, wie vor Jahren bei Kraftverkehr Nagel in Versmold, auf der A33 bei Borgholzhausen oder ein simulierter Bahnunfall in Steinhagen, sind die Hilfsorganisationen stets beteiligt.
Markus Brock lobt: „Man vergegenwärtige sich: Bei den Hilfsorganisationen engagieren sich Ehrenamtliche freiwillig in ihrer Freizeit zum Wohl und zur Sicherheit der Bevölkerung.“ Um sie für Großunfälle vorzubereiten, bietet der Kreis für Freiwillige an allen acht Rettungswachenstandorten, sieben Tage die Woche Hospitationen an. „Der gemeinsame Rettungseinsatz trainiert die Zusammenarbeit“, so Brock. Ehrenamtliche absolvieren bereits den Praxisblock ihrer Rettungssanitäter-Ausbildung an den acht Lehrrettungswachen des Kreises. Sie können ebenfalls an der gesetzlich vorgeschriebenen Jahresfortbildung des Rettungsdienstes teilnehmen. „Die findet bis zu 20-mal im Jahr statt und wir halten immer zwei Plätze für das Ehrenamt frei“, berichtet Brock. „Ein Großteil unserer Mitarbeitenden ist ehrenamtlich in Hilfsorganisationen oder freiwilligen Feuerwehren engagiert. Diese Überschneidung ist sehr gut. Haupt- und Ehrenamt profitieren beide. Uns freut es immer, wenn junge Menschen diesen Weg einschlagen. Zukünftig wird der Kreis auch ehrenamtliche Frauen und Männer aus den Hilfsorganisationen als Notfallsanitäter ausbilden“, stellt Brock in Aussicht.


Beate Behlert
Quelle: V.Mette