LKT NRW begrüßt Urteil zur Stärkung der kommunalen Finanzhoheit
Der Finanzausschuss des Landkreistags NRW, der heute zu seiner Herbstsitzung im Videoformat zusammenkam, beschäftigte sich schwerpunktmäßig mit der Stärkung der kommunalen Finanzhoheit. Im Zentrum stand ein wegweisendes Urteil des BVerfG.
Regelmäßig kommt es zwischen Bund, Ländern und Kommunen zur Diskussion über die gerechte Verteilung öffentlicher Aufgaben und eine entsprechend angemessene Finanzierung derselben. Insbesondere die Städte, Kreise und Gemeinden, denen wenige eigene Ertragsquellen zur Verfügung stehen, leiden häufig unter der Zuweisung neuer Aufgaben ohne auskömmliche Finanzierung.
Mit einem im August 2020 veröffentlichten Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe erklärt, dass der Bund das Bildungspaket für Kinder und Jugendliche im Sozialhilfebezug nicht den Kommunen übertragen durfte. „Diese Entscheidung hat Bedeutung über den konkret beurteilten Sachverhalt hinaus. Sie stärkt Kreise und Städte in ihrem Selbstverwaltungsrecht, da der Bund den Kommunen nicht ohne weiteres neue Aufgaben zuweisen darf“, begrüßte Kreisdirektor Martin Richter (Kreis Mettmann), stellvertretender Vorsitzender des Finanzausschusses des LKT NRW, die Entscheidung. „Die kommunale Familie ist dankbar, dass das Gericht die Bundesebene in ihre Schranken verwiesen hat.“
Mit der Föderalismusreform 2006 wurde es dem Bund untersagt, Aufgaben auf die Städte, Kreise und Gemeinden zu übertragen (Artikel 84 Abs. 1 Satz 7 GG). Ziel war es, die Kommunen vor finanziellen Lasten zu schützen. Lange war jedoch unklar, wie dies im Detail zu verstehen ist. „Hier hat das Bundesverfassungsgericht nun Klarheit geschaffen. Der Bund darf weder den Kommunen eine bestimmte Aufgabe erstmals zuweisen noch eine bundesgesetzlich bereits zugewiesene Aufgabe erweitern“, erklärte Kreisdirektor Richter. Das Bundesverfassungsgericht habe damit das Aufgabenübertragungsverbot konkretisiert und die kommunale Selbstverwaltung vor bundesgesetzlichen Aufgabenausweitungen stärker geschützt.
Auch beim Angehörigen-Entlastungsgesetz, das am 1. Januar 2020 in Kraft getreten ist und die Kommunen finanziell in erheblichem Maße belastet, könnte die Entscheidung Wirkung entfalten. „Wir prüfen derzeit, ob der Verzicht auf die Unterhaltsheranziehung von unterhaltspflichtigen Kindern für ihre pflegebedürftigen Eltern eine erhebliche Erweiterung einer bestehenden Aufgabe bedeutet und danach gegen das Grundgesetz verstößt“, so Kreisdirektor Richter.