Der schnelle und einfache Weg des Wissenstransfers beim Kreis Coesfeld

17. Januar 2024: Von Melanie Klostermann, Fachdienst Organisation und Digitalisierung, Kreis Coesfeld

Derzeit geht die Generation der Babyboomer nach und nach in Rente bzw. Pension. Mit ihnen verlässt ein umfangreiches Fach- sowie ein über Jahre hinweg gesammeltes Erfahrungswissen die Verwaltung. Um diesen Effekt abzumildern und die negativen Folgen zu minimieren, wurde beim Kreis Coesfeld ein Konzept entwickelt, mit dem der Wissenstransfer vom Vorgänger auf den Nachfolger schnell und einfach möglich ist.  

Der demographische Wandel ist längst auch in den Verwaltungen angekommen. Zahlreiche altersbedingte Austritte stehen dabei einem spürbaren Fachkräftemangel am Arbeitsmarkt gegenüber. Die Suche nach einer geeigneten Nachfolge ist schwierig und kann mitunter dauern. Die freiwerdenden Stellen können daher regelmäßig nicht nahtlos nachbesetzt werden, sondern bleiben zunächst unbesetzt. Ist die Stelle endlich wiederbesetzt, fällt viel zu spät auf, welch großer Wissens- und Erfahrungsschatz – möglicherweise ohne jegliche Dokumentation und Weitergabe – mit „in Rente“ gegangen ist.
Ein systematisches und aktives Wissensmanagement kann dem entgegenwirken und bringt wesentliche Vorteile für die Verwaltung und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zum Beispiel wird der Wissensverlust innerhalb der Verwaltung reduziert oder bestenfalls sogar ganz vermieden, der (Zeit-) Aufwand bei der Wissenssuche wird verringert, es werden weniger Fehler wegen fehlenden Wissens verursacht und die Einarbeitungszeiten werden verkürzt.
Doch wie lässt sich in Zeiten knapper Personalressourcen ein effektives Wissensmanagement kurzfristig implementieren?

Die Methode „Wissenslandkarte“

Die „Wissenslandkarte“ des Kreises Coesfeld
Quelle: Kreis Coesfeld

Der Kreis Coesfeld hat sich hierbei einer einfachen und im Wissensmanagement verbreiteten Methode bedient: der Wissenslandkarte. Hierbei handelt es sich um eine Mindmap, in der relevantes Wissen zu einer Stelle bzw. Person strukturiert und übersichtlich erfasst und festgehalten wird. Die Vorteile einer Mindmap liegen auf der Hand: Die Methode ist allseits bekannt, die Erstellung ist einfach und es werden schnell Ergebnisse erzielt.
Um sicherzustellen, dass alle relevanten Themenbereiche abgedeckt werden und ein einheitliches Layout innerhalb der Kreisverwaltung verwendet wird, wurde vom Fachdienst für Organisation und Digitalisierung eine Vorlage erstellt. Hierin sind bereits die zu füllenden Kategorien vorgegeben. Dazu gehören beispielsweise die Hauptaufgaben auf der Stelle, Fristen und Termine, Ansprechpartnerinnen und -partner bzw. Netzwerke oder „Aus dem Nähkästchen geplaudert“. Ergänzend wurde noch ein dazugehöriger Fragebogen entwickelt. Dieser soll klarstellen, was sich hinter den Kategorien genau verbirgt und die Vorbereitung und das Ausfüllen der Wissenslandkarte vereinfachen.

Ein zentrales und systematisches Wissensmanagement als Konzept
Für die Umsetzung der Idee wurde ein Konzept entwickelt. Hierbei wählte der Kreis Coesfeld den Weg eines zentralen und systematischen Wissensmanagements. Dadurch soll eine enge Verknüpfung zum ebenfalls zentral verankerten Prozessmanagement hergestellt werden. Beide Themenfelder sind auf einer Stelle und in einem Fachdienst angesiedelt.
Aufgrund der begrenzten Kapazitäten können jedoch nicht zentral gesteuert für alle Stellen Wissenslandkarten erstellt werden. Als priorisierte Zielgruppe wurden daher die in naher Zukunft altersbedingt ausscheiden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter definiert. Diese sollten entweder Schlüsselpositionen besetzen oder exklusive Wissensträgerinnen und Wissensträger sein. Beide Gruppen verfügen über einen großen Wissensschatz und Nischenwissen. Die einen insbesondere als Führungskraft, die anderen als Fachexpertinnen und Fachexperten.
Die Auswahl der Personen zur Erstellung der Wissenslandkarte erfolgte in Absprache mit den Dezernaten bzw. Fachabteilungen. Hierfür wurde eine Abfrage erstellt, wer in den kommenden drei Jahren altersbedingt ausscheiden wird und mit wem eine Wissenslandkarte erstellt werden soll. So entstand eine mittelfristige Planung, bei der ausreichend Vorlaufzeit vor dem eigentlichen Austritt berücksichtigt wird. Denn sofern die Stelle nicht nahtlos nachbesetzt werden kann, können auch abteilungsintern Vertreterinnen und Vertreter von der Wissenslandkarte profitieren und noch vor dem Austritt der Stelleninhaberin / des Stelleninhabers Unklarheiten aufdecken und ausräumen.

Parallel wurden alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über einen Artikel im Intranet über die Bedeutung von Wissensmanagement generell und das konkrete Vorgehen informiert.

Vorgehensweise zur Erstellung der Wissenslandkarte
Das eigentliche Ausfüllen der Wissenslandkarte ist mit der erstellten Vorlage einfach. Bereits bei der Terminvereinbarung wird der Fragebogen zur Vorbereitung mit versendet. In einem ca. zweistündigen offenen Gespräch wird die Wissenslandkarte gemeinsam ausgefüllt. Dabei werden auch direkt relevante Prozesse abgefragt. Werden Prozesse identifiziert, die noch modelliert werden sollen, kann direkt ein gesonderter Termin hierfür vereinbart werden.
Im Anschluss an das Gespräch besteht innerhalb von wenigen Wochen die Möglichkeit, nachträglich Ergänzungen und Änderungen vorzunehmen. Sobald die Wissenslandkarte endgültig fertig ist, wird diese an die Abteilungsleitung verschickt. Diese leitet den Wissenstransfer ein, indem sie diese an die Nachfolge und Vertreterinnen und Vertreter weitergibt. 

Fazit und Ausblick
Der Wissenstransfer mittels der Wissenslandkarte ist beim Kreis Coesfeld zunächst in einer Erprobungsphase getestet worden. Die Rückmeldungen daraus waren durchweg positiv. Mit einem vergleichsweise geringen Zeitaufwand ließen sich sehr gute Ergebnisse erzielen. Dabei ist jedoch auch klar, dass es sich um einen Überblick über die Stelle und das darauf erforderliche Wissen handelt – nicht mehr und nicht weniger. Tiefergehende Informationen müssen gegebenenfalls auf anderem Wege dokumentiert und weitergegeben werden.
Seit kurzem ist nun die strukturierte Vorgehensweise gestartet. Die Ausweitung auf weitere Anwendungsfälle ist ebenfalls bereits in Planung. Hierbei rücken das Ausscheiden aufgrund von arbeitnehmerseitiger Kündigung oder die Versetzung zu einem anderen Dienstherrn in den Fokus.
Darüber hinaus wurden die Vorlage der Wissenslandkarte sowie der Fragebogen im Wiki des Intranets hinterlegt. So bekommen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Möglichkeit, selbst eine Wissenslandkarte zu erstellen, und können dabei helfen, ihr Wissen bedarfsgerecht innerhalb der Verwaltung zugänglich zu machen. 


Melanie Klostermann
Quelle: Kreis Coesfeld