Kultur im Rhein-Kreis Neuss wird digital!

31. Januar 2019: von Verena Rangol M.A., wissenschaftliche Mitarbeiterin im KreisMuseum Zons, Rhein-Kreis Neuss

Die vier Kultureinrichtungen im Rhein-Kreis Neuss stellen sich dem aktuellen gesellschaftlichen Wandel und haben gemeinsam ein Konzept, das auf fünf Jahre (2019 – 2023) angelegt ist, zur Digitalisierung entwickelt. Im Zeichen der digitalen Revolution wenden sich die Institutionen in verstärktem Maße dem Einsatz ebendieser Instrumente zu. Beteiligt sind zwei Museen, das KreisMuseum Zons sowie das Kulturzentrum Sinsteden, und zwei Archive, das Archiv im Rhein-Kreis Neuss sowie das Internationale Mundartarchiv „Ludwig Soumagne“. Im Rahmen der Digitalisierung soll der Kulturauftrag zukünftig nicht nur analog, sondern auch digital wahrgenommen werden. Dabei bleiben die Kernbereiche der Kulturarbeit im Fokus: Sammeln, Forschen, Bewahren, Ausstellen/Sichtbarmachen und Vermitteln/Überlieferungsbildung.

Mittels erweiterter, digitaler Möglichkeiten werden die Kernaufgaben über neue Kanäle wahrgenommen. Vorrangig geht es im Kontext der Digitalisierung um die digitale Erschließung und Sicherung der vorhandenen, analogen Bestände. Ein Objekt bzw. eine Archivalie kann so auf anderen Wegen gesichert und inventarisiert werden. Ebenso ergeben sich neue Wege der Präsentation sowie Zugänge für die Besucherinnen und Besucher. Erschließung und Sicherung des Kulturerbes stellen eine unabdingbare Voraussetzung für jede weitere Kulturarbeit dar.
Darüber hinaus bietet die Digitalisierung im Rahmen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit erweiterte Marketingwerkzeuge, die Erschließung neuer Zielgruppen („Digital Natives) sowie verbesserte Zugangsoptionen zum vorhandenen Kulturgut. Neben einer orts- und zeitungebundenen Präsentation im Internet sowie barrierearmen Zugriffsmöglichkeiten erlaubt vor allem der direkte Kontakt zum Besucher über die Sozialen Netzwerke eine tiefere Bindung an die einzelnen Institutionen. Es wird eine Brücke geschlagen werden zwischen dem sinnlich erfahrbaren Besuch einer Institution und dem digitalen „Appetizer“. Die öffentliche Wahrnehmung wird deutlich verstärkt, nicht nur für Besucher, sondern auch für nationale und internationale Museen im Zuge einer verbesserten Möglichkeit der Zusammenarbeit. Großen und kleinen Häusern wird somit eine Basis zur einfachen Kooperation gelegt.
Grundlage für die digitale Erweiterung der vier Institutionen bildet der Anschluss an das Glasfasernetz, um allen Häusern eine flächendeckende Versorgung mit WLAN zu ermöglichen. Gerade innerhalb der Ausstellungsräume werden so die verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten im Rahmen einer „bring-your-own-device“-Lösung optimiert.

Bestandserfassung und Veröffentlichung
Als Arbeitsgrundlage für die Museumsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter sowie zur Vereinfachung und Systematisierung der alltäglichen Arbeitsschritte ist eine vollständige digitale Erfassung der vorhandenen Bestände erstrebenswert. Zahlreiche Leih- oder Forschungsanfragen können so schneller bearbeitet und verzeichnet sowie ein erhöhter Arbeitsaufwand bei der eigenen Aufgabenerledigung durch eine fehlende Digitalisierung der Bestandsdaten vermieden werden.

Zurzeit sind die Einrichtungen noch nicht vollständig digitalisiert. Der Status Quo in den einzelnen Institutionen ist heterogen, dies bedeutet, dass das Digitalisierungskonzept auf die jeweilige Kultureinrichtung angepasst werden muss. Die Museen haben hierbei andere Bedürfnisse als die Archive.
Beide Archive arbeiten mit dem Erfassungsprogramm AUGIAS Archiv und haben bereits einen Großteil der Dokumente, Archivalien und Tonträger digital verzeichnet. Für eine Veröffentlichung der Daten fehlt vor allem hochauflösendes Bildmaterial ebenso wie digitalisierte Tonträger aber auch Dokumente und Literatur.
Die beiden Museen des Rhein-Kreises Neuss beginnen derzeit mit der Datenerfassung und Inventarisierung der Sammlungen, da nur ein Bruchteil bereits digital aufgenommen ist. Hierfür wird die Browserbasierte Datenbank museum-digital (www.museum-digital.de) genutzt. Über diese Plattform können nicht nur interne Objektinformationen gesichert werden, sondern auch Objektdaten und Bilder für die interessierten Webnutzer zugänglich gemacht werden. Erste Objekte konnten bereits online veröffentlicht werden.


Jugendstilschale aus der Sammlung Beatrix und Axel Vater, Beispielbild aus dem laufenden Digitalisierungs- und Inventarisierungsprojekt „Sammlung Beatrix und Axel Vater“
Quelle: Jens Howorka

Verschiedene Internetportale ermöglichen ortsfernen und interessierten Besuchern ein digitales „Flanieren“ durch sowie Recherchieren in den Sammlungen und Beständen von Museen und Archiven. Die problemlose Einspeisung in vorhandene Kulturportale wird von einigen Institutionen bereits vorgenommen. Übergreifende Portale nehmen sowohl Museumsobjekte als auch Archivgut auf und präsentieren diese auf ihrer Website. Durch Links auf den Institutionswebsites können direkte Verknüpfungen von der Einrichtung zur Sammlung ermöglicht werden. Die Kreis-Kultureinrichtungen bedienen teilweise bereits einschlägige Plattformen, oder planen dies in Zukunft zu tun. Marktführend und bekannt sind hierbei die DDB (Deutsche digitale Bibliothek, www.deutsche-digitale-bibliothek.de), die Europeana (www.europeana.eu) sowie spartenspezifische Lösungen, wie die Archivportale Archive-NRW (www.archive.nrw.de), Archivportal-D (www.archivportal-d.de) oder Archivportal-Europa (www.archivesportaleurope.net).

Perspektive
In einem nächsten Schritt sollen individuelle digitale Angebote für die Besucherinnen und Besucher vor Ort eingeführt werden. Diese erweitern und ergänzen das bereits vorhandene didaktische Angebot einer Institution. Von Vorteil ist hierbei vor allem die große Flexibilität und geforderte Eigeninitiative der Besucher, die sich über verschiedene Medien ihre gewünschten Inhalte selbst zusammenstellen können.
Die beiden Museen bieten ein breites Führungsangebot an, welches durch gruppenspezifische Ausstellungsrundgänge via Smartphone, anderen mobilen Devices sowie fest installierten Bildschirmen erweitert werden kann. Auf diese Weise können individualisierte Angebote zu bestimmten Themen ebenso wie für Gruppen mit speziellen Anforderungen, wie beispielsweise Gehörlosenführungen, zusammengestellt werden. Insbesondere im Kulturzentrum Zons sind Synergieeffekte denkbar, so können die Archive und das Museum einen gemeinsamen Guide zur historischen Burganlage oder dem Park nutzen.
Im Rahmen von didaktischen Erweiterungen sind in allen vier Einrichtungen Digitorials, Lerntools und modulartig einsetzbare Pädagogikfeatures geplant. Die Kernzielgruppe der Kinder und Jugendlichen kann so spielerisch an die Themen „Museum“ und „Archiv“ herangeführt werden, modulartige Aufbauten machen den Lernprozess sichtbar und vermitteln verschiedene Inhalte. Die Digitorials und Games sind auch im Rahmen von Klassenausflügen einsetzbar. Kernthemen der Museen und Archive können ebenfalls für Erwachsene aufgearbeitet und spielerisch präsentiert werden. Hierfür eignen sich auch Hörspiele, die ähnlich wie Hörbücher, an Themen heranführen oder in Bezug auf das Mundartarchiv „Ludwig Soumagne“ Dialektsprache erfahrbar werden lassen.
Außerdem werden digitale Ausstellungen die analogen im Rahmen einer ortsungebundenen Präsentation über die Website der Institution ergänzen. So können Themen aufgearbeitet oder vertieft werden und weiterführende Informationen geboten werden. Digitale Ausstellungen können auch aktuelle Sonderausstellungen erweitern und lassen diese auch nach Ausstellungsende im Netz noch erfahrbar bleiben. Einzelne Module können auch in bestehende Dauerausstellungen eingearbeitet werden, sodass diese auf unterschiedliche Arten vermittelt werden – in einem engen Zusammenspiel von analog und digital.

In Zeiten von Social Media und Co. wird es nicht nur zunehmend wichtiger, sondern auch Standard, dass sich Unternehmen und öffentliche Einrichtungen auf digitaler Ebene präsentieren. Dabei spielt nicht nur die eigene Darstellung sowie die sinnliche Erfahrbarkeit durch den Benutzer eine tragende Rolle, sondern vor allem auch die Bestandssicherung des vorhandenen Kulturgutes durch digitale Mittel. Der Rhein-Kreis Neuss und seine Kulturinstitutionen sehen die Notwendigkeit zu handeln, um Objekte und Archivalien zu schützen, und diese auch zukünftigen Generationen zugänglich und erfahrbar zu machen.


Verena Rangol
Quelle: Rhein-Kreis Neuss