Erneuerbare Energien in den Städten und Gemeinden der StädteRegion Aachen ausbauen – Best Practice in der Klimakommune Simmerath

14. Juli 2023: Bernd Goffart, Bürgermeister, und Jessica Schmitz, Öffentlichkeitsarbeit, Gemeinde Simmerath

Bis 2030 sollen 75 Prozent des von den Haushalten in der StädteRegion Aachen verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energien kommen. Beispiel für die Entwicklung der Windenergie in der StädteRegion ist der Bürgerwindpark der Gemeinde Simmerath.

Ob Sonne oder Wind – um dieses Ziel zu erreichen, müssen alle verfügbaren Quellen optimal genutzt werden. Einen wichtigen Anstoß dazu hat der 2018 veröffentlichte regionale Energieplan gegeben, der Strategien und Ausbauoptionen zur Umsetzung der Energiewende in der StädteRegion Aachen aufgezeigt hat.

Die Städte und Gemeinden gestalten die Energiewende, die StädteRegion Aachen unterstützt sie dabei. Die Herausforderungen sind ohne Frage hoch: „Um die Energiewende zu meistern und die Klimaziele zu erreichen, müssen alle Kommunen eng zusammenarbeiten und das Maximum herausholen. Das unterstützt die StädteRegion, sowohl finanziell als auch mit Informationen und Netzwerken“, so die technische Dezernentin der StädteRegion Aachen, Susanne Lo Cicero-Marenberg.

Vertreterinnen und Vertreter der Kommunen erhalten bei gemeinsamen Veranstaltungen Informationen und haben die Möglichkeit zum Austausch. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn es planungsrechtliche Neuerungen gibt oder alle von den Erfahrungswerten erfolgreicher Projekte, zum Beispiel dem Bürgerwindpark in Simmerath im Fall der Gemeinde Simmerath, profitieren können. Die StädteRegion Aachen stellt den Städten und Gemeinden außerdem Fördermittel zur Verfügung, um vor Ort zu untersuchen, in welcher Form der Energiegewinnung für sie das größte Potenzial liegt.

Die Gemeinde Simmerath ist Beispiel für die Entwicklung in der StädteRegion. Dort werden 187% des eigenen Strombedarfs regenerativ produziert. „In Simmerath profitiert dabei jeder einzelne finanziell vom Windpark“, betont der Bürgermeister der Gemeinde, Bernd Goffart. „Unser Windpark im Simmerather Wald bei Lammersdorf ist ein ‚echter‘ Bürgerwindpark“.

Aber warum? Bürgerwindpark ist ein gängiger Begriff für Konzepte an denen nur einzelne Investoren beteiligt sind. Finanziell gut aufgestellte Einzelpersonen können in diese Parks Geld investieren und dann daran verdienen. Vom ‚echten‘ Bürgerwindpark in Simmerath profitiert hingegen jeder einzelne, der in Simmerath wohnt.


Von dieser Windkraftanlage in Simmerath profitiert jede Bürgerin und jeder Bürger der Gemeinde.
Quelle: Jessica Schmitz, Gemeinde Simmerath

Wie funktioniert das?
Die Gemeinde Simmerath verpachtet gemeindeeigene Flächen für diesen Windpark. Außerdem besteht eine Gewinnbeteiligung der Gemeinde an den Gewinnen des Windparks und die Gewerbesteuer muss in Simmerath bezahlt werden. Neben einer Einmalzahlung bei der Errichtung des Windparks erhält die Gemeinde 0,2 Cent pro produzierter Kilowattstunde Strom (Erneuerbare-Energien-Gesetz). „Die Millioneneinnahmen durch Windkraft, braucht die Gemeinde nicht mehr von den Bürgerinnen und Bürgern über Steuern einzunehmen um den Haushalt auszugleichen. Auch deshalb sind alle Steuern (Grundsteuer A und B, Gewerbesteuer und Hundesteuer die niedrigsten in unserer Region. Jede Bürgerin und jeder Bürger wird also direkt entlastet“, so Bürgermeister Goffart.
Anfang 2010 entstand die Idee zur Errichtung des Windparks im Simmerather Wald, da nach der Änderung des Winderlasses erstmals in NRW Windkraftanlagen im Wald errichtet werden durften. Dadurch wurden im Gemeindegebiet Flächen für Windkraft verfügbar, auf denen Wirtschaftswald steht. Das Konzept ist deshalb auf Kommunen übertragbar, die über eigene Flächen verfügen. 


Schematische Darstellung des Simmerather Modells zur Umsetzung der Windkraft
Quelle: Jessica Schmitz, Gemeinde Simmerath

Transparentes und lösungsorientiertes Arbeiten
Nennenswerten Widerstand gegen die Windkraftanlagen gab es zu keinem Zeitpunkt. „Wir versuchen die Bürgerinnen und Bürger bei den Entscheidungen mitzunehmen und transparent zu handeln, wir sind ehrlich in der Kommunikation, reden nichts schön und verheimlichen nichts, wir respektieren Bedenken und versuchen auf diese so gut wie möglich einzugehen“, so der Bürgermeister. In der Bevölkerung hat man verstanden, dass alle finanziell von den Einnahmen profitieren, die die Gemeinde durch die Windkraft generiert. Der Grundsteuerhebesatz ist dank der Windkraft nur halb so hoch, wie in einigen umliegenden Kommunen, ähnliches gilt für die Gewerbesteuer.

Guter Kompromiss mit dem Geologischen Dienst
Manche Herausforderungen sind auch in Simmerath aufgetreten, aber es wurde gemeinsam mit allen beteiligten Akteuren konsequent nach Lösungen gesucht. Als der Geologische Dienst Bedenken äußerte, dass eine Erdbebenmessstation durch die Windräder gestört werden könnte, hat man eine gemeinsame Lösung unter intensiver Beteiligung des Wirtschaftsministeriums gefunden. An anderer Stelle wurde eine neue, zusätzliche Messstation errichtet. „Das hat sich ausgezahlt“, erklärt Goffart. Dieses ‚Simmerather Modell‘ wird nun auch bei anderen Vorhaben im Land NRW angewandt, sodass Simmerath auch hier Vorreiter ist.

Windkraftbilanz der Gemeinde Simmerath
Auch abseits des Lammersdorfer Walds kann die Gemeinde eine gute Bilanz bei der Windkraft vorweisen: Insgesamt sind in Simmerath derzeit 22 Windräder am Netz, davon befinden sich sieben Anlagen im besagten Windpark im Simmerather Wald. Zwei Weitere sollen hier im Laufe des Jahres 2023 folgen und bis zu drei in den nächsten Jahren. Darüber hinaus sind acht zusätzliche Anlagen der neusten Generation an anderer Stelle in der Entwicklung. Die 187% des eigenen Strombedarfs, die die Gemeinde bei 15.841 Einwohnerinnen und Einwohnern und als großer Gewerbe- und Industriestandort aktuell schon regenerativ produziert, werden sich dadurch in den drei nächsten Jahren nochmals deutlich erhöhen auf voraussichtlich über 300%.

Bernd Goffart
Quelle: Gemeinde Simmerath
Jessica Schmitz