Vertragsnaturschutz: Mit Technik und Know-how zu mehr Vielfalt auf dem Acker
Natur und Landschaft im Kreis Viersen werden in besonderem Maße durch die bäuerliche Landwirtschaft geprägt. Mit dem Kreiskulturlandschaftsprogramm schafft der Kreis Viersen den Rahmen, die erhaltungs- und schutzbedürftigen Lebensräume sowie die wertvollen Kulturlandschaften und Landschaftsteile unter zentraler Mithilfe der Landwirte und weiterer Landbewirtschafter zu pflegen und zu erhalten. Es stellt die Grundlage des Vertragsnaturschutzes dar.
„Gerüchte, dass der Naturschutz etwas für Faule wäre und dass das Land durch das Brachliegen verkommt, mit Disteln und Brennnesseln übersät wird und am Ende mehr Arbeit als Nutzen bringt, halten sich hartnäckig“, berichtet Albert Erkens, stellvertretender Leiter der Abteilung für Natur und Landschaft, Jagd und Fischerei.
Die mittlerweile gebotene Flexibilität hat sich im Vertragsnaturschutz erst über viele Jahre entwickelt: So bieten sich den Landwirtinnen und Landwirten seit 2023 deutlich mehr Möglichkeiten, aus einer Maßnahmengruppe verschiedene Pakete, wie lichter Getreideacker mit doppelter Saatreihe, ein- und mehrjährige Blühstreifen und Ackerbrachen sowie den Ernteverzicht, auszuwählen und die Pakete bei Bedarf jährlich auf der Fläche zu wechseln. Auch der Wechsel der Fläche ist fruchtfolgebedingt zulässig und auch gewünscht. Die Prämien sind seit 2023 ebenfalls deutlich angehoben worden, so werden jetzt für einen einjährigen Blühstreifen (Paket 5042 C) jährlich bis zu 2.000 Euro je Hektar und Jahr (früher: 1.500 Euro) und für den Ernteverzicht (Paket 5025) jährlich 2.240 Euro je Hektar und Jahr (früher 1.830 Euro) gezahlt.
Drei Beispiele, die zeigen, wie sich mit fachgerechtem Einsatz von Know-how und Landtechnik Naturschutz und konventionelle Landwirtschaft für den Artenschutz vereinen lassen.
1. Die richtige Mischung
Im Jahr 2021 hat sich Landwirt Christoph Ingenrieth aus Nettetal-Leuth entschieden, zwei Flächen mit ein- bzw. überjährigen Blühstreifen (Paket 5042 C, Größe jeweils ca. 0,5 Hektar) anzulegen. Bei dieser Vertragsnaturschutz-Maßnahme wird entgegen einer normalen Getreideeinsaat ein deutlich geringerer Anteil an Wintergetreide mit nur zwei Arten von Wildkräutern ausgesät. Ziel ist es, einen lichten, aber auch blütenreichen Getreidestreifen zu erzeugen. Die Variabilität des Saatguts (große Getreidekörner und sehr kleine Saatkörner von Kornblume und Klatschmohn) und die unterschiedlichen Ansprüche an die Keimung erfordern eine besondere Handhabung bei der Einsaat. Augenscheinlich bietet sich dabei an, das Getreide zunächst normal tief einzusäen, um in einem zweiten Arbeitsgang die winzigen Kräutersaaten darüber flach aufzubringen und abschließend anzuwalzen.
Für Christoph Ingenrieth galt es herauszufinden, ob die Einsaat auch in einem einstufigen Verfahren möglich ist: Dafür mischte er zunächst das Getreide und die Kräutermischung (etwa 2,4 Kilogramm Kornblume und 1,5 Kilogramm Klatschmohn) in einem Spießkübel vor. Anschließend wurde die Mischung in einem Hatzenbichler-Saatkasten abgedreht, um die richtige Dosierung festzulegen. Zur Einsaat wurde der Saatkasten auf eine Scheibenegge gesetzt. Das Saatgut fällt dann während der Fahrt von den Pralltellern auf die sich darunter drehende Dachringwalze der Egge. Die von der Walze aufgeworfene Erde zieht das Saatgut mit zu Boden, wird nur leicht bedeckt und festgewalzt. In jedem Fall ist dadurch die notwendige, flache Einsaat für den Klatschmohn als Lichtkeimer gegeben. Der Streifen wird ganz normal wie Wintergetreide im Oktober eingesät und verbleibt im Folgejahr bis Ende des Sommers unbehandelt. Dann kann die Entscheidung getroffen werden, ob der Streifen durch Grubbern und erneute Einsaat mit reduzierter Kräutermenge an gleicher Stelle reaktiviert oder an anderer Stelle komplett neu angelegt wird.
Blühstreifen in Nettetal-Leuth.
Quelle: Kreis Viersen
Ende Mai präsentiert sich der Streifen dann in voller Pracht, wenn das helle Blau der Kornblumen und das Rot des Mohns weithin über die Feldflur leuchten. „Ich war positiv überrascht, dass sich der Streifen auch ohne Spritzung so unkompliziert darstellt, es finden sich auch Acker- und Hundskamille ein, aber nicht übermäßig“, stellt Ingenrieth fest. Er überlegt daher, die Maßnahme im nächsten Jahr an anderer Stelle fortzuführen.
2. Pneumatik - mit Luftdruck Blumen säen
In Niederkrüchten-Overhetfeld bewirtschaftet Helmut Jakobs, staatlich geprüfter Landwirt, einen Teil seines Betriebes im klassischen Ackerbau, der andere Teil dient der Futtererzeugung im Grünland. Durch seine langjährige Praxis als Tierhalter im Milchviehbetrieb erwuchs seine Liebe zum bayerischen Fleckvieh, mit dem er seit einigen Jahren auf einer ehemaligen Militärfläche in Arsbeck Landschaftspflege betreibt. Die Kühe halten hier die Gehölze kurz, um offene Flächen für wertvolle Heidevegetation und geschützte Reptilien zu erhalten.
Auf seinen Ackerflächen im Raum Elmpt hat er letztes Jahr auf insgesamt 4,5 Hektar Ackervertragsnaturschutzmaßnahmen angelegt. Dabei wurde ganz bewusst immer ein „Pärchen“ aus einem überjährigen Getreidestreifen mit einer Beimischung von Kräutern (Paket 5042 C) neben einem Getreidestreifen mit Ernteverzicht (Paket 5025) angelegt.
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Die Einsaat erfolgt mit mit einer pneumatischen Drillmaschine.
Quelle: Helmut Jakobs
Jakobs säte dafür zunächst den Getreidestreifen für den Ernteverzicht mit Winterroggen in doppelter Saatreihe an, wobei jedes zweite Säschar geschlossen blieb. Um die Standfestigkeit des Roggens im Winter zu verbessern, wurde etwas Weizen beigemischt. Für den angrenzenden Blühstreifen säte er Winterweizen in reduzierter Menge ein, worüber dann in einem zweiten Arbeitsgang die Kräutermischung aus Kornblume und Klatschmohn gesät wurde. Auch hierbei half eine Beimischung von Maismehl, um eine ungewollte Entmischung des feinen Saatguts vorzubeugen. Zur Einsaat nutzte er die pneumatische Drillmaschine. Mittels Luftdruck wird die Saatmischung aus einem Tank, der über der Cambridgewalze sitzt, vor die sich drehende Walze gesprüht. Die Pneumatik sorgt für eine gleichmäßige Verteilung, unabhängig von der Fahrgeschwindigkeit. Das Saatgut selbst wird nur flach eingearbeitet. Die vorgebaute Kreiselegge mit Stabwalze sorgt für die nötige Lockerung und Krümelung des Saatbettes.
Die Flächen sind gut angegangen, doch das war am Anfang nicht so, berichtete Jakobs: „Im Frühjahr wurde der Blühstreifen stark von Hunden genutzt, so dass ich befürchtete, dass die frisch aufgekeimten Pflänzchen dadurch stark geschädigt werden könnten.“ Zum Glück hat sich die Befürchtung nicht bestätigt und alles ist aufgegangen. Ein Infoschild im Blühstreifen hilft jetzt, dass Hundehalter aufgeklärt werden und ihre Vierbeiner anleinen.
3. Doppelte Saatreihe, nicht doppelte Saat
Bereits seit drei Jahren bewirtschaftet Heiner Kamps aus Schwalmtal-Geneschen eine etwa 0,6 Hektar große Parzelle nach den Bestimmungen des Vertragsnaturschutzes. Dazu hat er im ersten Jahr zunächst Wintergetreide in doppelter Saatreihe angesät, damit im Hauptbestand Licht und Luft für aufkommende Kräuter und gleichzeitig Lücken für Feldlerche und Rebhuhn entstehen.
Wintergretreide in doppelter Saatreihe.
Quelle: Kreis Viersen
Da weder gedüngt noch chemisch behandelt wird, zeigt sich bereits im folgenden Frühsommer ein lichter Bestand mit krautigem Unterwuchs. Zur Ernte im Juli wurde die Hälfte der Fläche geerntet. Ein Teil verblieb als Stoppelbrache und wurde nicht weiterbearbeitet. Die andere Hälfte wurde gar nicht abgeerntet. Beide Teilschläge dienen bis zum kommenden März als Winternahrung und Deckung für Feldhase und Co. Im zweiten Jahr hat Kamps die Stoppeln umgepflügt und anschließend eine Sommerung mit Hafer eingesät - die Serie begann erneut. Im dritten Jahr hat er die Fläche gewechselt, um den zunehmenden Druck an ungewollten Kräutern entgegenzuwirken. Da der Ausweichschlag etwas größer war als der beantragte Schlag, hat er die fehlende Fläche (etwa 0,175 Hektar) mit einem Blühstreifen gemäß Vertragsnaturschutz des Paketes 5042 C ergänzt. Hierzu hat er zunächst die Getreideeinsaat in doppelter Saatreihe über diesen Randstreifen hinaus durchgezogen und in einem zweiten Durchgang die besagte Kräutermischung aus Klatschmohn und Kornblume von Hand oben ausgesät. Abschließend wurde mit der Cambridgewalze der nötige Bodendruck für die Keimung der Kräuter geschaffen. Auch hier zeigt die richtige Technik die erwartete und auch sehenswerte Wirkung.
Albert Erkens
Quelle: Kreis Viersen