Landwirte, Jäger und Veterinäre – nur gemeinsam sind sie stark im Kampf gegen Tierseuchen
Die verschiedenen Tierseuchen der letzten Jahrzehnte haben gezeigt, dass Investitionen in Ausrüstung und Materialbestand unumgänglich sind, um den bestehenden Forderungen der EU nachzukommen. Da diese mit bedeutenden logistischen Herausforderungen einhergehen, initiierten Amtstierärzte aus NRW gemeinsam mit der Tierseuchenkasse und dem Land NRW die Gründung einer Tierseuchen-Vorsorgegesellschaft, um die Kreise zu entlasten. Dennoch verbleiben vielseitige Aufgaben bei den Kreisen, die es - je nach Möglichkeit – durch die Bildung von lokalen Krisen- und Logistikzentren zu bewältigen gilt. Die Priorität bei der Bekämpfung von Tierseuchen liegt jedoch in der Präventionsarbeit, für die das Veterinäramt gemeinsam mit der Landwirtschaft, der Jägerschaft und der Jagdbehörde eine Arbeitsgruppe eingerichtet hat.
Spätestens seit den Schweinepestausbrüchen in den Jahren 1993 und 1998 hat die Tierseuchenprävention im Kreis Warendorf einen hohen Stellenwert. Schon damals wurde deutlich, welch enormen Aufwand die Bekämpfung einer Tierseuche in einem viehreichen Kreis erfordert, wenn sie erst einmal ausgebrochen ist. Daraus konnte der Schluss gezogen werden, dass sich Investitionen in die Prävention in jedem Fall rechnen.
Als im Jahr 2001 die Maul- und Klauenseuche (MKS) im Vereinigten Königreich und den Niederlanden ausbrach und auch im Kreis Warendorf ansteckungsverdächtige Schweinebestände getötet werden mussten, wurden umfangreiche Investitionen in die Ausrüstung vorgenommen, wie z.B. Fahrzeugdesinfektionsschleusen, Zwangsstand, Impfbestecke und weitere Ausrüstungsgegenstände im Wert von rund 100.000 DM. Auch der Ausbruch der Schweinepest in den Kreisen Recklinghausen und Borken im Jahr 2006 führte zu weiteren Investitionen in die Ergänzung bzw. Aufstockung des Materialbestandes. Hiermit wurde der EU-Forderung nachgekommen, im Fall von multiplen Ausbrüchen jeweils ein Gebiet mit einem Radius von 3 km frei von empfänglichen Tieren zu machen.
Diese neuen logistischen Dimensionen führten letztendlich zur Bildung der Tierseuchen-Vorsorgegesellschaft mbH, die nun die Tötung, Reinigung und Desinfektion der Seuchengehöfte übernimmt. Zuvor war dies von den Kreisen im Zuge der Ersatzvornahme organisiert worden. Trotz dieser bedeutenden Entlastung verbleiben bei den Kreisen Aufgaben der lokalen Koordination, wie die Organisation der Epidemiologie, der klinischen Untersuchungen und Probenentnahme in den reglementierten Gebieten. Auch die Genehmigung von Ausnahmen von den Beschränkungen entsprechend der EU-Vorgaben durch die zuständigen Behörden wird einen erheblichen Verwaltungsaufwand nach sich ziehen. Zur Bewältigung dieser Aufgaben haben die Kreise - je nach Möglichkeit - in unterschiedlicher Form Vorbereitungen für die Bildung von lokalen Krisen- und Logistikzentren getroffen. So hat der Kreis Warendorf für rund 30.000 € zwei mobile Schwarz/Weiß-Container zur Personendekontamination angeschafft. Diese Container wurden bisher bereits in zwei Übungen, zuletzt 2016, erfolgreich eingesetzt.
Bei einer Tierseuchenübung im Jahr 2016 wurden die kreiseigenen Schwarz/Weiß-Container erfolgreich getestet.
Quelle: Kreis Warendorf
Während der Vogelgrippe-Prävention suchten Vertreter des Kreises Warendorf und der Landwirtschaft vom Aufstallungsgebot betroffene Betriebe auf.
Quelle: Kreis Warendorf
Im Zusammenhang mit der Ausbreitung der Aviären Influenza („Vogelgrippe“) im Herbst 2016 wurde ebenfalls auf Prävention gesetzt. Deshalb wurde das Aufstallungsgebot schon frühzeitig auf das gesamte Kreisgebiet ausgedehnt. Um die Verbundenheit mit den von diesen Maßnahmen betroffenen Tierhaltern zum Ausdruck zu bringen, wurden einige betroffene Betriebe zusammen mit der Landwirtschaft aufgesucht und die Probleme vor Ort erörtert. Der Kreis Warendorf blieb glücklicherweise von einem Ausbruch verschont.
Spätestens als im Sommer 2017 die Ausbrüche der Afrikanischen Schweinpest in Rumänien und Tschechien bekannt wurden, war die hiesige Landwirtschaft in besonderem Maße alarmiert. Immerhin werden im Kreis Warendorf rund eine Million Schweine in 900 Betrieben gehalten. Auf den 700.000 Mastplätzen werden jährlich rund zwei Millionen Tiere bis zur Schlachtreife gemästet. Aus diesen Zahlen ist ersichtlich, dass der Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest im Kreisgebiet höchst gravierende Auswirkungen auf diesen Wirtschaftszeig hätte.
Schon früh wurde deutlich, dass dabei im Hinblick auf die Möglichkeiten der Tierseuchenbekämpfung nicht der Ausbruch in einem Hausschweinebestand, sondern der Ausbruch in der Wildschweinepopulation die größte Herausforderung darstellt. Da im Kreis Warendorf mit der Landwirtschaft grundsätzlich vereinbart wurde, spätestens alle ein bis zwei Jahre bei besonderen Anlässen eine Infoveranstaltung zu speziellen Fachthemen zu veranstalten, lag es jetzt auf der Hand, eine solche Veranstaltung zum Thema Afrikanische Schweinepest zu organisieren. Es war dabei selbstverständlich, neben der Landwirtschaft auch die Kreisjägerschaft mit einzubinden. Die Veranstaltung fand Anfang November 2017 statt und stieß bei Landwirten und Jägern auf großes Interesse. Auf der Tagesordnung standen die Themen:
- Afrikanische Schweinepest, Epidemiologie, Vorbeugung und Folgen (Veterinäramt)
- Welche Risiken birgt die Afrikanische Schweinepest (Landwirtschaft)
- Erfolgreiche Begrenzung der Wildschweinbestände (Kreisjägerschaft)
Von Seiten des Veterinäramtes wurde die Einrichtung einer permanenten „Lokalen Arbeitsgruppe Afrikanische Schweinepest Kreis Warendorf“ (LAG ASP WAF) angeregt. Diese Idee wurde positiv angenommen und so folgten Landwirtschaft, Jägerschaft und Jagdbehörde der Einladung des Veterinäramtes und trafen sich noch im Dezember zur ersten Arbeitsgruppensitzung. Auf der Tagesordnung standen u.a. ein Lagebericht, das Proben-Management, die Erreichbarkeit des Veterinäramtes, die Möglichkeiten zur Förderung der Jagd auf Wildschweine, der Umgang mit Jägern ohne Problembewusstsein und Vorbereitungen auf den Ernstfall (Seuchenausbruch).
Wichtig waren in diesem Zusammenhang auch vorbereitende Überlegungen zur Einrichtung von Wildsammelstellen und Wildentsorgungsstellen, an denen im Seuchenfall Proben entnommen und erkrankte Tiere entsorgt werden. Durch die Jägerschaft wurde der Wunsch geäußert, auch schon in seuchenfreien Zeiten Möglichkeiten zu schaffen, den Aufbruch, d.h. nicht verwertbare Tierteile, „unschädlich“ über die Tierkörperbeseitigungsanstalten zu entsorgen. Dies wurde auch von Landwirtschaft und Veterinäramt als sinnvoll angesehen. Deshalb wurde vereinbart, dass die AG-Mitglieder jeweils in ihren Bereichen prüfen, ob es hierfür Realisierungschancen in Bezug auf den Ort und die Finanzierung gibt. Die verteilten Arbeitsaufträge wurden in einem Protokoll festgehalten. Auch ein Folgetermin wurde vereinbart. Die Einrichtung der Arbeitsgruppe hatte zur Folge, dass der Austausch zwischen Landwirtschaft, Jägerschaft und Veterinäramt intensiviert werden konnte. Auch zwischen den einzelnen Terminen fand eine rege gegenseitige Information über den Stand der jeweiligen Aktivitäten statt. Dadurch konnte eine gewisse Koordination dieser Aktivitäten erzielt werden.
Als eines der ersten Ergebnisse der Zusammenarbeit von Jägern, Landwirten und Veterinären kann nun der Aufbruch an Standorten in Beckum, Drensteinfurt und Ostbevern gesammelt und später sachgerecht über die Tierkörperbeseitigungsanstalt entsorgt werden. Die Kosten dafür trägt zunächst, bis auf weiteres, der Kreis. Die Komplexität der Bekämpfung dieser Tierseuche erfordert es, dass die betroffenen Interessengruppen intensiv zusammenarbeiten. Dies ist im Kreis Warendorf gelungen.
Von Dr. Andreas Witte
Quelle: Kreis Warendorf