Digitalisierung als pädagogische Herausforderung - (k)eine kommunale Aufgabe?
Hilfe, wir werden digitalisiert! Wir alle haben erlebt, dass mit der Pandemie die – eigentlich allseits bekannten - Defizite im Bereich der Digitalisierung in Deutschland schmerzlich offenbar geworden sind. Die Anstrengungen, dies auszugleichen und aufzuholen, sind auf allen Ebenen in großer Intensität verfolgt worden. So auch im Kreis Düren mit den bekannten Schwierigkeiten im Hinblick auf den Mittelabruf und die konkrete Umsetzung. Trotz aller Schwierigkeiten sind die Schulen nach und nach mit digitalen Endgeräten ausgestattet, sogar der Glasfaserausbau ist voran geschritten.
Der Kreis Düren versteht sich nicht nur als Schulträger, sondern versucht mit den verschiedenen strategischen Aufgaben im Bildungsbereich, die das Land im Laufe der Jahre den Kreisen überantwortet hat, die staatlich-kommunale Verantwortungsgemeinschaft praktisch zu leben und die Bildungslandschaft im Kreis Düren aktiv mit zu gestalten.
Insbesondere die Zusammenarbeit mit der Unteren Schulaufsicht ist dabei von zentraler Bedeutung. Die Tatsache, dass die Schulaufsichtsbeamtinnen Tür an Tür mit dem Regionalen Bildungsbüro, dem Medienzentrum, der Kommunalen Koordinierung, dem Inklusionsbüro und in enger Nachbarschaft mit Kommunalem Integrationszentrum und Schulpsychologischem Dienst arbeiten können, hat sich schon häufig als großer strategischer Vorteil herausgestellt.
Diesmal also auch beim Thema "Digitalisierung". Denn schnell stellte sich heraus, dass der Fortbildungsbedarf der Lehrkräfte immens ist und die Strukturen auf Landesebene überhaupt nicht in der Lage sind, diesen Bedarf kurzfristig zu decken. Lehrerfortbildungen sind Aufgabe des Landes, der Kreis hat hierfür auch kein Budget, so dass auch keine Referentinnen und Referenten eingekauft werden konnten. Das hat den Kreis Düren aber nicht davon abgehalten, sich dieser Aufgabe zu stellen.
Aus der Not eine Tugend machen – das Regionale Bildungsnetzwerk
Kommunen und auch Kreise sind darin geübt, mit geringen Ressourcen bestmögliche Effekte zu erzielen. Deshalb lag der Gedanke nahe, die Ressourcen und Erfahrungen des Regionalen Bildungsbüros und das Schwarmwissen eines großen Netzwerks zu nutzen. Hier ist eine der großen Stärken, dass das RBB schulformübergreifend für den gesamten Kreis Düren tätig werden und auch die Schulaufsicht ihre Querschnittsfunktion wahrnehmen kann.
Vielfältige Aspekte der Digitalisierung.
Quelle: Kreis Düren
Schon vor der Pandemie hatte sich das Regionale Bildungsbüro mit dem Thema "Bildung in der digitalen Welt" befasst und dazu fachliche Austauschformate angeboten. Erste Kontakte waren geknüpft und erste Partnerinnen und Partner waren gewonnen. Darauf konnte aufgebaut werden.
Von den Stellen für Medienberater im Kompetenzteam brachten sich einzelne Lehrerinnen und Lehrer mit herausragendem Engagement und Fachwissen ein. So konnte in einem ersten intensiven gemeinsamen Prozess ein Konzept entwickelt werden, das auf den vorhandenen Ressourcen aufbaut. Bereits bei der Konzeptentwicklung arbeiteten Schulaufsicht, Medienberatung und Regionales Bildungsbüro eng zusammen, so dass alle Ebenen mit einbezogen und die jeweiligen Stärken genutzt werden konnten. Die Leitungsfunktion der Schulaufsicht, das Fachwissen des Medienberaters und die Fähigkeit zum Netzwerkmanagement des RBB trafen sich um einen (virtuellen) Tisch.
Damit waren die ersten Mitglieder für eine Steuergruppe bereits gesetzt. Hinzu gezogen wurden darüber hinaus Vertreterinnen und Vertreter unterschiedlicher Schulformen, die sich für das Thema Digitalisierung stark machen, so dass die Steuergruppe im Januar 2021 ihre Arbeit aufnehmen konnte.
Um eine erste Einschätzung zu bekommen, wie der Wissensstand und die Bedarfe sind, wurde ein Fragebogen von der Steuergruppe entwickelt und an alle Schulen verschickt. Mit dem Fragebogen wurden die Schulen auch ermutigt, eine Person zu benennen, die sich als feste Ansprechperson für Digitalisierung zur Verfügung stellt.
Immerhin 70% aller Schulen im Kreis Düren haben den Fragebogen ausgefüllt zurück geschickt. Damit war der Grundstock für ein bedarfsgerechtes Informationsangebot gelegt.
Eine Auftaktveranstaltung "Schul- und Unterrichtsentwicklung in einer digitalisierten Welt" im Oktober 2021 legte einen Schwerpunkt auf die individuelle Betrachtung der Bildungsbiographien von Schülerinnen und Schülern beim Einsatz von digitalen Medien. Selbstverständlich diente diese zentrale Veranstaltung auch dazu, die Vernetzung untereinander zu stärken und zu festigen und weitere Informationsbedarfe aufzugreifen.
Schwarmwissen als Ressource nutzen
Deutlich wurde in den Vernetzungsprozessen und in der Steuergruppe sehr schnell, dass die Wissensstände in den Kollegien und bei einzelnen Lehrerinnen und Lehrern extrem unterschiedlich sind. Sie reichen von hoch engagierten Expertinnen und Experten bis hin zu digitalen Anfängern, die vor der Pandemie noch nie digitale Formate angewendet haben, weder privat und schon gar nicht im Unterricht. Das heißt, die Herausforderung war und ist bis heute, den Wissensstand in den Kollegien sukzessive aneinander anzunähern. Und dabei die Ressourcen so effektiv wie möglich einzusetzen. Hierfür wurde eine digitale Plattform eingerichtet.
Logineo war hierfür nicht geeignet, so dass auf das von sehr vielen Schulen bereits genutzte System "Teams" zurück gegriffen wurde.
Die Plattforum "Netzwerk Digitalisierung an Schulen im Kreis Düren" wurde im Oktober 2021 eingerichtet und hat bis heute ca. 150 Mitglieder in 60 Schulen. Sie steht allen Lehrerinnen und Lehrern im Kreis Düren offen, mindestens aber die von den Schulen benannten Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für die Steuergruppe Digitalisierung.
Konkrete Bildungsangebote für die Schulen im Netzwerk
Die Plattform ermöglicht einen regelmäßigen Austausch und das gemeinsame Arbeiten an Materialien, Unterrichtsformaten und Angeboten. Das Bildungsbüro und die Steuergruppe fragen regelmäßig nach konkreten Bedarfen. Es finden sich dann immer Expertinnen und Experten im Netzwerk, die ihr Wissen teilen.
Zu einigen Themen wird kontinuierlich gemeinsam weiter gearbeitet, zum Beispiel Logineo anwenden, Medienkompetenzrahmen, Medieneinsatz in Willkommensklassen, etc.
Besonders beliebt sind die "Mediensnacks", kurze Informationsformate die von allen Teilnehmenden für andere zur Verfügung gestellt werden können. Diese "Snacks" finden ca. einmal im Monat statt und behandeln kurz praktische Umsetzungsfragen oder Unterrichtsformate. Zum Beispiel zu Themen wie Unterrichtsgestaltung mit iPads, Administration von iPads und alles, was an Fragen aktuell aufkommt.
Grund- und Förderschulen im Kreis Düren nutzen seit Anfang des Jahres diese Plattform auch um ihre Lehrpläne im Hinblick auf Medienkompetenz weiter zu entwickeln.
Es muss weiter gehen
Digitale Kompetenzen sind im 21. Jahrhundert essentielle Schlüsselkompetenzen um den Alltag zu bewältigen und Teilhabe an unserer Gesellschaft sicher zu stellen. Schulen haben die Aufgabe, unsere Kinder adäquat darauf vorzubereiten.
Bis alle Lehrerinnen und Lehrer an allen Schulen digitale Medien virtuos und selbstverständlich einsetzen und damit die Chancen für individualisierte und spannende Unterrichtsformate nutzen, ist es ein weiter Weg. Noch weiter scheint der Weg zu Schulen, die als gesamtes System ihre Schülerinnen und Schüler auf die digitale Welt angemessen vorbereiten.
Es bleibt zu hoffen, dass auf allen Ebenen die Weichen finanziell, strukturell und sozialpolitisch schnell und konsequent gestellt werden. Der Kreis Düren wird weiterhin seinen Beitrag dazu leisten, sowohl als Schulträger als auch als strategischer Partner in einer staatlich-kommunalen Verantwortungsgemeinschaft. Die Grundhaltung der Kreisverwaltung "Alle Kinder mitnehmen" ist Anspruch und Herausforderung, nicht nur im Hinblick auf Bildungsgerechtigkeit in dieser digitalen Welt.
Sybille Haußmann
Quelle: Kreis Düren