NRW-Kreise warnen vor steigendem Fachkräftemangel in den Kommunalverwaltungen – Bund und Land müssen personelle Standards konsequent verringern
Der Ausschuss für Verfassung, Verwaltung und Personal des Landkreistags NRW (LKT NRW) hat sich anlässlich seiner Klausurtagung im Kreis Höxter mit dem Staatssekretär im Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen (MHKBD NRW), Daniel Sieveke, ausgetauscht. Im Fokus der Tagung standen aktuelle Fragestellungen zur Personalentwicklung in den Kreisverwaltungen.
„Angesichts des demografischen Wandels und des chronischen Fachkräftemangels im öffentlichen Sektor stehen wir vor enormen Herausforderungen“, warnte der Ausschussvorsitzende, Landrat Dr. h.c. Sven-Georg Adenauer (Kreis Gütersloh), vor dem bereits bestehenden und sich verschärfenden Personalmangel in der öffentlichen und insbesondere in der kommunalen Verwaltung. Studien zufolge werde bis 2030 rund ein Drittel des im öffentlichen Sektor in Deutschland tätigen Personals allein aus Altersgründen ausscheiden. Dabei sei die Lage heute schon ernst. Es sei zunehmend schwieriger, offene Stellen zu besetzen. „Schon heute bleiben viele Stellen unbesetzt, weil qualifizierte Fachkräfte fehlen“, fügte Adenauer hinzu.
Zugleich benötige der öffentliche Sektor für die Bewältigung aktueller Herausforderungen und wesentlicher Zukunftsaufgaben mehr Personal: „Energiewende, Klimaschutz, Digitalisierung, aber vor allem auch der zunehmende Bedarf im Sozialbereich – etwa in Gesundheitsversorgung, Pflege, Kita oder Integration – erfordern leistungsfähige Kommunen. Leistungsfähig sind sie aber nur dann, wenn sie über ausreichend Personal und geeignete Fachkräfte verfügen“, betonte Adenauer.
Die Kreise würden mit vielfältigen Maßnahmen für Fachkräfte werben: Arbeitsplatzsicherheit, sinnstiftende Tätigkeit für das Gemeinwohl, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Ermöglichung mobilen Arbeitens, Gesundheitsmanagement, Digitalisierung seien einige der Pluspunkte im öffentlichen Sektor. Dies reiche aber in der aktuellen Marktsituation nicht mehr aus. Um im Wettbewerb um die besten Köpfe konkurrenzfähig zu bleiben, müsse die kommunale Verwaltung als Arbeitgeberin attraktiver werden. „Klar ist, dass die Kommunen insoweit selbst gefordert sind. Aber auch Bund und Land müssen ihren Beitrag leisten. So muss das Land den rechtlichen Rahmen verbessern, um den kommunalen Dienst zu stärken“, forderte Adenauer. Dazu hätten die kommunalen Spitzenverbände – bislang vergeblich – schon zahlreiche Vorschläge unterbreitet, die von der Eröffnung laufbahnrechtlicher Gestaltungsspielräume über die Einführung eines optionalen Personalgewinnungszuschlags bis zur Schaffung der dienstrechtlichen Grundlage für die Gewährung eines Zuschusses zum Deutschlandticket reichen.
Ebenso müssten bundes- oder landesrechtlich veranlasste (Personal-) Standards auf den Prüfstand gestellt werden. Adenauer: „Im Grunde ist es ganz einfach: Wenn das nach den aktuell geltenden Standards erforderliche Personal nicht mehr verfügbar ist, müssen solche Standards, von der Kindertagesbetreuung bis zum Rettungsdienst, mit dem Ziel einer Verringerung oder Flexibilisierung konsequent angepasst werden.“
Darüber hinaus verändere sich auch das Anforderungsprofil in der kommunalen Verwaltung hin zu mehr Fachkompetenz und Spezialisierung für komplexer werdende Aufgaben. Dabei sei neben einer zunehmenden IT-Kompetenz in allen Bereichen vor allem eine ausgeprägte Offenheit für Veränderungsprozesse und Interkulturalität, die Fähigkeit zum agilen und selbstständigen Arbeiten sowie die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen vonnöten. All diese Aspekte gelte es in der Personalentwicklung langfristig zu berücksichtigen.