Beschäftigung von Menschen mit Behinderung als Baustein zur Lösung des Fach- und Arbeitskräftemangels

18. April 2024: Von Landesdirektor Dr. Georg Lunemann, Landschaftsverband Westfalen-Lippe

In Zeiten eines verstärkten Fach- und Arbeitskräftemangels in allen Bereichen kommt eine Personengruppe besonders in den Blick: Menschen mit einer Behinderung.

Die Arbeitslosigkeit von Menschen mit Behinderung ist in Westfalen-Lippe in den vergangenen Jahren tendenziell gesunken, seit dem Coronajahr aber wieder deutlich angestiegen und liegt jetzt bei rund 24.650. Die spezifische Arbeitslosenquote dieser Personengruppe ist bundesweit etwa doppelt so hoch wie die allgemeine Arbeitslosenquote: im Jahr 2022 bei 10,8 % gegenüber 5,3 %. Im Vergleich zu den arbeitslosen Menschen ohne Behinderung sind die Qualifikationen bei Menschen mit Behinderung aber überdurchschnittlich gut1. Viele Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber berichten von motivierten Menschen und erfolgreichen Arbeitsverhältnissen und einer positiven Auswirkung auf die Betriebskultur.

Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) unterstützt auf zwei großen Feldern den Kampf gegen Arbeitslosigkeit bei Menschen mit Behinderung: Das LWL-Inklusionsamt Arbeit fördert die berufliche Eingliederung von schwerbehinderten oder ihnen gleichgestellten Menschen in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Und der LWL unterstützt als Träger der Eingliederungshilfe auch 59 Werkstätten für behinderte Menschen mit zirka 42.000 Beschäftigten, davon rund 37.000 finanziert vom LWL.

Um dem Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken und die Inklusion zu fördern, hat sich der LWL drei Leitziele zur Integration von mehr Menschen mit Behinderung in den ersten Arbeitsmarkt gegeben.

Menschen mit Behinderung, die nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ihren Lebensunterhalt verdienen können sind in Werkstätten für behinderte Menschen tätig. Mit dem ersten Leitziel hat sich der LWL vorgenommen, im Jahr 2030 10 % weniger Menschen mit Behinderung in Werkstätten zu beschäftigen und sie stattdessen dabei zu unterstützen, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, also in Betrieben zusammen mit nichtbehinderten Menschen, Fuß zu fassen. Hier setzt der LWL die Instrumente der Teilhabeplanung, das Programm „Kein Abschluss ohne Anschluss - Schule trifft Arbeitswelt“ („KAoA-STAR“), das LWL-Budget für Arbeit und für Ausbildung und die gezielte Förderung von Mobilitätskompetenzen ein.

Als zweites Leitziel will der LWL die Anzahl der arbeitslosen Menschen mit Behinderung in den nächsten Jahren um 10 % absenken. Hier ist die ganze Vielfalt der Arbeitsmarktakteure, insbesondere die Arbeitsagenturen, Jobcenter, Rentenversicherungen und vor allem die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber gefragt. Das LWL-Inklusionsamt wird in den regionalen Gremien Prozesse anstoßen und seine Möglichkeiten zur Förderung von Menschen mit Behinderung im Arbeitsleben verstärken. Dazu arbeitet es eng mit den entsprechenden Anlaufstellen vor Ort zusammen: den kommunalen Fachstellen für behinderte Menschen im Beruf, den Integrationsfachdiensten und den Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber. Der LWL finanziert eine sehr hohe Anzahl an Inklusionsbetrieben, aktuell 169. Eigene Fachdienste arbeiten mit externen Fachdiensten eng zusammen, die sich z.B. mit den Themen Hör- und Sehbehinderung, psychischen Erkrankungen oder Suchterkrankungen beschäftigen.

Finanziert wird diese Arbeit aus den Mitteln der Ausgleichsabgabe, die Arbeitgeber zahlen müssen, wenn sie nicht genügend Menschen mit Behinderung einstellen. Das LWL-Inklusionsamt Arbeit unterstützt auch die Kommunen in Westfalen-Lippe in ihrer Rolle als Arbeitgeberinnen.

Das dritte Leitziel betrifft den LWL als Arbeitgeber: Der LWL möchte seiner Verantwortung als großer öffentlicher Arbeitgeber nachkommen und eine Vorbildfunktion einnehmen, indem die eigene Quote der Beschäftigung von behinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von derzeit 7,6 % auf 10 % aller Beschäftigten angehoben werden soll. Als Arbeitgeber mit mehr als 20.000 Beschäftigten in ganz Westfalen-Lippe in Krankenhäusern, Jugendheimen, Schulen, Kultureinrichtungen und in der Verwaltung besteht die Möglichkeit darzustellen, was für Menschen mit Behinderung möglich ist.

Allen Verantwortlichen beim LWL ist bewusst, dass diese drei Ziele ambitioniert sind. Aber sie sind erreichbar. Der Arbeitsmarkt wird sich durch das Ausscheiden der Babyboomergeneration in den nächsten Jahren immer weiter für alle potentiellen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer öffnen. Wir können uns keinen besseren Zeitpunkt vorstellen, die Inklusion von behinderten Beschäftigten im Arbeitsmarkt zu verstärken – jetzt ist die Zeit für Inklusion bei der Arbeit.


[1] https://www.iwkoeln.de/presse/iw-nachrichten/eva-eisch-johanna-margareta-krechel-mit-inklusion-gegen-den-fachkraeftemangel.html 1. Dezember 2023


Dr. Georg Lunemann
Quelle: LWL/Kapluggin