Das Landesarchiv Nordrhein – Westfalen

19. März 2019: von Dr. Kathrin Pilger, Fachbereich Grundsätze, Landesarchiv Nordrhein Westfalen

Das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen ist das „Gedächtnis“ des Landes und steht allen Bürgerinnen und Bürgern offen. Das Landesarchiv übernimmt, verwahrt, ergänzt und erhält Unterlagen zur Geschichte des Landes und seiner Funktionsvorgänger, erschließt diese Bestände und macht sie einer breiten Öffentlichkeit zugänglich.

Das Landesarchiv hat seine Wurzeln in den um 1830 gegründeten preußischen Staatsarchiven sowie im noch weiter zurückreichenden lippischen Landesarchiv. Es entstand 2004 aus dem Zusammenschluss der vier bisherigen Staats- und Personenstandsarchive – dem Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, dem Staatsarchiv Münster, dem Staats- und Personenstandsarchiv Detmold und dem Personenstandsarchiv Brühl. Seit 2008 umfasst das Landesarchiv folgende Organisationseinheiten: 1) drei regionale Fachabteilungen (Rheinland, Westfalen, Ostwestfalen-Lippe). Als unmittelbare Ansprechpartner in der Region erbringen sie Dienstleistungen für Benutzer(innen) und Behörden, 2) den Fachbereich Grundsätze: Er ist für Konzept- und Strategieentwicklung, Öffentlichkeitsarbeit und Bestandserhaltung (einschließlich Schutz- und Sicherungsverfilmung/Digitalisierung) zuständig, 3)  die Abteilung Zentrale Dienste, die Aufgaben in den Bereichen Personal, Haushalt, Organisation und IT wahrnimmt.

Das Landesarchiv ist auf drei Städte – Duisburg, Münster und Detmold – und mehrere Gebäude verteilt. Der Sitz des Landesarchivs mit dem Präsidenten ist Duisburg.


Sitz des Landearchivs in Duisburg
Quelle: kundn.de

Am Standort Detmold gibt es eine organisatorische Besonderheit: Das Archiv des Kreises Lippe und das Stadtarchiv Detmold sind ebenfalls in den Räumlichkeiten der Abteilung Ostwestfalen-Lippe des Landesarchivs NRW untergebracht. Der Lesesaal wird gemeinsam genutzt. So können die Bestände des Stadtarchivs und des Kreisarchivs während der Öffnungszeiten des Landesarchivs NRW, Abteilung OWL, eingesehen werden. Diese Form der Kooperation zwischen Landes- und Kommunalarchiven ist in Nordrhein-Westfalen einzigartig.

Aufgaben
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen beraten staatliche Behörden, Gerichte und Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen bei der Verwaltung und Sicherung ihrer Unterlagen. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei dem Ausbau elektronischer Arbeitsverfahren und Informationssysteme. Im Landesarchiv wird entschieden, was aus der großen Menge der dort anfallenden Unterlagen als Archivgut dauerhaft erhalten bleibt; nur diese Unterlagen werden ins Archiv übernommen. Auch werden Unterlagen nichtstaatlicher Einrichtungen, z. B. von Parteien, Verbänden und Privatpersonen zur Ergänzung der staatlichen Überlieferung übernommen. Eine wichtige Aufgabe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landesarchivs besteht in der Erschließung der übernommenen Unterlagen, um komfortable und inhaltlich aussagekräftige Zugangsmöglichkeiten zum Archivgut zu schaffen. In den Werkstätten des Landesarchivs werden geschädigte Archivalien restauriert und konservatorisch behandelt; für die Benutzung und den Kulturgutschutz werden Sicherungsformen (Digitalisate/Mikrofilme) erstellt. Das Archivgut lagert im Landesarchiv in den Magazinen unter geeigneten klimatischen Bedingungen, damit es unbeschadet die nächsten Jahrhunderte überdauern kann. Erschlossenes und konservatorisch behandeltes Archivgut wird zur Benutzung bereitgestellt; die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den regionalen Abteilungen des Landesarchivs beraten bei Recherchen.


Beratung zur Familienforschung am Standort Detmold
Quelle: Jochen Tack

Schließlich werden die im Archiv verwahrten Bestände durch Publikationen, Archivführungen, Ausstellungen und Vorträge einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das Landesarchiv nimmt außerdem Aufgaben im Rahmen der archivischen Aus- und Fortbildung wahr, im Land Nordrhein-Westfalen, aber auch darüber hinaus z. B. an der Archivschule Marburg. Die Facharchivarinnen und -archivare des Landesarchivs beteiligen sich zudem an der nationalen und internationalen archivfachlichen Diskussion.

Bestände
Die Überlieferung des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen geht in Einzelstücken auf das 7. Jahrhundert zurück und reicht bis in die unmittelbare Gegenwart hinein. Die Bandbreite der Unterlagen ist dementsprechend groß: Neben Urkunden, Akten, Amtsbüchern und Karten füllen zunehmend auch Fotos, Filme, Tondokumente und elektronische Datenträger die Magazine.


Filmarchivierung im 1-Grad-Magazin in Duisburg
Quelle: Jochen Tack

Insgesamt erstrecken sich die Bestände des Landesarchivs aktuell auf über ca. 175 Regalkilometer.

Zwischen dem Landkreistag NRW und dem Hauptstaatsarchiv wurde am 4.12.1972 ein Despositalvertrag abgeschlossen, der regelt, dass das Hauptstaatsarchiv die Altakten sowie veraltete Literatur als Leihgabe unter Wahrung des Eigentumsrechts und des damit einhergehenden jederzeitigen Rückforderungsrechts übernimmt. Das Hauptstaatsarchiv ordnet und verzeichnet die Archivalien und bewahrt diese unentgeltlich auf.

Benutzung
Grundsätzlich kann jeder nach den Regelungen des nordrhein-westfälischen Archivgesetzes die Archivalien des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen benutzen. Allerdings gibt es gesetzlich geregelte Sperrfristen, insbesondere um die Rechte von Personen zu schützen. Für wissenschaftliche Zwecke können die meisten dieser Fristen auf Antrag verkürzt werden. Es gibt die Möglichkeit, im Internet unter www.lav.nrw.de  oder unter www.archive.nrw.de  in den Beständeübersichten, in den Katalogen der Dienstbibliotheken und zunehmend auch in den Findmitteln des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen zu recherchieren. Die Archivalien und Bestände der Dienstbibliotheken können in den Lesesälen eingesehen werden. Von vielen Unterlagen stehen Mikrofilme bzw. Mikrofiches und Digitalisate zur Verfügung, die eine schonende Benutzung ermöglichen. Archivarinnen und Archivare beantworten die eingehenden schriftlichen Anfragen und beraten die Nutzerinnen und Nutzer bei ihren Recherchen vor Ort.

Digitale Nutzung und digitale Unterlagen
V.E.R.A., das „Verwaltungs-, Erschließungs- und Recherchesystem für Archive“, unterstützt nicht nur alle archivischen Arbeitsabläufe, sondern bietet den Nutzerinnen und Nutzern in den Lesesälen des Landesarchivs komfortable Recherche- und Bestellmöglichkeiten.
Außerhalb der Lesesäle steht allen Interessierten das Internetportal www.archive.nrw.de  zur Verfügung, dessen Relaunch zurzeit vorbereitet wird. Hier sind nicht nur Informationen über das Landesarchiv und seine Abteilungen zu finden, sondern insgesamt zu 480 Staats-, Kommunal-, Kirchen-, Wirtschafts-, Firmen- und Hochschularchiven in Nordrhein-Westfalen. Jedes Archiv ist mit einer eigenen Homepage im Portal vertreten. Zu finden sind neben Adressen, Öffnungszeiten und Serviceleistungen die Beständeübersichten sowie auch Findmittel und teilweise auch Digitalisate aus den beteiligten Archiven.

E-Government als Herausforderung
Durch den zunehmenden Einsatz elektronisch gestützter oder gesteuerter Verfahren entstehen auch in der öffentlichen Verwaltung immer mehr elektronische Unterlagen. Das Landesarchiv NRW berät die Behörden bei der Einführung elektronischer Systeme und entwickelt fachliche und technische Strategien, um die entstehenden Unterlagen – elektronische Akten, Fachverfahren usw. – in archivfähige Formate zu überführen. Dabei stimmt es sich mit anderen Archiven über fachliche Grundsätze und Standards der elektronischen Langzeitarchivierung ab. Das Landesarchiv beteiligt sich am Projekt „Digitales Archiv NRW“, das innerhalb des Landes kulturspartenübergreifend Lösungen für die langfristige Sicherung elektronischer Daten erarbeitet.

Öffentlichkeitsarbeit
Für interessierte Gruppen bieten die Abteilungen des Landesarchivs mit Führungen und regelmäßigen Tagen der offenen Tür die Möglichkeit, einen „Blick hinter die Kulissen“ zu werfen. Die Archivarinnen und Archivare des Landesarchivs greifen darüber hinaus in Ausstellungen und Vorträgen Themen der nordrhein-westfälischen Geschichte und des Kulturgutschutzes auf. Für Schülerinnen und Schüler, Studentinnen und Studenten sowie für Lehrkräfte bietet das Landesarchiv archivpädagogische Seminare und Übungen an, die an historische Fragestellungen und die Arbeit mit Originalquellen heranführen.


Führung von Studentinnen und Studenten im Magazin der Abteilung Westfalen
Quelle: Jochen Tack

Regelmäßig betreuen die Archivpädagogen des Landesarchivs Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten. Mit einer eigenen Publikationsreihe beteiligt sich das Landesarchiv an der archivfachlichen Diskussion und an der Erforschung der Landesgeschichte.


Dr. Kathrin Pilger
Quelle: Jochen Tack