Attraktivität der dualen Ausbildung steigern – Gelungene Verantwortungsgemeinschaft auf kommunaler Ebene im Kreis Paderborn

12. Oktober 2021: Von Frauke Jütte, Leiterin der Kommunalen Koordinierung, Kreis Paderborn

Die duale Ausbildung ist ein deutsches Erfolgsmodell, dennoch entscheiden sich immer mehr Jugendliche gegen einen dualen und für einen universitären Ausbildungsweg. Im Kreis Paderborn hat die Kommunale Koordinierung die Expertenrunde „Stellenwert der dualen Ausbildung“ etabliert, um diesem Trend entgegenzuwirken. Als Bindeglied zwischen Wirtschaft, Schule und Verwaltung ist es ihr gelungen, eine Verantwortungsgemeinschaft zu bilden, um die Attraktivität der dualen Ausbildung aus Sicht der Jugendlichen zu erhöhen und die regionalen Unternehmen bei der passgenauen Besetzung ihrer Ausbildungsplätze zu unterstützen.

Von Daten zu Taten
Die Expertenrunde „Stellenwert der dualen Ausbildung“ wurde 2017 durch die Kommunale Koordinierung Kreis Paderborn gemeinsam mit der Kreishandwerkerschaft Paderborn-Lippe, der Industrie und Handelskammer Paderborn-Höxter und der Agentur für Arbeit ins Leben gerufen. Hintergrund war der im selben Jahr durch die Kommunale Koordinierung veröffentliche „Berufsbildungs- und Integrationsbericht“ für den Kreis Paderborn. Dieser machte anhand blanker Zahlen deutlich, dass der gefühlte Rückgang der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge der Realität entsprach. Die Expertenrunde war dementsprechend kein Produkt einzelner Partikularinteressen, sondern ein Zusammenschluss wesentlicher Akteure als Reaktion auf ein gemeinsames Problem.

Und genau hier liegt die besondere Stärke der Expertenrunde: Gemeinsam ist es gelungen, eine interessensübergreifende Verantwortungsgemeinschaft zu schaffen, die sich einem übergeordneten Problem annimmt. Für die praktische Arbeit haben sich dabei einige Faktoren als besonders positiv herausgestellt.

Erfolgsfaktoren für die Zusammenarbeit
Ein Erfolgsfaktor – nicht nur für die Expertenrunde – ist das Zusammenbringen aller für die Thematik relevanten Akteure. Die Kernmitglieder der Gruppe waren dementsprechend schnell darum bemüht, die wesentlichen Akteure in die Expertenrunde zu integrieren. Mittlerweile sind neben den Kammern, der Agentur für Arbeit und der Kommunalen Koordinierung, auch Vertreterinnen und Vertreter aller Schulformen, der Schulaufsicht, des Jugendamtes, der Wirtschaftsförderung, der Verwaltungsspitze und regionaler Unternehmen feste Teilnehmende der Gruppe. Um langfristige Abstimmungsprozesse zwischen der operativen und der Leitungsebene zu umgehen, wurden von Anfang an ausschließlich die Leitungsebenen der jeweiligen Institutionen miteinbezogen. Dies ermöglicht schnelle und spontane Absprachen und eröffnet umfangreiche Handlungsspielräume. Der Einbezug der verantwortlichen Dezernentin erwies sich als sehr vorteilhaft, da nun die Themen Berufsorientierung und Attraktivität auch im Bereich der Verwaltung und dementsprechend auch die Arbeit der Kommunalen Koordinierung gestärkt wurden.

Ein zweiter Erfolgsfaktor ist die Koordination und gemeinsame Ausrichtung bereits bestehender Projekte der jeweiligen Akteure. Durch feste Ansprechpersonen, kurze „Dienstwege“ und das gegenseitige Wissen über die Arbeit der Anderen ist es für die Kommunale Koordinierung leicht möglich, die zahlreichen Einzelprojekte der Partnerinnen und Partner zu bündeln und ein allumfassendes Beratungs- und Unterstützungsangebot für die Schülerinnen und Schüler im Kreis Paderborn zu etablieren.

Ein Dritter Erfolgsfaktor ist eine regelmäßige und verbindliche Zusammenarbeit. Regelmäßige Treffen, mindestens alle drei Monate, halten das Thema aktuell und sorgen für eine zeitnahe und verbindliche Erledigung der jeweiligen Arbeitsaufträge. So sind schnelle Problemlösungen und die Abklärung bestimmter Themenpunkte möglich. Wichtig ist hierbei auch die Festlegung von Zuständigkeiten sowie die Weitertragung der Informationen in anderen Gremien und Institutionen.

Letzter und wesentlicher Erfolgsfaktor ist die Organisation und Koordination durch die Kommunale Koordinierung. Als neutrale Instanz ist es ihr möglich, einzelne Partikularinteressen zu bündeln und auf eine gemeinsame Zielsetzung hin auszurichten. Als wichtiges Bindeglied zwischen Schule, Wirtschaft und Verwaltung kann sie zwischen allen Beteiligten vermittelnd auftreten und somit ganz wesentlich zu der Etablierung einer interessensübergreifenden Verantwortungsgemeinschaft beitragen.

Der Wert dieser engen Verantwortungsgemeinschaft hat sich insbesondere im Zuge der weltweiten Corona-Pandemie gezeigt.

Corona-Pandemie als besondere Herausforderung für die Expertenrunde
Mit dem Beginn der Corona-Pandemie in 2020 wurde auch die Expertenrunde vor völlig neue Herausforderungen gestellt. Unter dem stark eingeschränkten Präsenzunterricht litt auch die schulische Berufsorientierung im Rahmen der Landesinitiative „Kein Abschluss ohne Anschluss“ (KAoA). Der Expertenrunde ist es gelungen, innerhalb kürzester Zeit Angebote und Projekte zu schaffen und zu koordinieren, um die Jugendliche auch weiterhin bei der Berufsorientierung unterstützen zu können.

Besonders hervorzuheben ist hierbei die Ausbildungsmesse „Connect“, die im Januar 2021 erstmalig in digitaler Form und im September 2021 als hybrides Format durchgeführt wurde.

Auf Grund des engen Austausches mit allen Schulformen war es möglich, ein digitales Angebot zu schaffen, dass auf die Anforderungen und Bedürfnisse des Distanzunterrichts zugeschnitten war. Digitale Arbeitsmaterialien für die Lehrkräfte, digitale Workshops für die Schülerinnen und Schülern als auch digitale Elternveranstaltungen haben im Januar 2021 dafür gesorgt, die Berufsorientierung trotz aller Einschränkungen weiterführen zu können. Auch konnten die Schülerinnen und Schüler durch fest gebuchte Telefon- oder Chatgespräche direkt Kontakt mit regionalen Unternehmen aufnehmen.

Im September 2021 wurden die digitalen Angebote erweitert und an die Begebenheiten des nun wieder stattfindenden Präsenzunterrichts angepasst. Ergänzt wurde das Format durch den Tag „Betriebe öffnen ihre Türen“, in dessen Rahmen die Schülerinnen und Schüler gemeinsam regionale Unternehmen und Institutionen in Präsenz besuchen konnten.

Aus der Ausbildungsmesse „Connect“ hat sich das dauerhafte digitale Angebot „Connect – Dein Berufseinstieg im Kreis Paderborn“ entwickelt. In gebündelter Form finden Jugendliche alle Informationen zum Thema Berufsorientierung. Das Herzstück ist eine digitale Landkarte, auf der man sich über regionale Unternehmen und deren Angebote im Bereich Ausbildung, Praktikum und Berufsfelderkundung informieren kann.

Trotz dieser digitalen Alternativangebote fiel vielen Jugendlichen die Entscheidung für eine berufliche Anschlussperspektive während der Corona-Pandemie schwerer als sonst. Die vielen Unsicherheiten der Pandemiezeit, die schlecht einschätzbare wirtschaftliche Situation und auch eine gewisse Demotivation bei den Jugendlichen führten zu einer Zunahme von Schülerinnen und Schülern, die nach dem Schulabschluss keinen beruflichen Anschluss hatten.

In enger Zusammenarbeit wurde durch die Expertenrunde ein enges Betreuungs- und Unterstützungsnetzwerk für diese Jugendlichen geschaffen. Beratungstermine der Agentur für Arbeit und der Kammern wurden weiter ausgebaut, digitale Sprechstunden etabliert und Ausbildungsplätze vermittelt.

Es ist davon auszugehen, dass sich die Corona-Pandemie und ihre Nachwirkungen noch lange auf die Arbeit der Expertenrunde auswirken wird. Doch durch die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit wird es möglich sein, den vielen neuen Herausforderungen für die Wirtschaft und den Ausbildungsmarkt entgegenzutreten. Die wichtige Rolle der Kommunalen Koordinierung als koordinierende, organisierende und vermittelnde Instanz zwischen Wirtschaft, Schule und Verwaltung wird dann noch einmal mehr an Bedeutung gewinnen.


Frauke Jütte
Quelle: Kreis Paderborn