Kommunen werden belastet - Bund schafft sich finanzielle Entlastung: Landkreistag NRW fordert Beendigung der Doppelbürokratie beim Unterhaltsvorschuss
Der Landkreistag Nordrhein-Westfalen (LKT NRW) kritisiert die geplanten Änderungen am Unterhaltsvorschussgesetz des Bundes scharf. Anlässlich der jüngsten Sitzung des Sozial- und Jugendausschusses des LKT NRW bemängelten die Ausschussmitglieder die Schieflage der Finanzierung zulasten der Kommunen, den kaum erkennbaren Nutzen für die Empfänger und die mit dem Unterhaltsvorschuss verbundene Doppelbürokratie. Denn etwa 80 bis 85 Prozent der Unterstützten beziehen SGB II-Leistungen (Hartz IV). Die Zuschüsse durch das Unterhaltsvorschussgesetz werden darauf voll angerechnet. Im Ergebnis erhalten die Empfänger also keinen Cent mehr. Da der – überwiegend kommunal finanzierte – Unterhaltsvorschuss gegenüber Hartz IV vorrangig ist, wird allein der Bund entlastet. Der Bund geht selbst davon aus, sich selbst durch die örtliche Mehrbelastung der kommunalen Unterhaltsvorschusskassen in Höhe von rund 790 Millionen Euro bundesweit um etwa 690 Millionen bei den Hartz IV-Regelbedarfen zu entlasten.
Für Nordrhein-Westfalen erwartet der LKT NRW Mehrkosten von etwa 180 Millionen Euro pro Jahr, die nach dem geltenden Verteilungsmodus zwischen Land und Kommunen vor allem die Kommunen stemmen müssen.
Nach der Finanzierungssystematik des Unterhaltsvorschusses übernimmt der Bund ein Drittel der Kosten, die Länder zwei Drittel. Dabei können die Länder die Kommunen beteiligen. Das Land NRW wälzt seit Jahren von seinem Anteil 80 Prozent auf die Kommunen ab. Dies ist der bundesweit mit Abstand höchste Satz. Im Ergebnis tragen die Kommunen damit 53,4 Prozent und das Land lediglich 13,3 Prozent des Gesamtaufwands. Wegen der angestrebten Änderungen geht der LKT NRW von einer Verdoppelung der Leistungsaufgaben bei den zuständigen kommunalen Jugendhilfeträgern aus.
Für die Kommunen in NRW würde das jährliche Mehrkosten von rund 96 Millionen Euro bedeuten. Die Mitglieder des Sozial- und Jugendhilfeausschusses verlangten, dass die erheblich kommunalbelastende Regelung geändert wird. Sie forderten das Land auf, den kommunalen Anteil auf Landesebene deutlich zu verringern.
Der LKT NRW rechnet mit einer großen Menge an Neuanträgen und Kostenerstattungsverfahren für SGB II-Bezieher. „Für die Kommunen entstehen außerdem Mehrkosten durch den höheren Verwaltungs- und Personalaufwand“, betont der Hauptgeschäftsführer des LKT NRW, Dr. Martin Klein. Er fordert, den Vorrang des Unterhaltsvorschusses gegenüber Hartz IV aufzuheben und die Doppelbürokratie zu beenden. Zusätzliche Kosten sollten vom Bund übernommen und die Gelder über das Land NRW auskömmlich an die Kommunen weiter verteilt werden.
„Angesichts der geplanten Verabschiedung im Bundestag im Dezember und dem beabsichtigten Inkrafttreten am 1. Januar 2017 ist das Gesetz in der Praxis kaum umzusetzen. Der Mehraufwand für die Kommunen ist so erheblich, dass ein späteres Inkrafttreten die einzig sachgerechte Lösung ist“, so Klein abschließend.
Hintergrund: Nach Plänen der Regierungschefs von Bund und Ländern soll das Unterhaltsvorschussgesetz verändert werden, das alleinerziehende Eltern von Kindern unterstützt, wenn der Unterhaltsverpflichtete nicht zahlt. Zum 1. Januar 2017 soll demnach die Altersgrenze für Unterstützte von zwölf auf 18 Jahre erhöht werden. Zudem entfällt die maximale Dauer der Unterstützung (bisher sechs Jahre). Mitte Oktober 2016 verständigten sich die Regierungschefs von Bund und Ländern bei einer Konferenz darauf, den Bundesfinanzausgleich ab 2020 neu zu regeln. Im Zuge dessen soll es die Änderungen im Unterhaltsvorschussgesetz geben.