Hochwasser in der Städteregion Aachen: Erhebung aus der Luft und Bereitstellung der Daten im Geoportal durch das Kataster- und Vermessungsamt

03. November 2021: Von Anne Kockmeyer, Arbeitsgruppenleiterin „GeoService“, Städteregion Aachen

Das Starkregenereignis im Juli 2021 hat auch in der Städteregion Aachen schwere Schäden verursacht. Das Kataster- und Vermessungsamt hat unmittelbar nach dem Hochwasser in den betroffenen Gebieten Luftbilder mit Hilfe einer Drohne erstellt. Diese Aufnahmen dokumentieren die Schäden aus der Luft und werden im Geoportal der Städteregion zusammen mit weiteren hochwasserrelevanten Geodaten über eine zentrale Plattform veröffentlicht und dienen u.a. Fachämtern zur weiteren Planung relevanter Maßnahmen.

Die Städteregion Aachen wurde von langanhaltenden Starkregen und daraufhin auftretenden Hochwasser in der Nacht zum 15. Juli 2021 schwer getroffen. Besonders die Kommunen Eschweiler, Stolberg, Roetgen sowie der Aachener Stadtteil Kornelimünster wurden teilweise überflutet und haben große Schäden an Häusern und Infrastruktur zu verzeichnen.
Das Kataster- und Vermessungsamt der Städteregion Aachen hat sich mit seinen verschiedenen Abteilungen an der Aufarbeitung des Ereignisses beteiligt und mit den verfügbaren Instrumenten, Software und Wissen einen Beitrag zur Unterstützung geleistet.

Dokumentation der Schäden


Die Drohne des Kataster- und Vermessungsamtes auf dem Startplatz.
Quelle: A. Bruchhage, Städteregion Aachen

Die Abteilung „Vermessung“ hat im Jahr 2019 eine Drohne zur Durchführung von Vermessungen aus der Luft angeschafft. Bei der Dokumentation der Hochwasserschäden konnte mit diesem Gerät schnell ein Bild der zerstörten Gebiete erstellt werden. Mit klassischen Messinstrumenten wäre dies nicht möglich gewesen, da viele Infrastrukturanlagen zerstört sind und somit die Flächen nicht oder nur schwer zugänglich sind. Innerhalb von kurzer Zeit wurde der Außendienst geplant, sodass die ersten Befliegungen eine Woche später starten konnten. Insgesamt wurde an rd. 15 Außendiensttagen geflogen, hauptsächlich entlang der Flüsse Vicht und Inde. Nach dem Außendienst folgte die Nachbearbeitung und Auswertung. Dazu kommt die Software „Metashape Professional“ zum Einsatz. Diese setzt die vielen Einzelfotos mit Hilfe von photogrammetrischen Methoden zu einem Gesamtbild mit einer Bodenauflösung von rd. 2,5 cm bei einer Flughöhe von 80 m zusammen. Für diese rechenintensiven Auswertungen wird ein besonders leistungsfähiger PC nur für diesen Zweck eingesetzt. Die Berechnungen nehmen für ein Projekt mit rd. 3.000 Einzelfotos rd. 20 h in Anspruch. Dabei erfolgt die Auswertung in Zwischenschritten, wie die Erstellung von dichten Punktwolken, 3D-Modellen und Orthophotos. Während des gesamten Auswerteprozesses sind manuelle Bearbeitungen erforderlich, wie beispielsweise die Entfernung von überflüssigen Bildpunkten zur Verbesserung der Kameraposition oder eine Ergänzung übereinstimmender Passpunkte zur Erzeugung der Punktwolke. Im Anschluss werden die Daten an die Abteilung „GeoService“ des Kataster- und Vermessungsamts zur Bereitstellung weitergegeben.

Bereitstellung im Geoportal


Startseite Geoportal der Städteregion Aachen.
Quelle: geoportal.staedteregion-aachen.de

Das Kataster- und Vermessungsamt stellt umfangreiche Geodaten aus den verschiedensten Bereichen für Bürger und Mitarbeiter aus der Städteregion und städteregionsangehörigen Kommunen im Geoportal[1] zur Verfügung. Diese werden in separaten Themen, wie „Basiskarten und Luftbilder“, „Gesundheit, Hilfe und Pflege“, „Verkehr und Freizeit“ und jetzt aktuell „Daten zum Hochwasser“ für Jedermann veröffentlicht. Darüber hinaus gibt es für registrierte Nutzer weitere individuelle Gruppenthemen und Berechtigungen, beispielsweise Darstellungen von Altlasten und Zugriff auf Eigentümerdaten. Das Portal verzeichnete im Jahr 2020 über 110.000 Zugriffe, Tendenz seit Einführung 2016 stark steigend.

In dem Thema „Daten zum Hochwasser“ sind neben den Geobasisdaten, je nach Maßstab TopPlus-Web-Open vom BKG (Bundesamt für Kartographie und Geodäsie), ABK (Amtliche Basiskarte) oder Liegenschaftskarte, relevante Daten zum Thema eingebunden und als einzelne Layer individuell durch den Nutzer einblendbar. Interessante Daten sind die Hochwassergefahren und -risikokarten, die vom Land NRW durch die Bezirksregierungen und das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz über WMS[2]-Dienste bereitgestellt werden und in das Geoportal eingebunden werden. Diese Datensätze liegen für verschiedene Auftretenswahrscheinlichkeiten (niedrig, mittel, hoch) vor und werden u. a. auf Grundlage von Digitalen Geländemodellen (DGM) ermittelt. Ebenfalls auf dieser Grundlage basiert die Geländeschummerung als eine plastische Abbildung der Geländeform. Diese ist neben den aktuellen Luftbildern des Landes (Bodenauflösung 10 cm) ebenfalls in dieses Thema eingebunden. Die Städteregion wurde im Rahmen der turnusmäßigen Erhebung im März 2021 überflogen. Das Kataster- und Vermessungsamt hat entlang der Flüsse Inde und Vicht in den Kommunen Eschweiler und Stolberg nach dem Hochwasserereignis eigene Drohnenflüge ausgeführt.


Ergebnis der Erhebung aus der Luft durch das Kataster- und Vermessungsamt entlang der Vicht (Bodenauflösung rd. 2,5 cm) und Darstellung im Geoportal.
Quelle: geoportal.staedteregion-aachen.de

Diese aktuellen Luftbilder werden im öffentlichen Bereich des Geoportals dargestellt. Des Weiteren bietet diese Ansicht im Geoportal schnell und übersichtlich weitere Informationen für betroffene Bürger. Die Städteregion unterstützt die Kommunen und Einwohner bei der Antragsstellung zur Wiederaufbauhilfe vor Ort mit mobilen Beratungsteams. Die Standorte, sowie weitere Infos wie Öffnungszeiten werden aktuell im Geoportal dargestellt und können bei sich änderndem Bedarf und damit verbundenen Standortwechsel zeitnah angepasst werden. Gedruckte Karten mit den Standorten werden ebenfalls für die Beratungsstellen zur Verfügung gestellt. All diese Daten sind nach den OpenData-Grundsätzen frei verfügbar.


Ansicht im Geoportal im Thema „Daten zum Hochwasser“ auf dem Gebiet der Kommune Eschweiler mit Standorten der mobilen Beratungsteams zur Wiederaufbauhilfe.
Quelle: geoportal.staedteregion-aachen.de

 Neben dem o. g. öffentlichen Thema besteht die Möglichkeit, geschützte Themen für bestimmte Benutzer(-gruppen) zu erstellen. Die Stadt Eschweiler hat die betroffenen Gebiete kartiert und der Abteilung „GeoService“ zur Verfügung gestellt. Diese Daten wurden abdigitalisiert und als Layer in das geschützte Thema der Stadt Eschweiler eingefügt. Mit der Verwendung von Nutzergruppen ist es möglich, sensible Daten nur für bestimmte Anwender zugänglich zu machen.

Nutzen durch andere Fachbereiche
Die gebündelte Bereitstellung der hochwasserrelevanten Daten im Geoportal, sowie die Auswertung dieser, wird von diversen Fachbereichen zur weiteren Planung erforderlicher Maßnahmen herangezogen. Für den Koordinierungsstab „Wiederaufbau“ beim Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung NRW sowie für die Unterstützung des Wiederaufbaus in den Kommunen durch die Städteregion konnte so z.B. durch das Kataster- und Vermessungsamt mit einer QGIS-Auswertung schnell die Anzahl der betroffenen Häuser und Listen von Straßenzügen ermittelt und zur Verfügung gestellt werden. Diese wurden vom Land NRW als Fördermittelgeber zeitnah gefordert.
Das Umweltamt hat ebenfalls Nutzen aus der Bereitstellung hochwasserrelevanter Daten gezogen. Auf den Gebieten der Kommunen Eschweiler und Stolberg wird bspw. seit längerem die Dioxin-Belastung des Bodens untersucht. Anhand der Luftbilder und Kennzeichnung der überschwemmten Fläche kann nun festgestellt werden, in welchen Bereichen weitere Probenentnahmen in Folge des Hochwassers nötig sind. Außerdem werden im Auftrag des Umweltamts nun noch weitere, kleinere Bäche zur Dokumentation der Hochwasserauswirkungen und Aufgabenplanung überflogen.
Der Gutachterausschuss für Grundstückwerte in der Städteregion Aachen hat seine Geschäftsstelle im Vermessungs- und Katasteramt. Das Führen der Kaufpreissammlung und Auswertung dieser ist eine Hauptaufgabe dieses Gremiums, wofür alle Kaufverträge im gewöhnlichen Geschäftsverkehr herangezogen werden. Durch die Luftbilder der eigenen Drohnenbefliegungen kann schnell festgestellt werden, ob sich das Objekt im von der Hochwasserkatastrophe betroffenen Gebiet befindet und damit ggf. gesondert betrachtet und ausgewertet werden muss.
Insgesamt hat das Kataster- und Vermessungsamt mit seinen vielseitigen Arbeitsbereichen einen wichtigen Beitrag zur Bestandsaufnahme und zur Bewältigung der Folgen der Hochwasserkatastrophe in der Städteregion Aachen leisten können. Die Auswirkungen des Klimawandels sind bereits heute und hier vor Ort deutlich spürbar. Im Projekt ESKAPE (Entwicklung StädteRegionaler KlimaAnpassungsProzessE[3]) wurde in Kooperation zwischen der RWTH (Rheinisch-Westfälisch Technische Hochschule Aachen) und der Städteregion Aachen bereits zwischen 2015 und 2019 das Thema „Klimaanpassung“ in der Bauleitplanung bearbeitet. Auch das Themenfeld Starkregen und Hochwasser wurde dort diskutiert und Daten darüber im Geoportal in einem separaten Thema zur Verfügung gestellt. Seitdem sind diese Informationen dort öffentlich zugänglich. Das aktuelle Ereignis verdeutlicht die Dringlichkeit einer adäquaten Vorsorge bzw. Klimafolgeanpassung in der Stadtplanung. Die Verfügbarkeit aktueller Geodaten, bspw. von 3D-Geländeaufnahmen zur Simulation und Prognose, spielt dabei eine entscheidende Rolle. Mit dem Geoportal der Städteregion existiert eine zentrale Plattform, auf die alle Akteure zurückgreifen können, um den Herausforderungen der kommenden Zeit zu begegnen.

[1] geoportal.staedteregion-aachen.de
[2] Web-Map-Service
[3] https://www.staedteregion-aachen.de/de/navigation/aemter/umweltamt-a-70/klimaschutz/i-ndividuelle-anpassung/eskape/