Von innen und außen gegen den Arbeitskräftemangel
Der Kreis Paderborn geht auf mehreren Ebenen gleichzeitig gegen den Arbeitskräftemangel vor. So wird einerseits die Außendarstellung der Kreisverwaltung erneuert, aber auch ein interner Fokus auf das Halten von Mitarbeitenden und die Modernisierung der Führungskultur gelegt. Eingerahmt werden die Bemühungen von einer umfassenden Employer Branding Strategie.
Vom Problem zur Erkenntnis
Sinkende Bewerbungszahlen, ansteigende Fluktuationsraten, ein hart umkämpfter Arbeitsmarkt: So wie viele andere Organisationen des öffentlichen Dienstes steht auch die Kreisverwaltung Paderborn vor den Herausforderungen des Arbeitskräftemangels. Noch ist man vor großen Notständen verschont worden – und damit dies auch so bleibt, wurden in den letzten Jahren bereits mehrere Maßnahmen ergriffen. 2021 wurde eine Trennung des operativen und strategischen Teils des Personalwesens vollzogen: Das Amt für Strategisches Personalmanagement wurde gegründet. Dies ermöglicht eine gezielte Fokussierung auf die jeweiligen Aufgabenbereiche. Die Themen Arbeitskräftemangel und Personal sollen langfristig betrachtet werden. In diesem Rahmen entstand die Idee für ein umfassendes Employer Branding Projekt. Das Informations- und Bewerbungsverhalten am Arbeitsmarkt hat sich geändert, die Arbeitgeberseite muss mithalten. Nach außen braucht es ein klares Bild der Tätigkeiten und Kultur bei der Kreisverwaltung. Intern muss das Halten von Mitarbeitenden priorisiert werden – ein Aspekt, der vor allem mit der Führungskultur und dem Arbeitsklima zusammenhängt. Es geht um Arbeitgeberattraktivität, sowohl für potenzielle Bewerbende als auch für die vorhandene Mitarbeiterschaft. Das Amt für strategisches Personalmanagement übernimmt die Koordination der Neuausrichtung. Es handelt sich explizit um ein interdisziplinäres Projekt: Personalwesen, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und noch viele mehr tragen zentral zum Erfolg des Gesamtvorhabens bei. Es gilt, gemeinsam die Antworten auf die angeführte Frage zu erarbeiten und sowohl externe als auch interne Maßnahmen daraus abzuleiten.
Weg vom Klischee
Kreisy, das Maskottchen des Ausbildungsbereichs.
Quelle: Kreis Paderborn
Starr und unflexibel in Denk- und Arbeitsweisen, veraltete Technik und Digitalisierungsthemen gegenüber ist man eher abgeneigt – so in etwa könnte man das angestaubte Image der Verwaltung zusammenfassen. Diesen Klischees muss klar entgegengetreten werden! Denn darin liegt einer der zentralen Gründe für abnehmendes Interesse am Arbeitsmarkt. Zudem bleibt in der breiten Öffentlichkeit die Vorstellung von den Tätigkeiten einer Verwaltung recht vage. So fällt es teilweise schwer, die Verwaltung als Arbeitgeber überhaupt in Betracht zu ziehen. Den Interessierten muss auf ansprechende Art und Weise klar gemacht werden, mit wem sie es zu tun haben. Das erfordert auch den Mut, sich von der Konkurrenz abzuheben und aufzufallen. Ein erstes größeres Ausbrechen aus alten Mustern wurde im Jahr 2023 mit einer neuen Ausbildungskampagne gewagt: Unter dem Motto „Kreisy“ wurde ein pinkes Monster zum Maskottchen des Ausbildungsbereichs. Die knallig pinke Farbauswahl zog sich durch die gesamte Kampagne und die Materialien, das auffällige und herausstechende Element wurde als Stilbruch absichtlich gewählt. Der Fokus lag auf der Ansprache einer jungen Zielgruppe mit der Botschaft: Verwaltung muss nicht einem Klischee entsprechen. Die Bewerbungszahlen blieben trotz eines umkämpften Jahrgangs auf einem guten Niveau – ein positiver Indikator.
Der Bewerbungsprozess
Weniger knallig, aber dennoch für die Außenwirkung wichtig, wurden auch die Stellenausschreibungen überarbeitet. Zunächst wurde ein organisationsübergreifender inhaltlicher Standard für die Ausschreibungen etabliert. Besonderes Augenmerk liegt auf der Vermittlung eines klaren Bildes des Teams, der Tätigkeit und der Sinnhaftigkeit. Die Konzipierung orientierte sich an der Sicht der Bewerbenden. Die Personen müssen aktiv angesprochen und abgeholt werden, damit unabhängig von jeglichem Vorwissen eine Vorstellung entstehen kann. In einem zweiten Schritt wurde dann auch die mediale Darstellung der Stellenanzeigen angegangen. Hier rücken nun Menschen und Gesichter in den Mittelpunkt, Mitarbeitende des Kreises wurden hierfür fotografiert. Das Design ist recht simpel gehalten, der Text wird auf ein Minimum beschränkt. Potenzielle Bewerbende sollen einen Menschen sehen, wenn sie an die Kreisverwaltung denken. Diese Vermenschlichung, das Schaffen von Nahbarkeit, ist ein wichtiger Bestandteil der gesamten Außendarstellung.
Doch wie geht es weiter, wenn sich jemand nun für eine Stelle interessiert und bewerben will? Auch dieser Aspekt wurde kritisch analysiert, mit dem Ergebnis, dass das Bewerbermanagementsystem komplett ausgetauscht wurde. Die externen und internen Bewerbungsverfahren wurden auf das Nötigste reduziert und vereinfacht – alles kann direkt auf einer Seite erledigt werden. Zudem gibt es die Funktion, einen hochgeladenen Lebenslauf direkt auslesen zu lassen, um die Daten in das Formular zu übernehmen. Im Ausbildungsbereich wurden zusätzlich Bewerbungen per WhatsApp ermöglicht – ein weiterer Schritt in Richtung Benutzungsfreundlichkeit. Durch eine starke Vereinfachung und Beschleunigung des Prozesses werden Hürden abgebaut, die sonst zum Abbruch der Bewerbung führen könnten. Darüber hinaus hat mit allen am Bewerbungsprozess Beteiligten eine klare Straffung des Stellenbesetzungsverfahrens stattgefunden, so dass zu Beginn des Verfahrens bereits dessen Ende zeitlich durchgeplant ist.
Die Mitarbeitenden als wichtigster Partner
Wie bereits erwähnt, ist nicht nur die Gewinnung neuer Mitarbeitenden wichtig, sondern vor allem auch das Halten der aktuellen Mitarbeiterschaft. Wenn sie die Kreisverwaltung verlassen, fallen wichtige Erfahrungen und Fachwissen weg. Neue Stellenbesetzungen kosten Ressourcen und Zeit. Außerdem sind zufriedene Mitarbeitende die effektivsten und glaubwürdigsten Werbeträger!
Hier spielt das Thema Führung eine besondere Rolle. Führungskräfte prägen die Kultur, die Werte und die Zusammenarbeit in der Verwaltung stark mit. Dies überträgt sich auf die Mitarbeitenden. Unzufriedenheit mit der Führungskraft ist oftmals ein entscheidender Kündigungsgrund. Die Führungskräfte müssen für eine sich ändernde Arbeitswelt sensibilisiert werden. Daher wurden in den letzten Jahren vierteljährliche Veranstaltungen zu aktuellen Kulturentwicklungs- und Führungsthemen etabliert. In Vorträgen und Workshops mit externer Unterstützung wurde u.a. behandelt, wie Vertrauenskultur mit einem effektiven Konsequenzenmanagement in Einklang gebracht werden kann oder wie die eigene Führungsarbeit zielführend reflektiert werden kann. Kooperations- und Verantwortungskultur war insgesamt ein Schwerpunkt.
2021 und 2022 gab es zusätzlich ein besonderes Event, den sogenannten „Zukunftstag“. Während der Zukunftstag 2021 ganz im Namen der Themen Changemanagement und New Work stand, lag der Fokus 2022 auf dem Thema Digitalisierung. Referierende gaben Ausblicke auf mögliche zukünftige Entwicklungen in der Gesellschaft und der Arbeitswelt. Begleitet wurden diese Veranstaltungen von einem Rahmenprogramm (2022 beispielsweise die Möglichkeit, ein VR-Headset zu testen). Es braucht stetig neue Impulse, um die Führungskultur nachhaltig zu beeinflussen und zu modernisieren.
Abschluss und Ausblick
In den kommenden Monaten werden bei der Kreisverwaltung Paderborn weitere geplante Maßnahmen Gestalt annehmen. So strebt die Kreisverwaltung u.a. eine Neugestaltung der Boarding-Prozesse (Pre-, On-, Re-, Cross- und Offboarding), die Etablierung einer Kultur des lebenslangen Lernens und eine größere Personalmarketingkampagne an. Interne und externe Maßnahmen sind eng verknüpft, nur eine Kombination erscheint nachhaltig erfolgsversprechend. Das große Projekt Arbeitgeberattraktivität darf nie als abgeschlossen angesehen werden. Es gibt immer Verbesserungspotenzial!
Jan Rudnick
Quelle: Kreis Paderborn