„Stop starting, start finishing!“ - Der LWL auf dem Weg zur digitalen Verwaltung

13. Januar 2023: Von Birgit Neyer, Erste Landesrätin und Kämmerin, und Dieter Skirde, Leitung LWL-Stabsstelle Digitalisierung, Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Digitalstrategien sind mittlerweile wichtiger Bestandteil von Kommunalverwaltun­gen, weisen sie doch den Weg, Verwaltungsleistungen über digitale Kanäle effi­zient und bürgernah zu erbringen. Aber wie gelingt eine zeitnahe und nachhaltige Umsetzung von Strategien mit einer Vielzahl guter Projektideen?

Birgit Neyer, Erste Landesrätin und Kämmerin und verantwortlich für die digitale Transforma­tion des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe blickt zufrieden auf die bislang erreichten Etappenziele im digitalen Transformationsprozess des LWL zurück: „Wir haben gemeinsam mit der Politik zunächst wesentliche Rahmenbedingungen geschaffen. Neben der Einrichtung einer Stabsstelle für Digitalisierung, der Entwicklung eines Digitalisierungsleitbildes und einer ersten, zu wesentlichen Teilen an den gesetzlichen Erfordernissen ausgerichteten Digitalstrategie, ha­ben wir auch neue Strukturen zur Steuerung von IT- und Digitalisierungsprojekten eingeführt.“
Dazu Dieter Skirde, Stabsstellenleiter Digitalisierung des LWL: “Dies geschah agil und iterativ, also ohne große Konzepte, durch einfaches Tun und unter regelmäßiger Berücksichtigung der Erfordernisse aus der Praxis. Die künftig, gemäß dieser neu definierten „Digital Governance“ umzusetzenden Projekte, leiten wir dynamisch aus den defi­nierten stra­tegischen Handlungs- und Lösungsfeldern ab und nehmen sie fortlaufend in unser LWL-Projektportfolio „IT und Digitales“ auf. Das Projektportfolio steuern wir in vier unterjähri­gen Zyklen über verschiedenste und zeitlich hintereinander geschaltete Meetings. Das sind unsere sogenannten Account- und Servicegespräche sowie das jeweils abschließend tagende Steuerungs-Board am Ende eines jeden Steuerungsabschnitts. Im Steuerungs-Board werden zuvor erarbeiteten Entscheidungen und Ergebnisse noch einmal abschließend überprüft und gemeinschaftlich verabschiedet. Können Entscheidungen nicht einvernehmlich getroffen wer­den, erfolgt eine Eskalation an den Verwaltungsvorstand, der letztlich final entscheidet. Die vorgenannten Meetings sind an dem Lebenszyklus eines Projektes ausgerichtet. Das verleiht den Gesprächen eine feste Struktur und die erforderliche Effizienz. So wollen wir den sehr heterogenen Verbandsstrukturen mit den Handlungsfeldern Verwaltung, Soziales, Jugend & Schule, Kultur, psychische Gesundheit und Maßregelvollzug umfassend gerecht werden“.

LWL-Projektportfolio „IT und Digitales“.
Quelle: LWL

Darüber hinaus wurden noch weitere organisatorische Voraussetzungen geschaffen. Die LWL.IT hat sich personell verstärkt, um die Umsetzungsfähigkeit von Projekten zu erhöhen. Die IT-Strategie wurde aktualisiert um eine möglichst gute Verzahnung zwischen Digitalstrategie und IT-Strategie zu gewährleisten. Damit kann sich die LWL.IT sukzessive zum Gestalter und Treiber der digitalen Transformation entwickeln. Die LWL Haupt- und Personalabteilung hat sich neu ausgerichtet und als Servicedienstleister aufgestellt. Services, wie z.B. Change- und Prozessmanagement sowie Weiterbildungsprogramme zum agilen Arbeiten wurden gestaltet und bilden wichtige Säulen im digitalen Transformationsprozess. Nicht zuletzt wurden in den Fach- und Querschnittsdezernaten weitere Digitalmanagerinnen und Datenmanager etabliert. Sie vertreten die Interessen der Nachfrageseite von Digitallösungen (Fachbereiche) im Rahmen der regel­mäßi­gen Bedarfsanalysen und -Planungen sowie bei der Steuerung der konkreter IT- und Di­gitali­sierungsprojekte.

Der digitale Transformationsprozess ist aber nur dann erfolgreich, wenn die angedachten Vor­haben unter Berücksichtigung unseres ganzheitlichen Leitbildes möglichst zeitnah umgesetzt und die mit den Projekten verbundenen Mehrwerte auch weitgehend erschlossen werden. Ganzheitlich bedeutet in diesem Zusammenhang, das digitale Projekte immer die Dimensionen Mensch, Prozesse, Organisation und Technik in den Blick nehmen. Mehrwerte werden mit Be­antragung eines Projektes zwar ausgewiesen, allerdings gegenwärtig noch nicht ausreichend messbar gestaltet und somit nach Projektabschluss auch noch nicht nachhaltig im Ergebnis überprüft.

Trotz aller zuvor skizzierten Maßnahmen, können die vielen Projektideen längst nicht alle gleichzeitig umgesetzt werden. Vielmehr steigern sie den Wettbewerb um die begrenzten Res­sourcen im Verband, zumal der Ruf nach kurzfristiger Bereitstellung von digitalen Lösungen immer lauter wird. Priorisieren und selektieren von Projektideen wird damit zu einer echten Challenge. Eine mittelfristig ausgerichtete Roadmap hilft dabei, die bedeutenden Vorhaben auf 2-3 Jahre zu verteilen und wird regelmäßig der Politik im Ausschuss „IT und Digitales“ vorge­stellt. Die klassischen und langfristig ausgerichteten 5 Jahrespläne werden der sehr hohen Änderungsdynamik von Anforderungen im digitalen Zeitalter nicht mehr gerecht.

Der Ehrgeiz möglichst viele Projekte gleichzeitig abzuwickeln, führte in der Vergangenheit zu häufigen Projektunterbrechungen und damit am Ende zu größeren Verzögerungen. Der LWL folgt daher dem agilen Motto: „stop starting, start finishing“. Daraus resultiert das Bemühen, nur eine begrenzte Anzahl von Projekten parallel zu bearbeiten, stattdessen aber den Durch­fluss der Einzelprojekte deutlich zu erhöhen. Das erfordert neben einer einvernehmlichen Pri­orisierung von Projekten, zügige Richtungsentscheidungen, klare Aufgabenfokussierung und eine schnelle Auflösung von Projekthemmnissen. Angemessenes Ressourcenmanagement ge­winnt vor diesem Hintergrund ebenfalls an Bedeutung.

Nur eine effektive Priorisierung erlaubt es, Projekte in einem Portfolio richtig zu gewichten sowie Ressourcen und Umsetzungsreihenfolge zu steuern. Bewährt hat sich beim LWL ein zweistufiges Vorgehen: In der ersten Stufe werden die Projektideen in nachfolgende Klassen in enger Abstimmung mit dem Digitalmanagement der Fach- und Querschnittsdezernaten kategorisiert: 

  • Muss-Projekte bezeichnen hoch priorisierte Vorhaben, die mittelfristig (die nächsten 2-3 Jahre) nachhaltig bearbeitet, d.h. je nach Projektbeginn und Dauer begonnen, fortgeführt oder abgeschlossen werden müssen.
  • Soll-Projekte sind Projekte, die im Kalenderjahr zu bearbeiten sind, wenn es die Ressour­censituation zulässt. Der Fokus liegt dabei vor allem auf die bereits laufenden Projekte, die kurz vor dem Abschluss stehen.
  • Kann-Projekte und Service- und Tagesgeschäft umfassen Projekte, deren Umsetzung und Steuerung im Regelfall „in der Linie“, gemeinsam zwischen den jeweiligen Dezernaten und der LWL.IT durchgeführt werden. Diese Vorhaben werden im Rahmen des Steuerungspro­zesses nur im Falle von bedeutenden Abweichungen und Hemmnissen behandelt. Zukünf­tig könnte diese Projektklasse budgetiert werden um die verfügbaren Ressourcen für Muss- und Soll-Projekt besser abschätzen zu können.


Ermittlung des Prio-Werts.
Quelle: LWL

In der zweiten Stufe der Priorisierung wird auf Basis der Parameter Dringlichkeit, Risiko, Kom­plexität und Nutzen des eingereichten Projektantrags ein Prioritätswert für das beantragte Projekt ermittelt. Dieser algorithmisch berechnete Zahlenwert („Prio-Score“; Maximalwert ist 100) dient der Feinsteuerung von Einzelprojekten während der Umsetzungsphase. Entspre­chend dieses Wertes werden Ressourcenkonflikte auf Grund von Wechselwirkungen und Ab­hängigkeiten zwischen Projekten aufgelöst. Grundsätzlich gilt bei der Ermittlung des Prio-Scores, dass Projekte, die gesetzlich verpflichtende Aufgaben erfüllen, immer den maximal Wert von 100 erreichen.

Fazit
Der LWL will mit den skizzierten Maßnahmen und Vorgehensweise den Herausforde­run­gen des digitalen Zeitalters schrittweise begegnen und eine möglichst effiziente Projektar­beit ermöglichen. Erste Projekte wurden auf dieser Basis bereits erfolgreich umgesetzt. „Wir können unseren Bür­gerinnen und Bürger die Verwaltungsleistungen jetzt zunehmend Online über unser LWL-Service-Portal anbie­ten“, so Birgit Neyer. „Fehler und Misserfolge sind bei unserem Vor­gehen natürlich nicht auszuschließen. Sie gehören unweigerlich zum digitalen Transformations­prozess. Über regelmäßige Retrospektiven lernen wir aber aus unseren Fehlern.“

Birgit Neyer

Quelle: LWL

Dieter Skirde