Demokratie leben, Demokratie fördern

24. Oktober 2024: Von Dr. Frank Oliver Klute, Projektverantwortlicher „Integration in Schule“ beim Kommunalen Integrationszentrum, und Ulrike Glathe, Fachbereichsleiterin Jugend und Familie, Kreis Lippe

Demokratie ist kein Selbstläufer. Sie muss erkämpft, mit Leben gefüllt und erneuert werden – und muss sich stetig neuen Herausforderungen stellen, wie auch aktuell in Deutschland, und damit auch in Lippe, zu sehen ist. Der Kreis Lippe setzt sich auf vielfältige Weise mit den Themen „Demokratieförderung“ und „Demokratiebildung“ auseinander und fängt dabei bei den Jüngsten an.

Seit Jahren geht der Kreis den Weg hin zu einer toleranten, vielfältigen Gesellschaft, die die demokratischen Prinzipien lebt. „Die Förderung der Demokratie fließt in viele Angebote des Kreises ein, um den aktuellen Herausforderungen des gesellschaftlichen Zusammenlebens zu begegnen und zu einer gelingenden Integration beizutragen“, unterstreicht Lippes Landrat Dr. Axel Lehmann.
Sowohl in der Aufnahmegesellschaft wie auch bei den Menschen, die neu nach Lippe kommen, zeigt das Kommunale Integrationszentrum (KI) des Kreises die Grundsätze der Toleranz und des Miteinanders, wie beispielsweise in Bürgerdialogen, interkulturellen Schulungen und mit dem Einsatz von Elternbegleitenden, auf. Für ein gelingendes Miteinander, so die Überzeugung im KI, ist das Zusammenspiel von Demokratieförderung und Antidiskriminierungsarbeit unabdingbar. Nur wenn sich alle Beteiligten als gleichberechtigt anerkennen, können demokratische Prozesse funktionieren.

Demokratiestärkung an den lippischen Schulen


Schule - Ein Ort der Mitbestimmung.
Quelle: Kreis Lippe

Ein Schwerpunkt dabei ist die Arbeit in den Schulen. Schon früh sollen die jungen Menschen ihre Mitgestaltungsmöglichkeiten in Gesellschaft und Politik sowie ihre Grundrechte kennen, damit sie ein selbstbestimmtes Leben in unserer Demokratie führen und sich für ihre Interessen einsetzen können. Als abgeordnete Lehrkraft gestaltet Dr. Frank Oliver Klute die KI-Angebote im Bereich der Demokratieförderung und Antidiskriminierungsarbeit. Die Projekte sind vielfältig: Erst kürzlich kamen rund 50 Kinder aus verschiedenen Grundschulen, die alle im Netzwerk „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ Mitglied sind, am „Ort der Kinderrechte“ (siehe unten) zum Vernetzungstreffen zusammen. Die Courageschulen sind in allen Schulformen und bundesweit vertreten und arbeiten engagiert gegen Rassismus und für Demokratie.
In der Jahrgangsstufe 13 lernen die Jugendlichen in einem Workshop das Grundgesetz tiefer kennen, und in der Arbeitsvorbereitung geht’s um Toleranz. Auch die Unterstützung der Schulen, eine Kreis-Schülervertretung (SV) zu gründen, zeigt die Bandbreite der demokratiefördernden Arbeit des KI Lippe: „Wenn die Schülerinnen und Schüler die Erfahrung machen, im Rahmen der SV-Arbeit mitgestalten, mitentscheiden und etwas bewirken zu können, ergibt sich daraus auch ein Interesse an demokratischen Prozessen in der Erwachsenenzeit“, ist sich Klute sicher. „Das Fundament zum politischen und gesellschaftlichen Engagement ist gelegt“.
Darüber hinaus zeigt das KI die Möglichkeiten der Mitbestimmung in den schulischen Gremien auch für die Erziehungsberechtigten auf. „Unabhängig von Pass und Aufenthaltsstatus können sich die Eltern einbringen, auch als Pflegschaftsvertretende in der Schulversammlung, dem höchsten entscheidenden Gremium einer jeden Schule“, erläutert Klute. Dies seien Möglichkeiten der direkten Mitbestimmung in einem Bereich, der unmittelbaren Einfluss auf das persönliche Leben habe.
Um auch und besonders die Lehrenden bei den Themen Demokratiestärkung und Präventionsarbeit ins Boot zu holen, hat sich in diesem Sommer das „Netzwerk Demokratiestärkung Lippe“ gebildet. Partner aus unterschiedlichen Fach- und Beratungsstellen kommen hier zusammen, um ihr Wissen und ihre Angebote für Fachkräfte in den Schulen leicht zugänglich zu machen. Maßgeblich beteiligt an dem Netzwerk sind das Präventionsprogramm „Wegweiser“ der AWO, die „Systemberatung Extremismusprävention“ der Regionalen Schulpsychologischen Beratung Lippe, die Regionalkoordination von „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, das Kommissariat Kriminalprävention/Opferschutz der Polizei sowie das Programm „Demokratie leben“ von der Jugendförderung des Kreises Lippe.
Im Rahmen des letztgenannten Programms werden insbesondere junge Menschen aus benachteiligten Lebenslagen, mit Migrationshintergrund und aus der LGBTQIA+ mit den Maßnahmen erreicht und beteiligt. Die Maßnahmen zur Förderung der Partizipation werden hauptsächlich von Jugendverbänden und Vereinen durchgeführt und haben für diese Zielgruppe einen hohen Mehrwert. „Somit ist es uns auch gelungen, Themen wie Migrationshintergründe, Vielfalt und Rechtsextremismus weiter aufzugreifen“, betont Ulrike Glathe, Fachbereichsleiterin Jugend und Familie beim Kreis Lippe. Bei „Demokratie leben“ geht es in den geförderten Projekten auch um Gleichwertigkeit, Rechtsstaatlichkeit, Pluralismus und den Schutz der Menschenrechte zu vermitteln. „Es hat sich gezeigt, dass es teilweise Deeskalationsmaßnahmen benötigt, um eine Demokratie fördernde Umgebung zu schaffen“, erklärt Glathe. Die Koordinierungs-und Fachstelle bei der Jugendförderung ist ein wichtiger Impulsgeber und Ansprechpartner bei der Projektbegleitung und -umsetzung. Das Projekt wird von Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. 
Gemeinsam mit Lehrkräften und Fachleuten aus der Schulsozialarbeit haben die Kommunalen Integrationszentren aus Lippe und Bielefeld den Leitfaden zur Antidiskriminierungsarbeit an Schulen „Handlungsstark bei Diskriminierungen“ entwickelt. Auch bei diesen Angeboten geht es darum, Lehrende ohne große Recherchearbeit bei den Herausforderungen im Bereich der Demokratieförderung und Antidiskriminierungsarbeit an Schulen zu unterstützen.
Eins ist Dr. Frank Oliver Klute und Ulrike Glathe besonders wichtig: „Zum ehrlichen Umgang mit der Demokratie gehört ebenso, Entscheidungen der Mehrheit zu respektieren. Auch wenn man sich mit viel Engagement für eine Entscheidung eingebracht hat, kann es sein, dass die Abstimmung dazu nicht so ausfällt wie gewünscht. Diese Enttäuschungen gilt es zu akzeptieren, auch das muss gelehrt, vorgelebt und gelernt werden.“

Demokratie von klein auf – Fachstelle setzt sich für die Rechte von Kindern und Jugendlichen ein
2021 hat der Kreis Lippe die Fachstelle Kinderrechte eingerichtet mit dem Ziel, die Kinderrechte in Lippe konsequent umzusetzen und zu stärken. Als ein wichtiger Baustein im Kinderschutz bietet die Fachstelle Informations-, Beratungs-, Präventions- und Beteiligungsangebote für und mit Kindern und Jugendlichen aus dem gesamten Kreisgebiet an. Sie informiert generationenübergreifend über die Kinderrechte. Denn nur wer die eigenen Rechte und die Rechte anderer kennt, kann diese auch einfordern. Orientiert an den Interessen und Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen setzt sich die Fachstelle für die Förderung einer kinderrechtsorientierten Haltung bei allen Akteuren auf kommunaler und gesellschaftlicher Ebene ein. Die Ziele der UN-Kinderrechtskonvention werden bekannter und entsprechende Maßnahmen in den verschiedenen Arbeitsfeldern umgesetzt. Die Fachstelle berät und begleitet Institutionen aus Lippe bei der Umsetzung der Beteiligungs-, Förder- und Schutzrechte.

Ort der Kinderrechte


Klein und Groß nutzen mit viel Spaß das Spielangebot am Ort der Kinderrechte.
Quelle: Kreis Lippe

Ein Projekt mit Vorzeigecharakter ist der Ort der Kinderrechte, ein Erlebnis-Parcours im lippischen Blomberg. Hier können große und kleine Leute an sieben Stationen auf spielerische Weise die wichtigsten Kinderrechte kennenlernen und ihr Wissen hierüber erweitern.
„Kinder haben Rechte! Sie sollen in Sicherheit, in Freiheit und in Gerechtigkeit aufwachsen können. Ganz egal, woher sie stammen und wo sie leben“, betont Landrat Dr. Lehmann. „Sie brauchen unseren Schutz vor Gewalt, sie brauchen die Möglichkeit, ihre schulischen Ziele zu erreichen, und sie müssen bei allen Dingen mitreden können, die für sie wichtig sind. Nur, wenn uns das gelingt, werden Kinder zu gemeinschaftsfähigen, eigenverantwortlichen Erwachsenen. Damit die Rechte von Kindern und Jugendlichen eingehalten werden, müssen wir Erwachsene dafür sorgen, dass Kinderrechte umgesetzt werden und diese einen viel größeren Raum in der Öffentlichkeit bekommen. Denn viele Kinder wissen überhaupt nicht, welche Rechte sie haben. Mit dem ‚Ort der Kinderrechte‘ hat der Kreis einen Ort geschaffen, der genau hier ansetzt und einmalig in NRW ist“, unterstreicht er.
Das große und wie ein riesiger Spielplatz angelegte Areal ist frei zugänglich und kann jederzeit besucht werden. Als Symbol für den „Ort der Kinderrechte“ wurde der Löwe gewählt. Als großes Spielgerüst, Sitzbank, Bild oder Figur ist der „König der Tiere“ in den unterschiedlichsten Formen auf dem ganzen Gelände zu finden.
Jede Station bildet ein Kinderrecht ab: das Recht auf einen eigenen Namen, das Recht auf Schutz vor Gewalt, das Recht auf Spiel und Freizeit, das Recht auf gesundes Aufwachsen und das Recht auf freie Meinungsäußerung. An jeder Station steht eine Steele mit QR-Code, über den man auf die begleitende Internetseite gelangt. Neben weiteren barrierefreien Informationen zu den Kinderrechten und Anregungen für Schulen und Kindergärten, bekommen Kinder und Jugendliche dort auch Informationen über Hilfsangebote, wenn ihre Rechte nicht eingehalten werden.

Ulrike Glathe
Quelle: Kreis Lippe
Dr. Frank Kluthe