Die Afrikanische Schweinepest - so nah wie nie! - Anmerkungen zur Vorbereitung auf den Ernstfall

21. Februar 2018: Von Professor Dr. Wilfried Hopp, Ltd. Kreisveterinärdirektor, Kreis Soest

Die Bedrohung der hiesigen Wildschweine- und Hausschweinepopulation durch die Afrikanische Schweinepest (ASP) wird zunehmend größer und konkreter. Alle Kreise und Städte sind aufgerufen wirksame Maßnahmen zum Schutz vor der Einschleppung des Virus zu ergreifen und sich auf die im Ernstfall erforderliche Bekämpfung nach den Grundsätzen des Krisenmanagements vorzubereiten. Die Anwendung von Biosicherheitsmaßnahmen in der freien Natur und kluge Bekämpfungsmethoden im Freiland sind hier die besondere Herausforderung.

Die ASP weitet sich seit 2007 von Georgien ausgehend Richtung Norden in Osteuropa aus. Im Jahr 2014 erreichte das Virus den östlichen Teil der Europäischen Union mit den Ländern Estland, Lettland, Litauen und Polen. Neben den zahlreichen positiven Befunden bei Wildschweinen waren auch zunehmend Hausschweinebestände betroffen.

Im Juni 2017 wurden verendete, mit dem ASP-Virus infizierte Wildschweine an der Ostgrenze Tschechiens gefunden. Diese Region ist nur noch etwa 300 Kilometer von der deutschen Ostgrenze entfernt. Weitere, danach aufgetretene Fälle nördlich der polnischen Hauptstadt Warschau zeigen, dass der Erreger sich sprunghaft über viele Kilometer wahrscheinlich über infizierte Lebensmittel ausbreiten kann. Dieses deutliche Heranrücken des ASP-Virus an Deutschland führt zu großer Besorgnis bei Landwirten und Tierärzten. Es gilt nun mit hoher Aufmerksamkeit das Seuchengeschehen in Osteuropa zu beobachten und eine Einschleppung des Erregers nach Deutschland durch Biosicherheitsmaßnahmen zu vermeiden oder durch intensives Monitoring möglichst früh festzustellen. Nur dann kann es unter Anwendung strikter Bekämpfungsmaßnahmen, wie sie zurzeit in Tschechien durchgeführt werden, gelingen, das Seuchengeschehen möglichst früh einzugrenzen und zeitnah zu tilgen.

Die oft gehörte Aussage „ Die ASP kommt sowieso – es ist nur eine Frage der Zeit“ kann und darf nicht dazu führen, dass untätig abgewartet wird, bis der erste Seuchenfall, wahrscheinlich in der Wildschweinepopulation, festgestellt wird. Natürlich sind zunächst Bund und Länder aufgerufen, die rechtlichen Voraussetzungen für ein entsprechend restriktives operatives Eingreifen zu treffen, wie es zurzeit in Tschechien erfolgreich geschieht. Des Weiteren sind dazu umfangreiche und spezielle personelle und materielle Ressourcen zur Seuchenbekämpfung im Freiland nötig.

Darüber hinaus stellt sich aber für jedes Veterinäramt eines Kreises oder einer Stadt in NRW zurzeit die Frage, wie man sich auf einen Seuchenausbruch vorbereitet. Eine besondere Herausforderung besteht darin, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit zunächst das freilebende Schwarzwild Träger und Überträger dieses Seuchenerregers sein wird. Die z. Zt. auch in NRW sehr hohe Schwarzwildpopulation bietet dem Erreger eine Vielzahl potentiell empfänglicher Wirte. Im Kreis Soest wurde daher im vergangenen September als erste Maßnahme in Zusammenarbeit mit der Unteren Jagdbehörde und der Kreisjägerschaft eine verstärkte Schwarzwildbejagung angestoßen. Im Rahmen einer großen Informationsveranstaltung mit Unterstützung des Friedrich-Löffler-Institutes wurden Jäger und Landwirte gemeinsam auf die Gefahren der Afrikanischen Schweinepest und deren Folgen hingewiesen. Die gute und fortgesetzte Kommunikation mit der Kreisjägerschaft führte dazu, dass die Zahl der erlegten Wildschweine innerhalb kurzer Zeit sehr gesteigert werden konnte. Im Zeitraum September – Dezember 2017 wurden im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum doppelt so viele Wildschweine erlegt. Um entsprechende zusätzliche Anreize zu schaffen, wurde die Trichinengebühr für alle erlegten Wildschweine auf die Hälfte reduziert.
Als weitere unterstützende Maßnahme wurde Anfang 2018 in Zusammenarbeit mit den Jägern die Entsorgung der in hohem Umfang anfallenden Aufbrüche der erlegten Wildschweine nach tierkörperbeseitigungsrechtlichen Grundsätzen organisiert und finanziell unterstützt. Es kann nicht sein, dass die bei diesen hohen Abschusszahlen anfallenden Aufbrüche der Wildschweine im Wald verbleiben, wie es rechtlich zulässig wäre. Wenn zum Beispiel der Aufbruch eines noch nicht sichtbar klinisch kranken aber schon mit dem ASP-Virus infizierten Wildschweines im Wald entsorgt würde, wäre dies möglicherweise Ausgangspunkt für die Infektion weiterer Wildschweine.


Das Ergebnis einer revierübergreifenden Bewegungsjagd
Quelle: Peter Markett, Hamm

Nordrhein-Westfalen und besonders auch der Kreis Soest werden von zahlreichen Fahrzeugen aus Osteuropa, insbesondere auch aus Polen und Tschechien, durchquert oder als Ziel angefahren. Es ist damit zu rechnen, dass mit ASP-Virus behaftete, vom Tier stammende Lebensmittel mitgebracht und Reste davon auf Rastplätzen oder Autorasthöfen an den Fernstraßen über den Müll entsorgt werden. Die Infektionskette schließt sich, wenn Wildschweine Mülleimer und Rastplatzflächen nach Verzehrbarem durchsuchen. Es ist einerseits Sache des Landes, mit überregionalen Straßenbaulastträgern Kontakt aufzunehmen und zumindest für regelmäßige Sauberkeit und Überprüfung der Funktionsfähigkeit der Müllbehälter zu sorgen. Eine wildschweinsichere Einzäunung der Rastplätze wäre die beste Maßnahme, um den Kontakt zu infizierten Lebensmitteln zu verhindern. Eine Überprüfung der Autobahnrastplätze im Kreis Soest hat ergeben, dass auf vielen Rastplätzen Müll teilweise in erheblicher Menge lose herumliegt und eine sichere Einzäunung nur selten anzutreffen ist. Hier kann die Kontaktaufnahme zur zuständigen Autobahnmeisterei zumindest für eine konsequentere und regelmäßige Sauberhaltung der Rasthöfe sorgen. Es handelt sich hierbei um echte Biosicherheitsmaßnahmen, um den Kontakt zwischen ASP-Virus und Wildschweinen wirksam zu verhindern.

Auch die schweinehaltende Landwirtschaft muss gerade in dieser Zeit der drohenden Einschleppung des ASP-Virus konsequente Biosicherheitsmaßnahmen auf den Höfen ergreifen. Die gewissenhafte Einhaltung der Bedingungen der Schweinehaltungshygieneverordnung ist gerade jetzt unverzichtbar. Damit kann man den Eintrag dieses nicht sehr hoch ansteckenden Virus sicher verhindern. Wenn es doch zu einer Infektion im Hausschweinebestand kommen sollte, haben sicher grobe Verstöße gegen verpflichtende Biosicherheitsmaßnahmen vorgelegen.
In Zukunft muss eine noch konsequentere Einzäunung der Betriebe vorgenommen werden. Hier wäre es Aufgabe des Landes NRW, die Ausführungshinweise zur Schweinehaltungshygieneverordnung der aktuellen Seuchenlage verschärfend anzupassen.

Das Tierseuchenkrisenmanagement in den lokalen Krisenzentren der Kreise muss den besonderen Anforderungen einer Seuchenbekämpfung im Freiland angepasst werden. Dabei gilt es zum Beispiel in enger Abstimmung mit der Unteren Jagdbehörde deren digitale Revierkarten, auch mit den Angaben zum Jagdpächter für eine schnellere Kommunikation, in das Krisenverwaltungsprogramm des Tierseuchennachrichtensystems (TSN) zu integrieren, um entsprechende Restriktionsgebiete, wie gefährdeter Bezirk und Pufferzone besser zu planen und darzustellen. Darüber hinaus ist es möglich die Zahl der erlegten Wildschweine für mehrere Jagdjahre in den jeweiligen Revieren zu hinterlegen, um dann annähernd die Schwarzwilddichte im Kreisgebiet schätzen und farblich darstellen zu können.

Das Auftreten der Afrikanischen Schweinepest in der hiesigen Wildschweinepopulation mit der Gefahr des Übergreifens auf die Hausschweinepopulation wird ein anderes Krisenmanagement erforderlich machen als bisher gewohnt. Abgesehen von den fehlenden rechtlichen Voraussetzungen sind wir auch personell und materiell bisher nicht in der Lage, Bekämpfungsmaßnahmen durchzuführen wie sie zurzeit in Tschechien offensichtlich erfolgreich praktiziert werden.

 
Professor Dr. Wilfried Hopp
Quelle:Kreis Soest