Helfer in der Not - Wichtige Dienstleistungs- und Beratungsinstitution seit mehr als einem Vierteljahrhundert
Welche Rechte habe ich, wenn eine Veranstaltung wegen Corona abgesagt wurde? Was mache ich, wenn mein Gasanbieter plötzlich seine Gaslieferung einstellt? Wie kann ich ein Haustürgeschäft wieder rückgängig machen? Mit diesen und vielen anderen Fragen werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verbraucherzentrale tagtäglich konfrontiert. Sie sind „Helfer in der Not“ – im Kreis Euskirchen bereits seit 25 Jahren. So lange existiert bereits die Beratungsstelle in der Kreisstadt Euskirchen, die mittlerweile im Verhältnis 50:50 von Land und Kreis finanziert wird. Für Landrat Markus Ramers ist die Beratungsstelle nicht mehr wegzudenken aus dem Kreis. „Auch nach der Flutkatastrophe vom Juli hat sich nochmal in aller Deutlichkeit gezeigt, wie wichtig die Verbraucherzentrale für die Menschen hier ist.“
1995 öffnete die Beratungsstelle der Verbraucherzentrale NRW in Euskirchen erstmals ihre Türen. Unzählige Ratsuchende haben seither auf die Dienstleistungen des Teams gesetzt. Die Beratungsangebote wurden immer wieder angepasst und ausgeweitet. 2005 stieg der Kreis Euskirchen mit in die Finanzierung der Beratungsstelle ein.
„Unser Ziel, Verbraucherinnen und Verbraucher vor Übervorteilung zu schützen und sie bei der Durchsetzung ihrer berechtigten Interessen gegenüber Anbietern zu unterstützen, hat nichts von seiner Wichtigkeit eingebüßt. Nicht erst die Corona-Pandemie zeigt, dass viele Menschen verunsichert und oftmals überfordert sind, wenn es darum geht, ihre Verbraucherrechte wahrzunehmen. Zudem sorgt die Digitalisierung fast aller Lebensbereiche für einen hohen Beratungsbedarf“, sagt Monika Schiffer, Leiterin der Beratungsstelle in Euskirchen. Das Beratungsangebot umfasst die rechtliche Beratung zu Energie, Telekommunikation, Bank- und Kapitalmarkt, Reise, Datenschutz, Kaufverträgen, Werkverträgen, Pfändungsschutzkonto und vielem mehr - kurz, zu allen Fragen des Verbraucheralltags. Abgerundet wird das Angebot durch Energieberatung (in der Beratungsstelle oder Vor-Ort), Versicherungsberatung, Beratung zur Immobilienfinanzierung und Geldanlage- und Altersvorsorgeberatung.
Für den Kreis Euskirchen ist hier von besonderer Bedeutung, dass der „Zugang zum Recht“ sehr niederschwellig angeboten wird. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass die Verbraucherzentrale anbieterneutral ist und somit auch die Beratungen neutral erfolgen. „Die Beratungsangebote werden nachfrageorientiert verändert“, so Monika Schiffer. „Die Verbraucherzentrale geht immer mit der Zeit“.
Beratungsstelle seit 1995 in der Euskirchener Innenstadt
1995 wurde das Büro zunächst als sogenannte „Ein-Personen-Beratungsstelle“ in der Wilhelmstraße eingerichtet. Angesichts der steigenden Nachfrage konnte durch die Finanzierung des Kreises – zunächst für zwei Jahre – ab 2010 eine zusätzliche halbe Beraterstelle etabliert werden. Ab 2012 wurden hierfür auch Landesmittel zur Verfügung gestellt, so dass seitdem die zweite Beratungskraft auch über eine volle Stelle verfügt. Seit 2010 ist ein Schwerpunkt der Arbeit der Euskirchener Beratungsstelle die finanzielle Allgemeinbildung junger Verbraucherinnen und Verbraucher.
Im Wandel der Zeit
Monika Schiffer (rechts) und ihre Mitarbeiterin Kirsten Ahlers sind immer nah am Puls der Zeit: Hier informieren sie über nachhaltige Weihnachtsgeschenke.
Quelle: Verbraucherzentrale NRW
Mitte der 90er Jahre standen zunächst praktische Informationen rund um den privaten Haushalt im Mittelpunkt. Kaufberatung zu Haushaltsgeräten und Tipps zu Dienstleistungen waren ebenso gefragt wie die persönliche Rechts- und Versicherungsberatung. Später kamen Budgetberatung und Entschuldungshilfe hinzu. Sittenwidrige Kredite und das Recht auf ein Girokonto waren wichtige Themen. Die Jahresberichte der Beratungsstelle zeugen auch von Ratsuchenden, die Schadenersatz verlangten, weil ihr Reiseunternehmen während des Urlaubs Insolvenz anmeldete und eine europäische Pauschalreise-Richtlinie seitens Deutschland nicht rechtzeitig umgesetzt wurde.
„Dauerbrenner“ und neue Herausforderungen
Dass nicht jede angeblich „kostenlose“ Spiele-App auch wirklich kostenlos ist, führt immer wieder zu Ärger. Monika Schiffer berät auch zu den Tücken und Fallstricken rund um digitale Medien.
Quelle: Verbraucherzentrale NRW
Bei allen Anfragen wurden im Lauf der Jahre regelrechte „Dauerbrenner“ sichtbar, die – bei gleichzeitiger Liberalisierung unter anderem von Telekommunikations-, Energie- und Finanzdienstleistungen – bis heute bestehen: Überrumpelung am Telefon, an der Haustüre und im Geschäft sowie Beschwerden zu „Vertragsstörungen“, weil die vereinbarte Leistung nicht oder nur schlecht erbracht wurde. „Wir sind sehr froh, dass wir uns durch neue Vereinbarungen noch schlagkräftiger für die Interessen der Bürgerinnen und Bürger im Kreis Euskirchen einsetzen können“, dankt Monika Schiffer den politisch Verantwortlichen für die gesicherte Finanzierung.
Konsumieren will gelernt sein
Auch auf Stadtfesten wie hier in Euskirchen ist die Verbraucherzentrale regelmäßig vertreten und sorgt mit pfiffigen Methoden für Aufsehen.
Quelle: Verbraucherzentrale NRW
Ob Wissenswertes rund um die Smartphone-Nutzung oder das kleine Einmaleins bei Geldgeschäften: In separaten Veranstaltungen für Jugendliche und junge Erwachsene verschafft die Verbraucherzentrale Durchblick im Konsumalltag. Stark nachgefragt sind die Lerneinheiten zum Umgang mit Geld und der ersten eigenen Wohnung. Zudem wurden die Trainings zu internetfähigen Handys gern gebucht. Wie Verträge zustande kommen, wird in weiteren Veranstaltungen thematisiert. Die Verbraucherzentrale ist dazu mit den Veranstaltungen unterwegs im gesamten Kreisgebiet an Schulen, Berufskollegs, Jugendeinrichtungen und bei weiteren Kooperationspartnern. Ziel für den Kreis und die Verbraucherzentrale ist es, junge Menschen für den Verbraucher- und Konsumalltag zu wappnen und vor Verschuldungssituationen zu schützen.
Landrat Markus Ramers lobt gute Zusammenarbeit
Einmal im Jahr wird Bilanz gezogen. Landrat Markus Ramers und die Beratungsstellenleiterin Monika Schiffer präsentieren den Jahresbericht.
Quelle: Wolfgang Andres / Kreisverwaltung Euskirchen.
Landrat Markus Ramers hebt, wie auch sein Vorgänger Günter Rosenke, die besondere Bedeutung der Verbraucherzentrale für den Kreis Euskirchen hervor: „Sie ist eine wichtige Dienstleistungs- und Beratungsinstitution für die Bürgerinnen und Bürger unseres Kreises. Das Angebot ist aus unserer Mitte nicht mehr wegzudenken.“ Die Verbraucherzentrale leiste Vorbildliches gerade im Bereich Aufklärung und Vorbeugung, beispielsweise durch die Schuldenprävention für Jugendliche. „Handy- und Internetnutzung können schnell in eine Verschuldungsfalle führen. Auch im Hinblick auf den ersten eigenen Haushalt ist es wichtig, junge Leute für finanzielle Fragen zu sensibilisieren und sie zu schulen“, lobt Ramers die Angebote an Schulen, bei der Übergabe des Jahresberichtes. Die Finanzierung der Beratungsstelle wird schon lange nicht mehr in Frage gestellt.
Die Beratungsstelle ist seit vielen Jahren in der Stadt sehr gut vernetzt und pflegt vertrauensvolle Kooperationen mit Vereinen, Institutionen und Verbänden. Mit der Kreispolizei werde z.B. regelmäßig gemeinsame Aktionen durchgeführt. Gerade mit den Rechtsberatungen und Rechtsvertretungen stellt die Arbeit der Beratungsstelle ein sehr wirksames Instrument dar, die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher zu vertreten. Es gilt häufig, unberechtigte Inkassoforderungen abzuwehren oder auch Geldbeträge von Unternehmen zurückzufordern. Allein im Jahr 2020 verblieben den Verbrauchern dank erfolgreicher Rechtsvertretungen 140.027 €. Diese Mittel stehen – anstatt in dubiosen Kanälen zu verschwinden – den Kreisbürgerinnen und Kreisbürgern zur Verfügung und stärken somit auch die Kaufkraft vor Ort. Ein weiterer Vorteil für den Kreis.
Die vielen Erfolge und Rückmeldungen seit Bestehen sind für Monika Schiffer und das gesamte Team eine eindrucksvolle Anerkennung der bisherigen Arbeit – „und gleichzeitig Ansporn, unsere Angebote auch künftig an den aktuellen Problemlagen der Verbraucherhaushalte auszurichten.“ Ob Fallstricke beim Online-Shopping, der Datenhunger in sozialen Netzwerken, dubiose Maschen von Geldeintreibern oder Tricksereien – an Themen wird es dabei nicht mangeln.
Kurz nach der Unwetterkatastrophe im Juli hat das Land NRW die „Soforthilfe Unwetterkatastrophe“ eingeführt. Diese Hilfe sollte die ersten finanziellen Belastungen mildern, die durch die entstandenen Schäden verursacht wurden. Ausdrücklich formuliertes Ziel war dabei, "den betroffenen Privathaushalten die Möglichkeit zu geben, eine vorübergehende akute Notlage bei der Unterkunft oder in der Lebensführung finanziell zu bewältigen". |
Das führte allerdings für Betroffene, deren Konto gepfändet war, zu Problemen. Die Soforthilfe wurde zunächst per Überweisung gezahlt. Aufgrund der vorliegenden Pfändungen konnten die Banken die Gelder aber nicht auszahlen. Der Zweck der Hilfe, unbürokratisch und sofort zur Verfügung zu stehen, blieb den Betroffenen verwehrt, denn die Fluthilfe stellte keinen Zahlungseingang dar, der nach den gesetzlichen Vorgaben als Erhöhungsbetrag mittels einer P-Konto-Bescheinigung freigegeben werden kann. Die Freigabe des Betrages beim Amtsgericht musste beantragt werden.
Die Zahl der Betroffenen im Kreis Euskirchen war groß. Die Euskirchener Beratungsstelle setzte auch in Kooperation mit anderen Einrichtungen alle Hebel in Bewegung, diese Problematik zu lösen. Die Beratungsstelle konnte schon am Tag nach Bekanntwerden des Problems ein kostenloses Musterformular zur Beantragung beim Amtsgericht zur Verfügung stellen. Außerdem wurden viel Beratungen zu diesem Thema durchgeführt, da die Situation oft genau erläutert werden musste.
Monika Schiffer Quelle: Verbraucherzentrale NRW |
Wolfgang Andres Quelle: Kreis Euskirchen |