Sprengportal Hochsauerlandkreis - Automatisierter digitaler Workflow, von der Mitteilung bis zur Archivierung
Der Hochsauerlandkreis ist als Untere Umweltschutzbehörde/Immissionsschutz zuständig für die Genehmigung und Überwachung von Anlagen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz. Dies gilt insbesondere für die Bereiche Landwirtschaft, Nahrungsmittelverarbeitung, Energie sowie Steine und Erden.
In diese Zuständigkeit fallen unter anderem Steinbrüche. Im Hochsauerlandkreis befinden sich insgesamt 23 Betriebe, die sich über das gesamte Kreisgebiet verteilen. Zur Rohstoffgewinnung notwendige Sprengungen in Steinbrüchen sind immer wieder ein brisantes Thema und führen aufgrund der direkten Nachbarschaft zur Wohnbebauung oft zu Beschwerden in Bezug auf Erschütterungen und Staubentwicklungen beim zuständigen Fachdienst Immissionsschutz.
Der Hochsauerlandkreis geht nun einen weiteren Schritt in Richtung Digitalisierung und zeigt, wie das früher aufwendige Archivieren der Sprengmitteilungen der Steinbruchbetriebe, nun automatisiert und digital ablaufen kann und dadurch eine schnellere, flexiblere Arbeitsweise ermöglicht. Das von der Behörde neu entwickelte Sprengportal bietet nicht nur für die Überwachungsbehörde Vorteile.
In der Kreisverwaltung des Hochsauerlandkreises unterstützt der Fachdienst IT/Geoservice seit vielen Jahren die verschiedenen Fachdienste bei der Aufarbeitung, Digitalisierung und Visualisierung von Geo-Fachdaten. Dabei spielt die Automatisierung eine sehr große Rolle. Täglich werden so Massen von Geodaten analysiert, aufbereitet, verteilt und über Kartenanwendungen sichtbar gemacht.
In den letzten Monaten arbeitete der Fachdienst IT/Geoservice verstärkt für den Fachdienst Immissionsschutz. Die spezifischen Fachdaten, die aus den Genehmigungs- und Überwachungsverfahren vorwiegend analog vorlagen, wurden digitalisiert und in ein modernes Geografisches Informationssystem (GIS) eingebunden. Hier stand insbesondere die Darstellung von Abbauumringen, Sprengzonen und genehmigten Parameter für die Steinbruchbetriebe im Vordergrund. Diese wichtigen Planunterlagen können nun am Bildschirm angezeigt und in verschiedene Kartenhintergründen eingebunden werden.
Durch die gute Zusammenarbeit und Erfahrung wurde schnell klar, dass weitere Workflows im Fachbereich Immissionsschutz optimiert und gegebenenfalls digitalisiert werden können.
Einer dieser „optimierungswürdigen“ Arbeitsabläufe war die Mitteilung von geplanten Sprengungen in Steinbrüchen, die der Immissionsschutzbehörde vorab angezeigt werden müssen.
Durchführung einer Sprenganmeldung auf dem Bohrfeld mit Hilfe des GPS-Signals vom Tablet.
Quelle: Hochsauerlandkreis
Die Sprengberechtigten teilen darin mit, in welchem Bereich eines Steinbruchs die Sprengstelle liegt. Dabei werden die verschiedensten Parameter wie z.B. max. Lademenge an Sprengstoff, max. Lademenge pro Zündzeitstufe, Wurfrichtung, Abbaumenge und Messstellen in diesen Workflow eingegeben. In der Vergangenheit war diese Mitteilung nicht genormt, sodass die unterschiedlichsten Formen der Sprengmitteilung, insbesondere der Lagepläne, eingereicht wurden.
Das Sichten, Interpretieren und Prüfen war für die Überwachungsbehörde aufgrund der großen wöchentlichen Anzahl an Sprengmitteilungen aus den Steinbruchbetrieben sehr zeitintensiv. Die Bearbeitung von Nachbarbeschwerden, bei denen die Sprengmitteilungen als wichtige Informationsgrundlage dienen, wurde so weiterhin erschwert, da vor allem eine einheitliche Darstellung der Sprengstellen in einem Lageplan fehlte. Eine schnelle Reaktion auf Nachbarschaftsbeschwerden seitens der Behörde war aufgrund der analogen Aktenführung kaum möglich.
In der Vergangenheit wurden diese Lagepläne durch jegliche Form von Luftaufnahmen der Betreiber oder andere frei zugängliche Kartendienste willkürlich erstellt. Diese zu interpretieren und zu prüfen stellte die zuständige Überwachungsbehörde teilweise vor unlösbare Aufgaben. Zuerst wurden Möglichkeiten der optimierten Erstellung von Lageplänen über die GIS-Dienste des Hochsauerlandkreises zusammengetragen und getestet. Hieraus wurde sehr schnell viel mehr, als nur die Erstellung von Lageplänen. Letztendlich wurde der komplette Arbeitsablauf der Sprenganzeigen der Steinbrüche optimiert.
In enger Abstimmung zwischen Immissionsschutzbehörde, IT/Geoservice und Sprengberechtigten wurden Anforderungen definiert. Es wurden die Probleme aufgezeigt, nach Lösungen gesucht und erste Vorschläge präsentiert. Dann begann der Umsetzungsprozess.
An erster Stelle stand die Entwickelung eines Formulars, in dem die benötigten Parameter durch den Sprengberechtigten eingegeben werden können. Über eine integrierte Kartenanwendung kann der geplante Sprengbereich digital erfasst werden. Wahlweise ist die Verortung des Sprengbereichs über die Koordinateneingabe oder eine Erfassung mittels integrierter GPS-Ortung möglich. Auch Fotos und weitere Unterlagen können über die Portallösung übermittelt werden.
Danach wurde ein nachgelagerter Prozess entwickelt, der das abgesendete Formular ausliest und erste Plausibilitätsprüfungen durchführt. Es folgt die Erzeugung neuer Geodaten und die Speicherung der dazugehörigen Attribute in einer räumlichen Datenbank. Abschließend werden alle eingegebenen Parameter in einem strukturierten PDF-Dokument zusammengefasst.
Dieses Dokument enthält neben den textlichen Angaben auch ein Luftbild mit dem eingezeichneten geplanten Sprengbereich und dem genehmigten Umring des Abbaugebietes. Hier ergeben sich durch die frühere Digitalisierung der Abbaugebiete und anderer Fachdaten erhebliche Vorteile. Per Email wird das neu erstellte PDF-Dokument an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Immissionsschutzbehörde gesendet. Auch der Sprengberechtigte und weitere Beteiligte erhalten eine E-Mail mit dem erstellten PDF-Dokument. Dieses Dokument wird oftmals als Nachweis der Sprengung benötigt und unterstützt die Logistik und Planung im jeweiligen Steinbruchbetrieb.
Die nun einheitliche und strukturierte Mitteilung ist übersichtlich und für die Überwachungsbehörde leicht zu prüfen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Immissionsschutzbehörde sehen auf einen Blick, ob die geplante Sprengung in dem genehmigten Abbaugebiet liegt und ob die angegebenen Parameter plausibel und zulässig sind. Zwischen dem Absenden des Formulars und dem Eintreffen der Email vergehen meist nur wenige Minuten.
Das früher aufwendige Archivieren dieser Mitteilung geschieht nun automatisch. Über eine automatisierte Nachtverarbeitung gelangt das Dokument in das digitale Dokumentenmanagementsystem und in die richtige Aktenstruktur.
Da der Fachdienst Immissionsschutz über die auf ihn zugeschnittene GIS-Anwendung verfügt, können sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darin nun alle Umringe und Parameter der Sprengmitteilungen präsentieren lassen. Bei einer Nachbarschaftsbeschwerde ist so eine Auskunft über diese GIS-Anwendung ebenso schnell möglich, wie über die digitale Akte.
Ein erster Probebetrieb des neu erstellten Portals wurde mit einem Steinbruchbetreiber vereinbart. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Immissionsschutzbehörde, des Geoservice sowie Vertreter des Steinbruchbetriebes trafen sich nach einer Erprobungsphase zum Erfahrungsaustausch bezüglich der neuen Arbeitsabläufe.
Seitens der Sprengberechtigten wurden noch kleinere Anpassungen im Formular angeregt und mögliche Fehlerquellen aufgezeigt. Die einfache Handhabung und das nun deutlich schnellere Erstellen der Sprengmitteilungen über das neue Formular war für die Steinbruchvertreter ein besonders positiver Aspekt. „Früher benötigten wir sehr viel Zeit für die Erstellung einer Sprengmitteilung, heute dauert es nur noch 5 Minuten“ so ein Steinbruchvertreter.
Das neue Portal ist über verschiedene Endgeräte aufrufbar und die GPS-Ortung vereinfacht das Erfassen von Sprengbereichen direkt im Steinbruch. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Immissionsschutzbehörde erleichtert dieser digitale Prozess die Arbeit erheblich.
Mit Einführung des Sprengportals steht nun eine zusätzliche Überwachungsmethode zur Verfügung. Durch die kontinuierliche Überwachung aller Sprengarbeiten in den Steinbruchbetrieben fallen Abweichungen zu den genehmigten Umfängen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Immissionsschutzbehörde direkt ins Auge. Dadurch ist die große Anzahl der Beschwerden aus der Nachbarschaft über Erschütterungen nach Sprengungen stark zurückgegangen.
In Gesprächen mit den Sprengberechtigten und den Steinbruchbetreibern über die Erfahrung mit dem Sprengportal kam sehr häufig zum Ausdruck, dass der Hochsauerlandkreis auf dem Gebiet der digitalen Sprengmitteilung ein Vorreiter ist. Ebenso häufig wurde den Verantwortlichen die Frage gestellt, warum das neu geschaffene Sprengportal nur im Hochsauerland eingesetzt wird.
Aufgrund der guten Zusammenarbeit der Beteiligten kann man daher von einem gelungenen Workflow sprechen, von dem alle Seiten profitieren. Es ist eine Win-Win Situation für die Überwachungsbehörde und für die Sprengberechtigten bzw. für die Steinbruchbetriebe. Dieses Projekt ist ein gelungenes Beispiel für die digitale Transformation eines bisherigen analogen Arbeitsprozesses.
Reinhard Götte Quelle: Hochsauerlandkreis |
Nico Kemper |
Anna-Lena Kirse |