Kunst- und Kulturförderung im ländlich geprägten Regionen

11. Februar 2019: von Klaus Kaiser, Parlamentarischer Staatssekretär im Ministerium für Kunst und Kultur des Landes Nordrhein-Westfalen

Nordrhein-Westfalen hat eine reiche Kulturlandschaft, die national wie international sehr anerkannt ist. Nordrhein-Westfalen ist auch ein Land der vielfältigen Regionen. Dabei gehören die Metropolregionen und die eher ländlich geprägten Räume gleichermaßen zur Identität unseres Landes. Auf diese Vielfalt, bei der die Kultur eine wichtige Rolle spielt, sind wir stolz. Wir möchten sie erhalten und stärken und dafür Sorge tragen, dass in allen Regionen Rahmenbedingungen vorhanden sind, in denen die Menschen gut und gerne leben und auch schöpferisch tätig sein können.

Dabei müssen wir anerkennen, dass es ländliche Regionen gibt, in denen ein erhöhter Handlungsbedarf besteht – ausgelöst durch gesellschaftliche und technologische Veränderungen wie den demografischen Wandel, die Globalisierung und die Digitalisierung.
Vielerorts sieht sich auch die kulturelle Infrastruktur einem Strukturwandel ausgesetzt. Hier braucht es neue Ideen und bedarfsorientiere Lösungen, die von Kulturschaffenden, Politik und Verwaltung gemeinsam entwickelt werden müssen. Sicherlich braucht es im ländlichen Raum auch andere Herangehensweisen und Konzepte als in den Städten. Diesem Umstand wollen wir Rechnung tragen – gemeinsam mit den Kreisen, den Städten und Gemeinden.

Ein wichtiges Förderprogramm in diesem Zusammenhang ist die "Regionale Kulturpolitik" (RKP). Dieses Förderprogramm existiert bereits seit über 20 Jahren und es trägt entscheidend dazu bei, die Kultur in allen Regionen Nordrhein-Westfalens zu stärken. Es hat in den vielen Jahren nie an Bedeutung verloren – vielleicht ist es heute sogar wichtiger als jemals zuvor.
Das Förderprogramm bietet aufgrund des regionalen Bezugsrahmens eine ideale Größe für interkommunale Diskurse und Entwicklungen. Es unterstützt die Profilierung der Region und schärft das regionale Bewusstsein. So trägt die Regionale Kulturpolitik auch dazu bei, Kirchturmdenken zu überwinden.
Die RKP setzt dabei auf Kooperation und Vernetzung der unterschiedlichen Akteure in der Region. Durch diese Vernetzung entsteht ein besonderer Mehrwert: Neue Impulse werden gesetzt, die Partizipation von Kultureinrichtungen jeglicher Größe wird ermöglicht, neue Partner und Themen werden einbezogen und Ressourcen werden gebündelt. Dabei wird Kultur auch mit ihren Schnittstellen zu anderen Politik- und Aufgabenbereichen wie z.B. Stadtentwicklung und Tourismus wahrgenommen.

Die RKP als landesweites Förderprogramm berücksichtigt auf der einen Seite die Spezifika einer Region, auf der anderen Seite bietet sie einen Rahmen mit gleichlautenden Förderkriterien, der für alle Regionen gleichermaßen gilt. Die Auswahlverfahren in den einzelnen Regionen übernimmt eine Jury und ist damit transparent und nachvollziehbar.

Die Umsetzung des Programms erfolgt in den einzelnen Regionen mit Hilfe von Kulturbüros bzw. Koordinierungsstellen, die ein wichtiges Strukturelement darstellen. Die Koordinatoren und Koordinatorinnen der Kulturbüros beraten Interessierte zum Förderprogramm RKP. Sie bieten aber auch – und das ist ganz entscheidend – eine Vernetzungsplattform für die Akteure in einer Region. Für das Kulturministerium sind sie Partner und Vermittler, die nah an den Menschen vor Ort agieren können und die lokalen und regionalen Bedingungen sehr gut kennen.

Viele Kreise nutzen und schätzen dieses Programm – einige sind sogar Träger des Koordinierungsbüros. Viele Städte und Gemeinden sowie die Freie Szene profitieren von der Möglichkeit, durch Vernetzung vielfältige Projekte umzusetzen und so qualitätsvolle Kunst und Kultur in der Region sicher zu stellen.
Der wachsenden Bedeutung der RKP wurde von der Landesregierung auch durch die Erhöhung des Fördervolumens auf jetzt ca. 5,5 Mio. Euro jährlich Rechnung getragen.

Zur weiteren Stärkung der Kultur in allen Regionen fördert das Kulturministerium interkommunale Kulturentwicklungsplanungen, denn gerade in dünner besiedelten Regionen bzw. bei kleineren Gemeinden macht interkommunale Zusammenarbeit besonders Sinn. Durch diese Art der Zusammenarbeit lassen sich Strukturen erhalten oder Programme initiieren, die von einer Gemeinde allein nicht umgesetzt werden könnten. Hier können Kreise Koordinatoren sein – ein gutes Beispiel sind die Kreise Minden-Lübbecke und Herford, die diesen Prozess bereits begonnen haben.

Ein neues Förderprogramm zur Stärkung und Sicherung der Infrastruktur in eher ländlich geprägten Regionen ist Anfang diesen Jahres ausgeschrieben worden: "Dritte Orte – Häuser für Kultur und Begegnung".
"Dritte Orte" sollen neue Möglichkeiten für Begegnung schaffen und den gesellschaftlichen Zusammenhang stärken. Kultur- und Bildungsangebote sollen dabei durch Öffnung, Vernetzung und Bündelung zu regionalen Ankerpunkten werden. Ziel des Förderprogramms ist die Entwicklung von neuen beziehungsweise die Weiterentwicklung von bereits bestehenden "Dritten Orten".
Kreise können hier dazu beitragen, vorhandene Interessen in den Gemeinden zu bündeln, zu vernetzen und den Prozess ggf. zu steuern. Das Förderprogramm soll für kleinere Kommunen eine Chance sein, kulturelle Infrastruktur zu erhalten oder zu entwickeln. Aber es sind auch gerade diese kleinen Kommunen, die kein Personal für Kultur vorhalten können. Kreise können hier eine sinnvolle Aufgabe übernehmen, wenn das Förderprogramm in ihre eigene kulturpolitische Agenda passt.

Insgesamt sind die Kreise sehr unterschiedlich aufgestellt, was ihre Aktivitäten im Bereich der Kulturpolitik angeht. Es gibt zig kulturelle Handlungsfelder, in denen Kreise aktiv sind und dabei ist kein Kreis wirklich mit einem anderen Kreis vergleichbar, die Unterschiede sind groß. Dies bestätigt auch der Landeskulturbericht, der 2017 vom damaligen Kulturministerium herausgegeben wurde.  So reicht z.B. die Spanne bei den Personalstellen für Kultur in den Kreisen von 0,5 Stellen bis zu 41 Stellen. Die hohe Personalausstattung ist dort zu verzeichnen, wo Kreise selbst Träger von Kultureinrichtungen wie z.B. einer Musikschule, einer Volkshochschule oder einer Bibliothek sind.

Ein Themenfeld der Kulturpolitik, das für die überwiegende Zahl der Kreise von großer Bedeutung ist, ist die Kulturelle Bildung. Im Landeskulturbericht wurde dieses Handlungsfeld von den Kreisen entsprechend auch mit einer hohen Priorität benannt.
Als Beispiele sind hier die Landesprogramme "Kultur und Schule" und "Kulturrucksack" zu nennen.

Hier zeigt sich die wichtige Rolle der Kreise: Sie können bündeln und koordinieren und so die kreisangehörigen Städte und Gemeinden bei ihren Aufgaben unterstützen bzw. entlasten.

Ein weiteres Beispiel aus dem Feld der Kulturellen Bildung, in dem die Kreise aktiv sind, ist der Wettbewerb der Kommunalen Gesamtkonzepte: Hier bewerben sich Kreise ebenso wie Kommunen. Kreise waren auch schon wiederholt Preisträger: so z.B. Kreis Coesfeld 2015, der Hochsauerlandkreis 2007, der Kreis Lippe 2018 und die Städteregion Aachen in 2014 und 2018.

Die "Arbeitsstelle Kulturelle Bildung in Schule und Jugendarbeit" berät Kommunen und Kreise bei der Erarbeitung von Kommunalen Gesamtkonzepten. Der Kreis Lippe, der letztes Jahr ausgezeichnet wurde, hat diese Beratung intensiv in Anspruch genommen. Dieses Vorgehen hat sich bewährt und wurde mit dem Preis belohnt.

In der Regel übernehmen Kreise bei der Kulturellen Bildung also koordinierende Aufgaben. Durch diese Koordinierung findet aber auf Kreisebene eine Vernetzung statt, die nicht selbstverständlich ist. Nachweislich ist diese Vernetzung durch das Projekt Kulturrucksack stark angestiegen. Das ist eine erfreuliche Entwicklung!

Manche Kreise – so der Landeskulturbericht – loben auch Förderpreise in den verschiedenen Kultursparten aus, viele Kreise organisieren temporäre Kulturveranstaltungen – auch um den Tourismus in der Region, im Kreis zu fördern.
Dabei ist auffällig, dass der Aspekt der Vernetzung auch hier häufig eine Rolle spielt. Kreise sind also prädestiniert, diese Aufgabe wahrzunehmen.
Hier können die Kreise gemeinsam mit dem Kulturministerium in Zukunft noch weiter aktiv werden.


Parlamentarischer Staatssekretär Klaus Kaiser, Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW
Quelle: MKW/Christoph Meinschäfer 2017