Das LVR-Haus in Köln Deutz - Planung eines nachhaltigen und zukunftsorientierten Verwaltungsgebäudes
Für den Neubau des LVR-Hauses in Köln Deutz strebt der LVR erstmalig eine Gebäudezertifizierung nach den Kriterien der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen an. Ein wesentlicher Aspekt des Entwurfs für das Hochhaus vom Aachener Büro kadawittfeldarchitektur ist das zukunftsorientierte Nachhaltigkeitskonzept.
Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) arbeitet als Kommunalverband mit rund 20.000 Beschäftigten für die 9,7 Millionen Menschen im Rheinland. Als größter Leistungsträger für Menschen mit Behinderungen in Deutschland erfüllt er rheinlandweit Aufgaben in der Behinderten- und Jugendhilfe, in Psychiatrie und Kultur. Eine besondere Herausforderung für den LVR ist es, sein umfangreiches und z.T. denkmalgeschütztes Immobilienportfolio bestehend aus parkartigen Klinikgeländen, Förderschulen, (Freilicht-) Museen, Verwaltungsgebäuden etc. nachhaltig zu steuern.
Ökologisches Bauen hat beim LVR bereits eine lange Tradition
Bereits 1986 wurden die ersten selbstverordneten Standards zum ökologischen und wirtschaftlichen Bauen verpflichtend für alle Baumaßnahmen des LVR eingeführt und seitdem laufend aktualisiert.
Im Jahr 1995 hat sich der LVR zum Ziel gesetzt, die Dächer bei Neu- und Sanierungsmaßnahmen zu begrünen. Inzwischen wurden bereits gut 42.000 m² extensiv begrünt. Für sein vorbildliches Engagement wurde der LVR beim Wettbewerb Klimaaktive Kommune 2017 des Bundesumweltministeriums und des Deutschen Institutes für Urbanistik ausgezeichnet.
Zur weiteren Verankerung der Nachhaltigkeit im Baubereich beschloss die Landschaftsversammlung 2008 u.a. die Umsetzung des Passivhausstandards für alle Neubauten, die ausschließliche Beschaffung von zertifiziertem Öko-Strom und den verbindlichen Einsatz von thermischen Solar- oder von Photovoltaikanlagen bei Neubauten und Dachsanierungen wo immer möglich. Der Einsatz von Geothermie sowohl bei Neubauten als auch bei Gebäudesanierungen wird bereits seit vielen Jahren forciert. Eine Stelle „Nachhaltiges Bauen“ wurde erstmal eingerichtet und seit 2010 ist der LVR Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB). Im Dezember 2019 wurde zudem der politische Beschluss gefasst, dass bei allen Baumaßnahmen des LVR geprüft werden soll, wie die Cradle to Cradle Prinzipien umgesetzt werden können.
Neubau LVR-Haus am Ottoplatz
Erstmals angestrebt wird eine Gebäudezertifizierung nach den Nachhaltigkeitsstandards der DGNB für den Neubau eines Verwaltungsgebäudes der Zentralverwaltung des LVR am Ottoplatz in Köln-Deutz.
Aus einem Architektenwettbewerb mit 24 Teilnehmenden ging der Konzeptentwurf des Aachener Büros kadawittfeldarchitektur als Sieger hervor. Neben der Optimierung der betrieblichen Abläufe und einer wirtschaftlichen, nachhaltigen Raumausnutzung und Planung, ist die Förderung der internen Kommunikationsstrukturen ein wichtiges Ziel des Entwurfs.
Auf einer Grundstücksfläche von 7.357 Quadratmeter lässt der LVR einen Neubau als Ersatz für sein LVR-Haus am Ottoplatz 2 in Köln-Deutz errichten. Das 17-geschossige Hochhaus wird an der höchsten Stelle 69,5 Meter erreichen. 22.055 Quadratmeter Nutzfläche werden oberirdisch und 4.254 Quadratmeter unterirdisch geschaffen.
Visualisierung Neubau LVR-Haus Außenansicht.
Quelle: kadawittfeldarchitektur
Das Neubauvorhaben entsteht an der Stelle des heutigen „LVR-Hauses“. Das Bestandgebäude an dieser Stelle soll ersetzt werden, da es heutigen Standards z. B. an Brandschutz sowie Barrierefreiheit nicht gerecht wird und in großen Teilen sanierungsbedürftig ist, was wirtschaftlich jedoch nicht darstellbar wäre. Zudem strebt der LVR mit dem Neubau die räumliche Zusammenführung seiner Dezernate innerhalb der LVR-Zentralverwaltung an, welche derzeit verteilt über den Stadtteil Deutz in angemieteten Gebäuden untergebracht sind. Neben dem Ziel einer Zertifizierung des Neubaus nach den Kriterien der DGNB berücksichtigt der LVR als einer der Ersten, auch die DGNB Kriterien beim Rückbau des Bestandsgebäudes und nimmt an der Erstanwendungsphase des DGNB Rückbauzertifikats teil.
Ein wesentlicher Aspekt des Entwurfes ist das Nachhaltigkeitskonzept. Angestrebt wird, das Gebäude hinsichtlich der Nachhaltigkeit nach dem „Platin-Status“ der DGNB zertifizieren zu lassen. Das erste Etappenziel mit einem Vorzertifikat in der höchsten Auszeichnungsstufe „Platin“ wurde bereits erreicht. Darüber hinaus werden Materialien und Bauweisen hinsichtlich ihres Lebenszyklus untersucht und wo möglich und wirtschaftlich vertretbar, nach den Kriterien des zirkulären Bauens eingesetzt.
Die Fassade wird mit einer hochwertig isolierenden Dreifachverglasung zur Minimierung der Wärmeverluste ausgeführt. Als Verkleidungsmaterial ist die Fassadenstruktur mit keramischen Lisenen aus natürlichen Baustoffen geplant. Die Dachflächen der Mantelbebauung werden dabei vollflächig als Dachgärten zur Nutzung ausgebaut. Eine intensive Begrünung, befestigte Wege und diverse Nutzungsangebote gliedern die Dächer und verleihen dem Neubau eine ökologische Wahrnehmung, und das Gebäude leistet einen Beitrag zur Feinstaubreduktion und der Artenvielfalt in Köln-Deutz. In dieser Konsequenz werden auch der Vorplatz und Innenhof mit ihrer natürlich wirkenden Begrünung als Außenraum mit Aufenthaltsqualität in das Projekt einbezogen.
Visualisierung Neubau LVR-Haus Innenansicht.
Quelle: kadawittfeldarchitektur
Das Innenleben des geplanten Neubaus zeichnet sich durch eine durchdachte Gebäudedigitalisierung und ein aktivitätsbasiertes Raumkonzept aus.
Ein weiterer, wichtiger Baustein ist das Energiekonzept des Neubaus.
Um ein hohes Behaglichkeitsgefühl zu erhalten, wurde ein Raumklimakonzept entwickelt, mit welchem der effiziente Energieeinsatz gestaltet werden kann. So ist ein hoher Glasanteil vorhanden, um den Tageslichtanteil zu erhöhen. Die künstliche Beleuchtung wird mit LED-Beleuchtungstechnik umgesetzt. Bewegliche Verschattungselemente dienen dazu, das Aufheizen der Räumlichkeiten bei Sonneneinstrahlung gering zu halten. Über die flächendeckend installierten Heizkühldeckenelemente werden die hohen Anforderungen an die thermische Behaglichkeit erfüllt. Zur Minimierung der Wärme- und Kälteverluste wurden flächendeckend maschinelle Lüftungs- und Klimaanlagen vorgesehen.
Im Bereich der regenerativen Stromerzeugung wird auf dem Dach des Neubaus eine Photovoltaik-Anlage installiert.
Die Bereitstellung der elektrischen Energie wird mit modernster Schaltanlagentechnik ausgeführt, was Übertragungsverluste reduziert. Diese ist so geplant, dass der Ausbau der E-Mobilität in die vorhandene Tiefgarage auf bis zu 100 Ladepunkte in mehreren Teilprojekten in Abhängigkeit der Entwicklung der E-Mobilität in der LVR-Flotte sowie der Bedarfsnachfrage von Mitarbeitenden erfolgen kann.
Unter Berücksichtigung des gewählten Raumklimakonzepts wurde der Energiebedarf für den Neubau auf Basis von Kennwerten sowie den detaillierten Ergebnissen aus der thermischen Gebäudesimulation ermittelt.
Als Ergebnis der Simulationsberechnung wurde ein Energiekonzept mit den Energieerzeugern Fernwärme, Kompressionskälte, Wärmepumpe und Grundwassernutzung mit Rheineinleitung gewählt. Dabei wird das zu Heizzwecken (Wärmepumpenbetrieb und Fernwärmebetrieb) und Kühlzwecken (vorrangig über direkte Grundwassernutzung zur freien Kühlung über die Kühldecken) geförderte Grundwasser nach thermischer Nutzung in den Rhein abgeleitet.
Visualisierung Neubau LVR-Haus Dachplanung.
Copyright: greenbox architekten
Es ist geplant, einen Teil des genutzten Grundwassers nicht in den Rhein einzuleiten, sondern für die Bewässerung der Grünflächen und die KfZ-Wäsche von Dienstfahrzeugen zu nutzen, sodass dafür kein Frischwasser verbraucht und keine Regenwasserbevorratungen erforderlich werden.
Fontus – zukunftssichere Kälteversorgung
Für die Grundwassernutzung wird das neue Verwaltungsgebäude in das bereits bestehende Konzept für eine zukunftssichere Kälteversorgung der Gebäude der LVR-Zentralverwaltung integriert. Der LVR entwickelte für die insgesamt drei Gebäude der Zentralverwaltung in Köln das Konzept zur Nutzung von Grundwasserkälte als Ersatz für die herkömmliche Kälteerzeugung.
Da die Gebäude in direkter Rheinnähe liegen, bietet sich das thermische Potential von Grundwasser als Energiequelle in ökologischer und ökonomischer Hinsicht an. Die Gebäude Horion-Haus und Landeshaus wurden an einen Förderbrunnen (Saugbrunnen), welcher in der Grünfläche vor dem Landeshaus erstellt wurde, angeschlossen. Das geförderte Grundwasser wird auf der Primärseite (Erzeuger) über Wärmetauscher geleitet, die dem erwärmten Kältemedium im Sekundärkreislauf (Verbraucher) die Wärme entziehen und anschließend zur Raumkühlung wieder genutzt wird. Eine "Verunreinigung" des Grundwassers ist durch die Trennung beider Kreisläufe mittels Wärmetauscher ausgeschlossen. Das erwärmte Grundwasser wird anschließend direkt in den Rhein eingeleitet.
Linda Vogel Quelle: Landschaftsverband Rheinland |
Detlef Althoff |