Bedeutung und Ausgestaltung der Kommunalen Integrationszentren in Nordrhein-Westfalen
Nach 2014 und 2018 setzt der EILDIENST des Landkreistages NRW bereits zum dritten Mal den Themenschwerpunkt „Kommunale Integrationszentren“ (KI). Das zeigt, dass das Interesse am Herzstück der integrationspolitischen Infrastruktur und seiner Bedeutung ungebrochen ist. Das 2022 novellierte Teilhabe- und Integrationsgesetz unterstreicht diese Schlüsselfunktion und gibt Orientierung zur weiteren Ausgestaltung der KIs.
Als neue Landesregierung stellen wir Chancengerechtigkeit, Menschenrechte und gelebte Humanität in den Mittelpunkt unserer Integrations-, Migrations- und Flüchtlingspolitik. Wir wollen Menschen Schutz bieten und denen, die zu uns kommen, Ankommen, Integration und Teilhabe ermöglichen.
Dabei weiß ich die Kommunen als entscheidende Partner an unserer Seite. Gemeinsam mit ihnen möchte ich daran arbeiten, Nordrhein-Westfalen zu einem Land der Vielfalt zu machen, in dem alle Menschen selbstbestimmt leben können. Dafür werden wir sorgfältig darauf achten, die notwendige Planungssicherheit für die Integrationsarbeit vor Ort in den Kommunen sicherzustellen.
Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine stellt dabei auch uns vor große Herausforderungen. Seit dem 24. Februar sehen sich Menschen gezwungen, ihre Heimat und oftmals auch geliebte Menschen zurückzulassen. Wir stehen solidarisch an der Seite der Ukraine und an der Seite der Menschen, die bei uns Zuflucht vor dem brutalen Angriffskrieg Vladimir Putins suchen.
Die gezielten Angriffe auf ukrainische Infrastruktur zielen dabei darauf, noch mehr Menschen aus ihrem Land zu vertreiben, aber auch aufnehmende Länder zu destabilisieren. Das wird nicht gelingen! Ich danke den Kommunen und den vielen Engagierten vor Ort für ihren unermüdlichen Einsatz. Gemeinsam begegnen wir der Aggression mit Solidarität. Dabei versichere ich Ihnen die Unterstützung des Landes, denn nur gemeinsam können wir den aktuellen Herausforderungen begegnen.
Großartige Arbeit der Kommunen
Als Integrationsministerium haben wir die Aufgabe, die Folgen für die Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten und oft traumatisiert von diesen Ereignissen sind, abzumildern. Nach Putins Angriffskrieg gilt das auch für rund 220.000 Geflüchtete aus der Ukraine, die bislang zu uns nach Nordrhein-Westfalen gekommen sind. Besonders oft sind dies Frauen und Kinder, also besonders schutzbedürftige und vulnerable Gruppen.
Die Kreise und kreisfreien Städte stoßen dabei an ganz reale Grenzen, denn sie haben einen hohen Aufnahmedruck bei ausgelasteten Kapazitäten. Die Aufnahme von Menschen, die bei uns Schutz suchen kann nur gelingen, wenn wir diese Herausforderung gemeinsam angehen. Ich bin den Kommunen sehr dankbar für ihre außergewöhnliche Leistung bei der Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten. Die Landesregierung weiß aber auch um ihre Verantwortung und baut die Landeskapazitäten kurzfristig und signifikant weiter aus, um die Kommunen zu entlasten.
Im Herbst habe ich im Rahmen von Regionalkonferenzen in allen fünf Regierungsbezirken den persönlichen Austausch mit den kommunalen Hauptverwaltungsbeamtinnen und -beamten gesucht. Dabei war die Unterbringung natürlich das zentrale Thema, aber nach der akuten Unterbringung folgt die Integration. Und auch dies kann nur gemeinsam gelingen.
Integration und Zusammenleben werden vor Ort gestaltet, in unseren Städten und Kommunen. Das Land leistet hier über die Förderung der integrationspolitischen Infrastruktur einen wichtigen Beitrag. Teilhabe und gelingende Integration entscheidet sich aber auch an der Frage von Bildung und Arbeitsmarktzugängen. Auch hier stehen wir gemeinsam vor großen Herausforderungen. In den vergangenen Monaten sind auch hier große Anstrengungen unternommen worden, um Kindern ein Ankommen zu ermöglichen und ihnen die Möglichkeit zu geben, einfach wieder Kind sein zu können. Viele Kinder und Jugendliche haben in Schulen und Kitas Aufnahme gefunden.
Dabei verstärken die aktuellen Herausforderungen die ohnehin bestehenden Herausforderungen im Bildungsbereich. Im Bereich der frühkindlichen Bildung ergänzen wir die Angebote durch sog. Brückenprojekte, also niedrigschwellige Möglichkeiten der Kinderbetreuung. Gleichzeitig halten wir an der Platzausbaugarantie für die Kitas fest und haben erste Schritte für eine Fachkräfteoffensive für Sozial- und Erziehungsberufe auf den Weg gebracht.
Die KIs als feste Größe vor Ort
Bei der Integration können wir in Nordrhein-Westfalen auf eine gewachsene integrationspolitische Infrastruktur setzen. Zehn Jahre nach ihrer Einrichtung haben sich die insgesamt 54 Kommunalen Integrationszentren (KIs) in allen Kommunen NRWs konsolidiert und sich als Netzwerk für alle Akteure im Bereich der Integration und Teilhabe etabliert. Sie haben sich bei den großen Fluchtbewegungen seit 2015 als gefestigte, verlässliche Partner vor Ort erwiesen, die mit ihrem Dienstleistungsrepertoire überzeugen. Die KIs sind damit auch aktuell ein wichtiger Anker vor Ort, um neu zu uns gekommene Menschen zu unterstützen und Teilhabe zu ermöglichen.
Die KIs arbeiten hierbei auf doppelter Basis: Ein Kreis (oder eine Stadt) überarbeitet regelmäßig sein Integrationskonzept, in dem die Strategien zu den Handlungsfeldern „Integration als Querschnittsaufgabe“ und „Integration durch Bildung“ erarbeitet werden. Daneben legt jedes KI seine Schwerpunkte in Absprache mit den Fördergebern, dem Integrationsministerium (MKJFGFI) und dem Schulministerium (MSB) NRW, fest. So bündeln die KIs die Aktivitäten vor Ort, vernetzen die integrationsrelevanten Akteure und setzen die Initiativen, Projekte und Programme der beiden beteiligten Ressorts um.
Das novellierte Teilhabe- und Integrationsgesetz von 2021 stärkt insgesamt die Kreise, Städte und die Freie Wohlfahrtspflege. Allein für die Förderung der landesweiten integrationspolitischen Infrastruktur in Nordrhein-Westfalen stellt das Land gemäß § 3 Abs. 2 des Teilhabe- und Integrationsgesetzes (TIntG) Mittel in Höhe von mindestens 130 Mio. Euro zur Verfügung.
Politik für Integration und aktive Teilhabe
Diese einzigartige Integrationsinfrastruktur in den Gemeindeverbänden und den Gemeinden werden wir weiter finanziell stärken. So können wir das Kommunale Integrationsmanagement (KIM) implementieren und weiterentwickeln.
KIM fördert die Zusammenarbeit und Vernetzung zwischen den Akteuren und optimiert gerade im kreisangehörigen Raum auf diese Weise weiterhin nachhaltig die Prozesse und Verfahren in der Integrationsarbeit.
Die Zusammenarbeit der KIs, der zivilgesellschaftlichen Akteure, der Integrationsagenturen, der Migrantinnen- und Migratenselbstorganisationen und des Ehrenamtsprogramms KOMM-AN NRW ist Grundlage unserer Integrationsarbeit. Auf sie setzen wir weiterhin, denn Integrationsarbeit ist Teamwork.
Im Rahmen der KI-Grundförderung für Fachkräfte erhalten die Kommunen bis zu 6 Stellen bei Kreisen (bis zu 5 Stellen bei kreisfreien Städten) und für eine Verwaltungsassistenz eine 0,5 Stelle. Im novellierten Teilhabe- und Integrationsgesetz wird KOMM-AN NRW als fester Bestandteil im Aufgabenrepertoire der KIs definiert. Deshalb gehören nunmehr das Personal für KOMM-AN sowie die Sachkosten des Laiensprachmittlerpools zur KI-Grundförderung. Eine entsprechende Richtlinie wird gerade erarbeitet.
Zusätzlich ordnet das Schul- und Bildungsministerium Lehrkräfte als KI-Personal ab. Sie haben die Aufgabe, sich um die Programme und die Themen des Bildungsbereichs zu kümmern.
Darüber hinaus stellt das MKJFGFI den Kommunen Fördermittel je nach Bedarfslage zur Verfügung. Dies sind aktuell die Förderprogramme „Integrationschancen für Kinder und Familien“ (IFKUF), „Südosteuropa“, „Kommunales Konfliktmanagement“ und „Durchstarten in Arbeit und Ausbildung“. Und auch bei diesem wichtigen Thema der Qualifizierung von geflüchteten und geduldeten jungen Menschen sind die KIs involviert und zeigen, dass sie alle entscheidenden Themen in unserem Land begleiten.
Teilhabe sichern und Diskriminierung entschieden begegnen
Nordrhein-Westfalen ist ein Land der Vielfalt und trotzdem dürfen wir nicht die Augen davor verschließen, dass viele Menschen auch in unserem Land Diskriminierung erleben. Es ist erklärtes Ziel der gesamten Landesregierung, jede Form von Diskriminierung und Rassismus einzelner Bevölkerungsgruppen zu bekämpfen. Dabei setzen wir auch auf den spätestens seit 2001 bestehenden integrationspolitische Konsens aller demokratischen Parteien. Nicht zuletzt dieser Konsens ist Ausweis dessen, dass Nordrhein-Westfalen sich zu seiner Vielfalt bekennt. Vielfalt ist gelebte Realität in unserem Land.
Und doch erleben Menschen in ihrem alltäglichen Leben weiter Ausgrenzung. Dem wollen wir auch mit einer konsequenten Antidiskriminierungspolitik begegnen.
Bereits im Jahr 2020 wurde die Struktur der Service- und Beratungsstellen für Antidiskriminierungsarbeit zur Unterstützung und Begleitung von Diskriminierung betroffener Mensch flächendeckend ausgeweitet.
Mit einem Landes-Antidiskriminierungsgesetz werden wir bestehende Schutzlücken im „Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes“ (AGG) schließen und dafür sorgen, dass sich Betroffene wirksam rechtlich gegen Diskriminierung wehren können.
Nordrhein-Westfalen hat eine lange Tradition als Einwanderungs- und Integrationsland. Ich freue mich, dass wir tragfähige Strukturen aufgebaut haben und diese auch weiter aktiv gestalten, um erfolgreich zusammenzuarbeiten. Mein herzlicher Dank gilt allen, die daran mitwirken, vor allem auch den vielen ehrenamtlich Engagierten.
Josephine Paul
Quelle: Land NRW/Ralph Sondermann