Das Gewässerentwicklungsprojekt im Kreis Höxter verknüpft erfolgreich Rena-turierung und Beschäftigung
Das Gewässerentwicklungsprojekt im Kreis Höxter verzahnt erfolgreich die Umsetzung der Ziele der EG-Wasserrahmenrichtlinie und die Verbesserung beruflicher Perspektiven von Langzeitarbeitslosen. Sie führen bei der Renaturierung von Fließgewässern garten- und landschaftsbautypische Arbeiten aus und erwerben somit vielfältige Qualifikationen. Der Erfolg zeigt sich in Zahlen: Bis heute wurden bereits 270 Maßnahmen zur Gewässerrenaturierung umgesetzt und mehr als 50 Teilnehmende in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt. Der Kreis Höxter, die zehn Städte und das Jobcenter im Kreis Höxter arbeiten in dem vom Land geförderten Kooperationsprojekt eng zusammen.
Auf Initiative des Kreises Höxter wurde bereits 2008 gemeinsam mit den zehn kreisangehörigen Städten, die für die Gewässerunterhaltung zuständig sind, und dem Jobcenter im Kreis Höxter das Gewässerentwicklungs- und Beschäftigungsprojekt ins Leben gerufen. Neben dem Ziel der naturnahen Entwicklung von Fließgewässern im Sinne der Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie bietet das Projekt kontinuierlich bis zu zwölf Langzeitarbeitslosen die Möglichkeit, im Rahmen einer sogenannten Arbeitsgelegenheit (AGH) Kenntnisse im Garten-, Landschafts- und Wasserbau zu erwerben und so die Chancen für einen Wiedereinstieg in den ersten Arbeitsmarkt zu verbessern. Seitdem wurden rund 190 Teilnehmende im Projekt qualifiziert. Davon wurden mehr als 50 Teilnehmende erfolgreich in feste Arbeitsverhältnisse vermittelt.
Ein grundlegendes Ziel der EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) ist es, europaweit einen guten ökologischen Zustand der Oberflächengewässer zu erreichen. Entscheidend für die Bewertung des ökologischen Zustandes ist die Gewässerstruktur, die im Projektrahmen von den Teilnehmenden deutlich aufgewertet wird. Die drei Hauptaufgaben werden im Folgenden vorgestellt.
Typisches Bild an Ufern: Verbau aus Beton- und Natursteinen an der Nethe bei Willebadessen
Quelle: Kreis Höxter/Christian Schröer
Beseitigung von Uferbefestigungen
Eine der Hauptaufgaben ist es, mitunter auch illegal angebrachte Uferbefestigungen aus Steinen und Bauschutt zu entfernen und fachgerecht zu entsorgen. An der Nethe wurden zum Beispiel rund 21 Tonnen Bauschutt an einem rund 100 Meter langen Gewässerabschnitt bei Willebadessen entfernt. Solche Mengen sind an vielen Gewässerabschnitten zu finden. Falls auch Natursteine verbaut wurden, werden sie, wenn das Gewässer es zulässt und der Abfluss nicht beeinträchtigt wird, als sogenannte Störelemente in die Gewässersohle eingebracht. Das ermöglicht dem Bach eine eigendynamische Entwicklung. Es können Uferabbrüche entstehen, die als Lebensraum diverser Tierarten, darunter auch des hier vorkommenden Eisvogels, dienen. Durch Unterspülungen von Ufergehölzen entstehen wertvolle Habitate und Versteckmöglichkeiten für Fische und langfristig auch wertvolle Totholzstrukturen, wenn die Gehölze fallen. Mögliche Folgen wie Aufstau und Überflutung anliegender Flächen sind dabei zu beachten. Deshalb sind solche Maßnahmen zumeist nur im Umfeld von unbebauten Grundstücken möglich.
Sohlabsturz an der Ohme bei Warburg vor der Maßnahmenumsetzung.
Quelle: Kreis Höxter/Christian Schröer
Herstellung der Durchgängigkeit
Insbesondere hinter Fundamenten von Brückenbauwerken bilden sich häufig kleinere Abstürze und Auskolkungen im Gewässer, die von Fischen und anderen Wasserlebewesen meist nicht überwunden werden können. Diese Stufen können durch sogenannte „raue Gleiten“ ausgeglichen werden. Dabei wird die Gewässersohle mit Wasserbausteinen aus Muschelkalk aufgehöht, um ein natürliches, sanftes Gefälle nachzubilden. Die Durchgängigkeit des Gewässers wird so wiederhergestellt. Bereits nach kurzer Zeit legt sich das natürliche Flusssediment auf die neue Sohle ab und die vorhandene Vegetation kann sich wieder entwickeln.
Sanftes Gefälle nach Abflachung des Sohlabsturzes an der Ohme bei Warburg.
Quelle:Kreis Höxter/Christian Schröer
Naturnahe Gestaltung von Bachläufen
In der Vergangenheit wurden Gewässerabschnitte oft begradigt, um landwirtschaftliche Flächen zu vergrößern und besser bewirtschaften zu können. Dies entspricht nicht dem natürlichen Leitbild der Bäche im Kreis Höxter. Anhand alter Geländeaufnahmen und historischer Karten wird in einzelnen Abschnitten versucht, den Verlauf des alten Bachbettswiederherzustellen.
Bei diesen umfangreichen Maßnahmen werden nach Abwägung naturschutzrelevanter Aspekte auch Baumaschinen wie Minibagger oder Kettendumper eingesetzt. Im Anschluss an die Planung des neuen Verlaufs wird der Gewässerabschnitt in ein neu gestaltetes, mäandrierendes Bachbett verlegt (Abbildung 4). Hier werden zahlreiche Strukturen wie Steilkanten mit Uferabbrüchen, Sekundärauen oder Flachwasserbereiche angelegt. Diese dienen diversen Pflanzen- und Tierarten als Habitat. Durch den Einbau von Totholzstrukturen, die Fischen auch als Versteck dienen, kann die Strömung gezielt auf bestimmte Bereiche gelenkt werden. Durch die angelegten Strukturen kann sich der Bach im Laufe der Zeit weiterentwickeln.
Bauarbeiten zur abschnittsweisen Aufweitung und Bachlaufverlegung der Eggel bei Borgentreich.
Quelle: Kreis Höxter/Mirco Timmer
Bei Bachlaufverlegungen ist die Einbeziehung umliegender Flächen für die Gewässerentwicklung nötig, die nur zum Teil von der zuständigen Stadt zur Verfügung gestellt werden können. Sie sind meist im Privateigentum, werden landwirtschaftlich genutzt und stehen damit nicht für die Umsetzung von Maßnahmen zur Verfügung. Uferrandstreifen, die in der Vergangenheit zum Beispiel über Flurbereinigungsverfahren in den Besitz von Kommunen gelangt sind, wurden meist weiterhin von Pächtern landwirtschaftlich bearbeitet. Diese Flächen werden nun aus der Nutzung genommen und durch das Gewässerentwicklungsprojekt mit dem Ziel der natürlichen Entwicklung mit Eichenspaltpfählen ausgegrenzt.
Gefördert durch das Land
Koordiniert wird das Gewässerentwicklungs- und Beschäftigungsprojekt von dem beim Kreis Höxter angesiedelten Projektbüro, das für die Organisation und Fachplanung zuständig ist.
Vor Ort werden die Teilnehmenden fachlich angeleitet von zwei kompetenten und erfahrenen Mitarbeitern des Kreises Höxter. Damit wird eine qualitativ und technisch einwandfreie Umsetzung der Renaturierungsmaßnahmen sichergestellt. Mit einer Zuwendung in Höhe von 80 Prozent der Kosten wird das Projekt über die Bezirksregierung Detmold gefördert.
Derzeit gibt es in Nordrhein-Westfalen drei Projekte dieser Art, die naturschutzfachliche und soziale Ziele verfolgen und alle in Ostwestfalen-Lippe angesiedelt sind. Sie sind ein hervorragendes Instrument, die Ziele der WRRL zu erfüllen und den wertvollen Lebensraum „Fließgewässer“ weiterzuentwickeln. Zugleich bietet der Projektrahmen Menschen die Möglichkeit, sich beruflich neu zu orientieren und eine neue Perspektive zu schaffen. Unter der Voraussetzung der weiteren Förderung durch die Bezirksregierung Detmold und das Jobcenter im Kreis Höxter wird das Gewässerentwicklungsprojekt auch in den kommenden Jahren fortgeführt.
Weitere Informationen und Bilder sind auf der Homepage des Kreises Höxter zu finden: www.kreis-hoexter.de
Christian Schröer
Quelle: Kreis Höxter